Hämoglobin-Elektrophorese

Die Hämoglobin-Elektrophorese (Synonym: Hb-Elektrophorese) ermöglicht die Auftrennung aufgrund verschiedener Hämoglobine (Blutfarbstoffe) auf ihrer unterschiedlichen Wanderungsgeschwindigkeit im elektrischen Feld. Sie dient der Darstellung der prozentualen Anteile der physiologischen Hämoglobinvarianten und der Präsenz von pathologischen Formen.

Die Hämoglobin-Elektrophorese wird durchgeführt, wenn ein Verdacht auf eine Hämoglobinopathie (Erkrankungen infolge einer gestörten Bildung von Hämoglobin (Hb) aufgrund von genetischen Defekten) vorliegt. Wichtigste Vertreter der Hämoglobinopathien sind die Thalassämien und die Sichelzellanämie.

Man kennt die folgenden Hämoglobin-Konstellationen der Erythrozyten (rote Blutkörperchen):

  • HbA0 (alte Bezeichnung: HBA1) ‒ bei gesunden Erwachsenen; bis 40 % der gesunden Neugeborenen
  • HbA2 ‒ bis 70 % der Personen mit ß-Thalassämie
  • HbF ‒ bis zu 80 % der gesunden Neugeborenen; bis 95 % der Personen mit ß-Thalassämie
  • HbS ‒ circa 80 % der Personen mit Sichelzellenanämie
  • Tetramer γγγγ/Tetramer ββββ

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • EDTA-Blutserum

Vorbereitung des Patienten

  • Nicht erforderlich

Störfaktoren

  • Nicht bekannt

Normwerte ‒ Blutserum

  Bande Ausprägung
Erwachsene HbA0-Bande (alt: HBA1) stark
  HbA2-Bande (erfasst auch HbC, HbE, HbO) schwächer
  andere/pathologische Banden nicht nachweisbar
Kinder HbA0-Bande stark
  Hba2-Bande sehr schwach
  HbF-Bande stark
  andere/pathologische Banden nicht nachweisbar

Referenzbereich

  • HbA > 96,3 %
  • HbA2 < 3,5 %
  • HbF < 0,5 %

Indikationen

  • Unklare Anämie (Blutarmut)
  • Hämolyse (Auflösung der roten Blutkörperchen) bzw. hämolytische Anämie
  • Interstitielle Nephritis (Nierenentzündung)
  • Methämoglobinämie ‒ erhöhte Konzentration von Methämoglobin in den Erythrozyten
  • Polycythaemia vera ‒ seltene myeloproliferative (die Blutbildung im Knochenmark betreffende) Erkrankung, bei der es zu einer Vermehrung aller drei Blutzellreihen (insbesondere Erythrozyten, jedoch auch Thrombozyten (Blutplättchen) und Leukozyten (weiße Blutkörperchen) im Blut kommt, ohne dass ein physiologischer Stimulus vorliegt
  • Polyglobulie – durch gesteigerte Blutneubildung erhöhte Erythrozytenzahl (Erythrozytose) oder Hämoglobinkonzentration im Blut
  • Sichelzellenanämie (med.: Drepanozytose; auch Sichelzellanämie, engl: sickle cell anemia) – genetische Erkrankung der Erythrozyten (rote Blutkörperchen); sie gehört zur Gruppe der Hämoglobinopathien (Störungen des Hämoglobins; Bildung eines irregulären Hämoglobins, dem sogenannten Sichelzellhämoglobin, HbS)
  • Splenomegalie (Milzvergrößerung)
  • Thalassämie – Erkrankung der Erythrozyten (rote Blutkörperchen), bei denen durch einen Gendefekt das Hämoglobin nicht ausreichend gebildet bzw. gesteigert abgebaut wird (Hämoglobinopathie)

Interpretation

  • HbA0 ‒ bei gesunden Erwachsenen; bis 40 % der gesunden Neugeborenen
  • HbA2 ‒ bis 70 % der Personen mit ß-Thalassämie
  • HbF ‒ bis zu 80 % der gesunden Neugeborenen; bis 95 % der Personen mit ß-Thalassämie
  • HbS ‒ circa 80 % der Personen mit Sichelzellenanämie
  • Tetramer γγγγ/Tetramer ββββ

Die folgenden Laborparameter sollten beim Verdacht auf eine Hämoglobinopathie auch untersucht werden:

  • Kleines Blutbild
  • Erythrozytenmorphologie
  • Hämoglobin-A2
  • Hämoglobin-F
  • Hämoglobin-S
  • Instabiles (denaturiertes) Hämoglobin