Cobalamin (Vitamin B12)

Bei Vitamin B12 (Synonyme: Cobalamin, Extrinsic-Factor) handelt es sich um einen lebenswichtigen Nahrungsbestandteil aus dem Vitamin B-Komplex. Wird dieser dem Körper nicht zugeführt, so entstehen Mangelerscheinungen (Hypo-/Avitaminose).

Das Vitamin B12 wird im Dünndarm resorbiert, nachdem es im Magen an den Intrinsic-Factor (IF) bindet. In der freien Form kann es nicht resorbiert werden. Es kommt jedoch auch natürlicherweise im Körper vor, kann jedoch nicht von ihm synthetisiert werden.
Das Vitamin B12 ist wasserlöslich. Es wird in der Leber gespeichert. Der Speicher deckt den Bedarf für mehrere Jahre.

Es kommt hauptsächlich in tierischen Nahrungsmitteln vor.

Die Hauptaufgabe des Vitamins B12 liegt als Coenzym bei vielen verschiedenen Stoffwechselvorgängen wie dem Kohlenhydrat- und Fettstoffwechsel sowie dem Nukleotid- (DNA-Synthese) und Nukleinsäure-Stoffwechsel. Daneben ist es wichtig für die Funktion der Nervenzellen sowie die Blutbildung (es steuert die Aufnahme von Folsäure in die Erythrozyten – roten Blutkörperchen).

Beachte:  Da ein großer Teil des gemessenen Vitamin B12 an Haptocorrin gebunden ist und so nicht wirksam ist, sollte anstelle von Vitamin B12 dessen aktive Form Holo-Transcobalamin (Holo-TC) bestimmt werden. Studien zeigen, dass Holo-TC ein besserer Indikator für den Vitamin-B12-Status ist als das Gesamt-Vitamin B12 im Serum [1, 2].

Folgende Symptome können bei einem Vitamin B12-Mangel auftreten:

  • Anämie, megaloblastäre (Blutarmut)
  • Anorexia nervosa (Magersucht)
  • Ataxie (Gangstörungen)
  • Funikuläre Myelose (Synonym: funikuläre Spinalerkrankung) – Entmarkungskrankheit (Degeneration des Hinterstranges, des Seitenstranges und eine Polyneuropathie/Erkrankungen des peripheren Nervensystems, die mehrere Nerven betreffen), die durch einen Vitamin-B12-Mangel ausgelöst wird; Symptomatik: Ausfälle der Motorik und Sensibilität, die sich bis zu einer Querschnittslähmung verschlimmern können; Enzephalopathie (krankhafte Zustände des Gehirns) unterschiedlichen Ausmaßes
  • Gastritis (Magenschleimhautentzündung)
  • Glossitis (Zungenentzündung)
  • Sensibilitätsstörungen

Das Verfahren

Benötigtes Material

  • Blutserum

Vorbereitung des Patienten

  • Nicht nötig       

Störfaktoren

  • Die Blutprobe muss vor Licht geschützt werden

Normwerte für Vitamin B12

  Wert in ng/l Wert in pmol/l 
Ausreichende Vitamin-B12-Versorgung  > 300 (4o0)  221,4
Graubereich, ergänzende Bestimmung von Holo-Transcobalamin empfohlen 200-300 (400) 147,6-221,4
Vitamin-B12-Mangel < 200 147,6
 Vitamin-B12-Überschuss > 1.100 811,8

Normwerte für Holo-Transcobalamin

  Wert in pmol/l
Vitamin-B-12-Mangel unwahrscheinlich > 50
Graubereich 35-50
Vitamin-B-12-Mangel wahrscheinlich < 35

Indikationen

  • Verdacht auf Anämie (Blutarmut)

Interpretation

Interpretation erhöhter Werte

  • Erhöhte Zufuhr von Vitamin B12
  • Hämatologischen Erkrankungen/Bluterkrankung (akute Leukämien; chronische myeloische Leukämie (CML); Polycythaemia vera; Myelofibrose; Hypereosinophilie-Syndrom) etc.) 
  • Hepatozelluläre Karzinome (HCC; Leberzellkrebs)
  • Hepatitis (Leberentzündung), akute wie auch chronische (bis zum 5-fachen des oberen Normwertes).
  • Lebermetastasen (Bildung von Tochtergeschwülsten in der Leber)
  • Morbus Gaucher – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang; Lipidspeicherkrankheit durch den Defekt des Enzyms Beta-Glukozerebrosidase, die zu einer Speicherung von Cerebrosiden vor allem in der Milz und den markhaltigen Knochen führt
  • Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
  • Lupus erythematodes – Gruppe von Autoimmunerkrankungen, bei der es zur Bildung von Autoantikörpern kommt
  • Rheumatoide Arthritis – chronisch entzündliche Multisystemerkrankung, die sich meist in Form einer Synovialitis (Gelenkinnenhautentzündung) manifestiert

