Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom) – Medikamentöse Therapie

Therapieziele

  • Heilung bzw. Verbesserung der Prognose
  • Ggf. auch Verbesserung der Symptomatik, Reduktion der Tumormasse, palliativ (ohne Heilungsansatz)
    • Ziel der systemischen Palliativtherapie ist neben der Verlängerung des Überlebens auch der Erhalt der Lebensqualität

Therapieempfehlungen

  • Wichtigstes Therapieverfahren beim Plattenepithelkarzinom und Adenokarzinom ist die Operation mit dem Ziel der vollständigen Entfernung des Tumors (oral, aboral und in der Zirkumferenz) und der regionären Lymphknoten.
  • Bei lokalisierten Adenokarzinomen des Ösophagus und des ösophagogastralen (Magen-Darm) Übergangs der Kategorie cT2 kann eine neoadjuvante Chemotherapie (NACT; präoperative Chemotherapie) durchgeführt und postoperativ fortgesetzt werden [S3-Leitlinie].
  • Beim operablen Patienten mit Adenokarzinom des Ösophagus oder des ösophagogastralen Übergangs der Kategorie cT3 und bei resektablen cT4 Tumoren soll eine perioperative Chemotherapie oder eine präoperative Radiochemotherapie (RCTX) durchgeführt werden [S3-Leitlinie].
  • Bei operablen Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus der Kategorie cT2 kann eine präoperative Radiochemotherapie (RCTX) mit anschließender kompletter Resektion durchgeführt werden [S3-Leitlinie].
  • Bei operablen Patienten mit einem Plattenepithelkarzinom des Ösophagus der Kategorie cT3 und bei resektablen cT4 Tumoren soll eine präoperative Radiochemotherapie (RCTX) mit anschließender kompletter Resektion durchgeführt werden [S3-Leitlinie].
  • Zytostatikatherapie:
    • Neoadjuvante Chemotherapie (NACT; präoperative Chemotherapie) bei Patienten mit primär operablen Tumoren des Ösophagus oder des Ösophagus-Magen-Übergangs (mediane Überlebenszeit verdoppelte sich von 2 auf über 4 Jahre [1])
    • Bei der Therapie des Ösophaguskarzinoms kann die Chemotherapie, häufig in Kombination mit der Radiotherapie bei inoperablen Tumoren und/oder Fernmetastasen eingesetzt werden (Radiochemotherapie, RCTX)
    • Eine Platin-basierte Chemotherapie ist heute bei Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus Therapiestandard.
      • platinbasierte Chemotherapien in Kombination mit einem Checkpoint-Inhibitor einen signifikanten Überlebensvorteil (s. u. "Weitere Hinweise")
        Beachte: Bei negativem HER2-Status (human epidermal growth factor receptor 2) und Nachweis von PD-L1 (programmed cell death ligand 1) soll eine platinbasierte Chemotherapie in Kombination mit einem Checkpoint-Inhibitor durchgeführt werden.
        Bei einem PD-L1 TPS ≥ 1 Prozent kann alternativ die Kombination zweier Checkpoint-Inhibitoren als alleinige Immuntherapie eingesetzt werden.

