Epigenetik
Die Epigenetik beschäftigt sich mit vererblichen molekularen Eigenschaften, deren Grundlage nicht die DNA-Sequenz ist. Das Präfix epi- (griech.: επί ) sagt aus, dass stattdessen Modifikationen „auf“ der DNA betrachtet werden.
Unterschieden werden die Teilgebiete Methylierungen sowie Histonmodifikationen (Histone = von DNA umwickelte Proteine, dessen Einheit „Oktamaer“ aus zwei Kopien der Proteine H2A, H2B, H3 und H4 bestehen).
Bei der zentralen DNA-Methylierung beim Menschen handelt es sich um die der Nukleinbase Cytosin in sog. CpG-Inseln der DNA. Bei besagten folgen auf Guanin-Basen Cytosin-Basen („CpG-Dinukleotid“). 75 % der CpG-Inseln sind methyliert.
Die Wirkung der Methylierungen wird durch methylbindende Proteine vermittelt. Diese verursachen ein Schließen der Nukleosom-Konformation (Nukleosom = Einheit von DNA und einem Histonoktamer). Beschriebene Stellen sind folglich erheblich schwerer für Transkriptionsfaktoren (TPFs; sich an die DNA anlagernde auf die Transkription einwirkenden Proteine) zugänglich.
Je nach Lage der Methylierungen wirken sie sich transkriptionshemmend (Transkription = Umschreibung der DNA in RNA) bzw. transkriptionsverstärkend aus. Eine Methylierung wird von unterschiedlichsten DNA-Methyltransferasen katalysiert – eine Demethylierung durch Demethylasen.
Als evolutionär älteste Funktion wird die Methylierung im Sinne eines dauerhaften Stilllegens eines Großteils der Transposons (DNA-Elemente, die ihren Lokus (Ort) verändern können, wobei es beim Entfernen bzw. Neuhinzufügen dieser Elemente zu Mutationsereignissen mit potentiell pathologischer Natur kommen kann) betrachtet.
Befinden sich diese Methylierungen an Promoter-Regionen (Abschnitt auf der DNA, der die Expression eines Gens reguliert), wird die Anlagerung von spezifischen TPFs deutlich verringert. Eine Transkription des DNA-Abschnittes ist somit nicht möglich.
Methylierungen an Enhancer-Sequenzen (nicht transkribierte Gensequenzen) verhindern das Anlagern von transkriptionsverstärkenden TPFs. Methylierungen an nicht-regulatorischen Sequenzen verringern die Transkriptionsgeschwindigkeit aufgrund geringer Bindungs-Affinität der DNA-Polymerase zur DNA.
Einzig Methylierungen an Silencer-Sequenzen (DNA-Sequenzen in der Nähe der Gene, an die sog. Repressoren (blockiert die Bindung der RNA-Polymerase an den Promotor) binden können) von DNA können zur Erhöhung der Transkriptionsaktivität beitragen, da diese die Anlagerung transkriptionshemmender Faktoren unterbinden.
Die Histonmodifikationen werden durch das Hinzufügen einer Vielzahl von chemischen Gruppen an den Seitenketten der Aminosäuren der Histonproteine charakterisiert. Bei den häufigsten handelt es sich um Acetylierungen und Methylierungen. Die Acetylierung betrifft lediglich die Aminosäure Lysin und führt zu einer Neutralisierung des positiv geladenen Lysins. Die Wechselwirkungen zur negativ geladenen DNA nehmen ab, was zu einer Auflockerung, d. h. Abnahme der Verdichtung, des Histon-DNA-Komplexes führt. Resultat ist eine erhöhte Zugänglichkeit der Transkriptionsfaktoren.
Histon-Methylierungen wirken sich ebenfalls auf den Verdichtungsgrad der Nukleosom-Konformation aus. Hier ist es jedoch anhängig von Aminosäuren bzw. Histonproteinen, ob es zu einer Öffnung oder Verdichtung kommt.
Eine weitere Besonderheit ist das Vorliegen eines Histoncodes. Das „Aufeinanderfolgen“ verschiedener Histonmodifikationen führt letztlich zum Rekrutieren von sog. Chromatin-Modellierungsfaktoren – je nach Art erhöhen bzw. erniedrigen diese Proteine den Kondensierungsgrad der Nukleosom-Konfirmation.
Therapie (perspektivisch): Da sowohl das optimale Methylierungsmuster von Zellen und Zelltypen größtenteils unbekannt ist, und somit nur geringfügige Aussagen über das idealste Proteinverhältnis der Zelle gemacht werde kann, aber auch der Histoncode nur fragmental bestimmt ist, sind therapeutische Modifikationen aktuell nicht sinnvoll.
Perspektivisch können jedoch durch Hoch- bzw. Runterregulierung von Genen sowohl die Behandlung von Erkrankungen wie bsplw. Tumorerkrankungen, psychischen Leiden sowie Autoimmunerkrankungen als auch im Anti-Aging-Sektor Nutzen finden.