Cholinesterase

Die Cholinesterase (CHE) ist ein Enzym, welches zur Gruppe III der EC-Klassifikation (Hydrolasen) gehört, welches die hydrolytische Spaltung der Esterbindung zwischen der OH-Gruppe des Cholins und der Carboxy-Gruppe einer organischen Säure katalysiert.

Es wird in der Leber synthetisiert. Bei einer Lebererkrankung weist der Abfall der Cholinesterase darauf hin, dass die Syntheseleistung (Leistung zur Neubildung) der Leber eingeschränkt ist.

Die Halbwertszeit der Cholinesterase beträgt 10 Tage.

Man kann die folgenden zwei Formen der Cholinesterase unterscheiden:

  • Acetylcholinesterase (echte Cholinesterase)
  • Pseudocholinesterase (unspezifische Cholinesterase; Butyrylcholinesterase, BCHE); Enzym, das die hydrolytische Spaltung der Esterbindung in Cholinestern katalysiert); ist zudem in der Lage, verschiedene Ester zu spalten, die eine andere Alkoholkomponente als Cholin enthalten, beispielsweise Aspirin, Kokain und Heroin

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • Blutserum oder Plasma (EDTA, Heparin); zur Vermeidung einer Hämolyse (Auflösung von roten Blutkörperchen) sollte das Serum bzw. Plasma bei längerem Probentransport abzentrifugiert werden

Vorbereitung des Patienten

  • Blutentnahme nüchtern (ca. 12 Stunden Nahrungskarenz)

Störfaktoren

  • Nicht bekannt

Normwerte ‒ Blutserum

  Alter Referenzbereich (25 °C) in U/l Neuer Referenzbereich (37 °C) in U/l  Neuer Referenzbereich
(37 °C) in kU/l
Kinder
(2.-15. LJ)
3.500 - 8.400 4.620 - 11.350  4,6 - 11,4
Frauen
(16.-39.LJ)
2.800 - 7.400 3.930 - 10.300  3,9 - 10,3
Frauen
(> 39 J.)
3.500 - 8.500 4.620 - 11.500  4,6 -11,5
Männer 3.500 - 8.500 4.620 - 11.500  4,6 -11,5

Indikationen

  • Diagnose/Verlaufsbeurteilung der Leberzellfunktionsleistung (Syntheseleistung der Leber):
    • schwerer Leberzellschaden (z. B. Leberzirrhose)
    • chronische Hepatitis
    • Vor Gabe von Muskelrelaxantien (Suxamethonium; Medikamente zur Entspannung der Skelettmuskulatur) bei Verdacht auf eine CHE-Variante
    • Verlängerte Apnoe (Atemstillstand) und Bewegungsunfähigkeit nach Narkosen
    • Intoxikation (Vergiftung) mit Pestiziden

Interpretation

Interpretation erhöhter Werte

  • Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit)
  • Exsudative Enteropathie (Proteinverlustenteropathie) ‒ Magen-Darm-Erkrankung, bei der es zu großen Eiweißverlusten kommt
  • Familiär bedingte Cholinesterase-Varianten
  • Hyperlipoproteinämie Typ IV (Fettstoffwechselstörung)
  • Koronare Herzkrankheit (KHK) – Erkrankung, bei der es zu einer Sauerstoff-Minderversorgung des Herzmuskels aufgrund einer Stenose (Verengung) der Koronararterien (Arterien, die kranzförmig das Herz umgeben und den Herzmuskel mit Blut versorgen) kommt
  • Nephrotisches Syndrom ‒  Sammelbegriff für Symptome, die bei verschiedenen Erkrankungen des Glomerulums (Nierenkörperchen) auftreten; Proteinurie (Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin) mit einem Proteinverlust von mehr als 1 g/m² KOF/d; Hypoproteinämie, periphere Ödeme (Wassereinlagerungen) durch Hypalbuminämie von < 2,5 g/dl im Serum; Hyperlipoproteinämie (Fettstoffwechselstörung)
  • Steatosis hepatis (Fettleber)

Interpretation erniedrigter Werte

  • Genetisch bedingte Varianten
  • Neubildungen der Leber, nicht näher bezeichnet
  • Malnutrition/Unterernährung und Hypalbuminämie (verminderte Konzentration des Plasmaproteins Albumin im Blutplasma.)
  • Vergiftung mit Organophosphaten E605, E600
  • Verminderte Syntheseleistung der Leber:
    • Chronische Hepatitis (Leberentzündung)
    • Chronische Leberstauung
    • Leberzirrhose – irreversible (nicht umkehrbare) Schädigung der Leber und einen ausgeprägten Umbau des Lebergewebes

Weitere Hinweise

  • Bei atypischen Cholinesterase-Varianten wird die Dibucainzahl gemessen (Aktivität vor und nach Dibucain-Zusatz); Normwert: > 65 %
  • Aufgrund seiner langen Halbwertszeit von 12-14 Tagen ist die Cholinesteraseaktivität bei akuten Lebererkrankungen oft im Normbereich!
  • Die Cholinesterase gilt als Prognosefaktor bei fulminanten Leberversagen, Leberzirrhose und nach Lebertransplantation.
  • Weitere Parameter zur Kontrolle der Lebersyntheseleistung sind Albumin im Serum, Cholesterin und Quick-Wert/IRN.
  • Bei dem Verdacht auf einen genetischen Defekt kann eine Genanalyse durchgeführt werden.