    • Mögliche Chemotherapieregime bei neoadjuvanter präoperativer Radiochemotherapie (RCTX) sind:
      • 5-Fluorouracil (5-FU)/ Cisplatin
      • Carboplatin/Paclitaxel
      • Folfox
    • Palliative Chemotherapie [S3-Leitlinie]:
      • Patienten mit einem metastasierten (Bildung von Tochtergeschwülsten) oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren Adenokarzinom des Ösophagus soll eine systemische Chemotherapie angeboten werden. Therapieziel ist die Verlängerung der Überlebenszeit und der Erhalt der Lebensqualität.
      • Bei negativem HER 2-Status und Nachweis von PD-L1 in der Erstlinie eine Kombinationschemotherapie aus einem Platinderivat und Fluoropyrimidin zusammen mit einem Immuncheckpointinhibitor (ICI) [S3-Leitlinie].
        • HER2-negative fortgeschrittene oder metastasierte Adenokarzinome des Magens, des gastroösophagealen Übergangs: Nivolumab (PD-1-Immuncheckpoint-Inhibitor) in Kombination mit Fluoropyrimidin- und platinbasierte Kombinationschemotherapie führen gegenüber einer Chemotherapie allein zu einem überlegenen Gesamtüberleben (Erstlinienbehandlung) [6].
      • Bei Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren Adenokarzinom des Ösophagus und ausreichendem Allgemeinzustand sollte eine systemische Zweitlinientherapie durchgeführt werden.
      • Bei Patienten mit einem metastasierten oder lokal fortgeschrittenen, nicht kurativ behandelbaren Plattenepithelkarzinom des Ösophagus und ausreichenden Allgemeinzustand kann eine Zweitlinientherapie erwogen werden.
        • bei PD-L1-Expression bereits in der Erstlinie ein ICI als Ergänzung zur Chemotherapie empfohlen [S3-Leitlinie]
      • Beachte: Inzwischen ist die Immuntherapie mit einem Checkpoint-Inhibitor oder mit einer Kombination zweier Checkpoint-Inhibitoren wirksamer als der bisherige Standard, die Chemotherapie. Es sollte erwogen werden, Nivolumab evtl. auch kombiniert mit Ipilimumab, als Erstlinientherapie für Patienten mit inoperablen Ösophaguskarzinomen einzusetzen [4].
        Vor Zweitlinientherapie eines Adenokarzinoms muss der MSI(Mikrosatelliten-Instabilität)- und/oder der MMR(Mismatch-Reparatur)-Status bestimmt werden.
    • "Targeted Therapy": Aufgrund eines nachgewiesenen Überlebensvorteils besteht bei HER 2-überexprimierenden Tumoren (IHC3+ oder IHC2+ und FISH+) eine Indikation für den Einsatz von Trastuzumab in Kombination mit Cisplatin und Fluoropyrimidinen (5-FU oder Capecitabin) [S3-Leitlinie]
      Rote-Hand-Brief: Herceptin (Trastuzumab), 23.03.2017: Überwachung der Herzfunktion vor, während und nach der Behandlung mit Trastuzumab, um die Häufigkeit und Schwere linksventrikulärer Dysfunktion und kongestiver Herzinsuffizienz (KHI) zu reduzieren [2].
  • Im fortgeschrittenen Stadium erfolgt eine Palliativtherapie (Behandlung, die nicht auf die Heilung einer Erkrankung abzielt, sondern darauf, die Symptome zu lindern):
    • enterale Ernährung, z. B. Nahrungszufuhr über eine PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie: endoskopisch angelegter künstlicher Zugang von außen durch die Bauchdecke in den Magen)
    • Infusionstherapie über einen Portkatheter (Port; ein unter der Hautoberfläche liegender, dauerhafter Zugang zum venösen Blutkreislauf)
    • Supplementierung von Mikronährstoffen
    • Schmerztherapie (gemäß WHO-Stufenschema; s. u. "Chronische Schmerzen")
  • Siehe auch unter "Weitere Therapie".

Es werden hier keine detaillierten Angaben zu Wirkstoffen und Dosierungen gemacht, da die Therapieregimes ständig modifiziert werden. 