Interpretation erniedrigter Werte

  • Alimentär (ernährungsbedingt)
    • Unzureichende Zufuhr, besonders ältere Frauen beziehungsweise Männer (≥ 65 Jahre)
    • Langjährige Fehl- und Mangelernährung, wie Veganer, strenge Vegetarier
  • Malabsorption (Störung der Aufnahme)
    • Food-cobalamin malabsorption“, zum Beispiel bei Hyperchlorhydrie, Gastritis/Helicobacter-pylori-Infektion, unter Säuresuppressionstherapie
    • Chronisch-entzündliche Darmerkrankungen (CED) wie Morbus Crohn oder Colitis ulcerosa
    • Kurzdarmsyndrom – Malabsorption nach ausgedehnter Dünndarmresektion – Teilentfernung des Dünndarms
    • Infektion mit Lamblien (Dünndarmparasiten)
    • Zöliakie (gluteninduzierte Enteropathie; chronische Erkrankung der Dünndarmmukosa (Dünndarmschleimhaut), die auf einer Überempfindlichkeit gegen das Getreideeiweiß Gluten beruht)
  • Maldigestion (Störung der Verdauung)
    • Verminderte Fähigkeit zur Proteinverdauung / Störung der Freisetzung des Vitamins aus der Nahrung
    • Pankreasinsuffizienz – Unfähigkeit der Bauchspeicheldrüse, ausreichend Verdauungsenzyme zu produzieren
  • Erkrankungen
    • Angeborene Stoffwechselerkrankungen (bei Transcobalaminmangel, Imerslund-Gräsbeck-Syndrom)
    • Fehlen des Intrinsic Factors (bei perniziöser Anämie oder nach Gastrektomie)
    • Autoimmungastritis
    • Chronisch atrophische Gastritis
    • Chronische Lebererkrankungen, schwere
    • Chronische Nierenerkrankungen, schwere
    • Funikuläre Myelose (Synonym: funikuläre Spinalerkrankung; s. o.) wg. Vitamin B12-Mangel
    • Parietalzell-Antikörper (PCA) → bewirken Untergang der Parietalzellen des Magens  verminderte Säuresekretion (Achlorhydrie) und Intrinsic-Faktor-Mangel → verminderte Aufnahme von Vitamin B12, mit der Folge einer perniziösen Anämie
  • Erhöhter Verbrauch bzw. Verlust
    • Dysbiose (Störungen in der Dünndarmflora wie bakterielle Fehlbesiedlung)
    • Vermehrter Verbrauch (bei bakterieller Überwucherung oder Fischbandwurmbefall, bei HIV-Infektion, Multipler Sklerose)
  • Medikamente
    • Omeprazol und Metformin (vermindern Absorption von Vitamin B12)
  • Drogen
    • Distickstoffmonoxid (Lachgas; N2O) als Partydroge 
      Beachte: Da es sich um einen funktionellen Vitaminmangel handelt, sind die Vitamin-B12-Werte nicht notwendigerweise erniedrigt [3].

Weitere Hinweise

  • Der normale Bedarf an Vitamin B12 liegt bei Frauen sowie Männern bei 4,0 µg/d, die Reserven reichen für 1-2 Jahre.

Achtung!
Hinweis zum Versorgungszustand (Nationale Verzehrsstudie II 2008)
21
% der Männer und 50 % der Frauen im Alter von 35-50 Jahren erreichen die empfohlene Tageszufuhr nicht (weiteres siehe unter "Nationale Verzehrsstudie (Ernährungssituation))".

Detaillierte Informationen zu Cobalamin (Vitamin B12) finden Sie im DocMedicus Vitalstofflexikon.

Literatur

  1. Valente E, Scott JM, Ueland PM et al.: Diagnostic accuracy of holotranscobalamin, methylmalonic acid, serum cobalamin, and other indicators of tissue vitamin B12 status in the elderly. Clin Chem 2011;57(6):856-863 doi: 10.1373/clinchem.2010.158154. 
  2. Nexo E, Hoffmann-Lucke E: Holotranscobalamin, a marker of vitamin B12 status: analytical aspects and clinical utility. Am J Clin Nutr 2011;94(1):359S-365S doi: 10.3945/ajcn.111.013458
  3. Halleux C, Juurlink DN: Diagnosis and management of toxicity associated with the recreational use of nitrous oxide CMAJ August 21, 2023 195 (32) E1075-E1081; doi: https://doi.org/10.1503/cmaj.230196