Weitere Hinweise

  • Bei Patienten mit einem Karzinom im Ösophagus oder im gastroösophagealen Übergang im Stadium II/III führte eine adjuvante Immuntherapie nach einer Radiochemotherapie und einer Operation durch eine einjährige Anschlussbehandlung mit dem PD-1-Inhibitor Nivolumab zu einer signifikanten verlängerten Zeit bis zum erneuten Nachweis eines Tumorwachstums: Nivolumabgruppe median 22,4 Monate (95-%-Konfidenzintervall 16,6 bis 34,0 Monate) versus Placebogruppe 11,0 Monate (8,3 bis 14,3 Monate) [3].
  • Nach neoadjuvanter Radiochemotherapie und R0-Resektion histologisch noch ein Resttumor (≥ ypT1 oder ≥ ypN1) → ein Jahr eine adjuvante Immuntherapie mit dem Anti-PD-1-Antikörper Nivolumab [S3-Leitlinie].
  • Immuncheckpointinhibitoren (ICI) bei Patienten mit fortgeschrittenen bzw. metastasierten Plattenepithelkarzinomen des Ösophagus:
    • Das Progressionsrisiko wurde mit beiden nachfolgenden Regimen um mehr als 40 %, die Gesamtmortalität (Gesamtsterberate) um 30-40 % gesenkt, jeweils immer im Vergleich zur Chemotherapie [7]:
      • Camrelizumab plus Chemotherapie
      • Toripalimab plus Chemotherapie
    • Camrelizumab (Anti-PD-1-Antikörper): Bei Patienten mit einem Plattenepithelkarzi­nom des Ösophagus (ESCC) mit fortgeschrittenen und metastasierten Tumoren, die noch keine Therapie erhalten hatten, kann die Behandlung mit dem Checkpointinhibitor Camrelizumab in Kombi­nation mit einer Chemotherapie die Überlebenszeit verlängern: mediane Überlebenszeit in der Camrelizumab plus Chemotherapiegruppe betrug 15,3 Monate versus 12,0 Monaten in der Placebo- plus Chemotherapiegruppe (Hazard Ratio 0,70; 0,56 bis 0,88); mediane progressionsfreie Überleben wurde auf 6,9 Monate verlängert versus 5,6 Monate in der Vergleichsgruppe (Hazard Ratio 0,56; 0,46 bis 0,68) [5].

Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)

Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für das Immunsystem sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:

  • Vitamine (A, C, E, D3, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
  • Mineralstoffe (Calcium, Kalium, Magnesium)
  • Spurenelemente (Chrom, Eisen, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
  • Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
  • Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin, Flavonoide (Citrusfrüchte), Lycopin (Tomaten), Proanthocyanidine (Cranberrys), Polyphenole)
  • Weitere Vitalstoffe (Probiotische Kulturen: Laktobazillen, Bifidobakterien, Fruchtsäuren – Citrat (gebunden in Magnesium-, Kalium- und Calciumcitrat))

Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.

Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.

Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.

Literatur

  1. Van Hagen et al.: Preoperative Chemoradiotherapy for Esophageal or Junctional Cancer. N Engl J Med 2012; 366:2074-2084 May 31, 2012, doi: 10.1056/NEJMoa1112088
  2. Rote-Hand-Brief: Herceptin (Trastuzumab), 23.03.2017
  3. Kelly RJ et al.: Adjuvant Nivolumab in Resected Esophageal or Gastroesophageal Junction Cancer N Engl J Med 2021; 384:1191-1203 doi: 10.1056/NEJMoa2032125
  4. Chau I et al.: Nivolumab (NIVO) plus ipilimumab (IPI) or NIVO plus chemotherapy (chemo) versus chemo as first-line (1L) treatment for advanced esophageal squamous cell carcinoma (ESCC): First results of the CheckMate 648 study.J Clin Oncol 39, 2021 [suppl 15; abstr LBA4001] doi: 10.1200/JCO.2021.39.15_suppl.LBA4001
  5. Luo HL et al.: Effect of Camrelizumab vs Placebo Added to Chemotherapy on Survival and Progression-Free Survival in Patients With Advanced or Metastatic Esophageal Squamous Cell Carcinoma The ESCORT-1st Randomized Clinical Trial JAMA. 2021;326(10):916-925. doi:10.1001/jama.2021.12836
  6. Janjigian YY et al.: First-line nivolumab plus chemotherapy versus chemotherapy alone for advanced gastric, gastro-oesophageal junction, and oesophageal adenocarcinoma (CheckMate 649): a randomised, open-label, phase 3 trial Lancet June 05, 2021 doi:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(21)00797-2
  7. Gao TT et al.: Comparative efficacy and safety of immunotherapy for patients with advanced or metastatic esophageal squamous cell carcinoma: a systematic review and network Meta-analysis BMC Cancer 22;992

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Plattenepithelkarzinome und Adenokarzinome des Ösophagus. (AWMF-Registernummer: 021-023OL), Dezember 2023 Kurzfassung Langfassung