Plasmozytom – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Das multiple Myelom (MM), auch als Plasmozytom bezeichnet, entsteht häufig aus einer monoklonalen Gammopathie unbestimmter Signifikanz (MGUS), die in etwa 1 % der Fälle pro Jahr in ein multiples Myelom oder eine verwandte Erkrankung übergeht [1]. MGUS ist eine präkanzeröse Erkrankung, bei der im Blut monoklonale Immunglobuline vorhanden sind, aber noch keine klinischen Symptome einer malignen (bösartigen) Erkrankung vorliegen.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

Initialer Pathomechanismus:

  • Die malignen Zellen des multiplen Myeloms entstehen durch die Transformation von Plasmazellen, die normalerweise für die Produktion von Antikörpern zuständig sind. Diese malignen Plasmazellen vermehren sich unkontrolliert im Knochenmark, was zur Verdrängung der normalen hämatopoetischen ("blutbildenden!") Zellen führt.
  • Die entarteten Plasmazellen produzieren monoklonale Immunglobuline, auch Paraproteine genannt, die entweder vollständige Immunglobuline (IgG, IgA, IgD) oder lediglich Leichtketten (sogenannte Bence-Jones-Proteine) sind. In etwa 20 % der Fälle handelt es sich um ein Leichtketten-Plasmozytom.

Genetische und zelluläre Veränderungen:

  • Genetische Mutationen in Onkogenen und Tumorsuppressorgenen tragen zur Entstehung und zum Fortschreiten der Erkrankung bei. Dazu gehören häufige Chromosomenaberrationen wie Deletionen oder Translokationen in den Chromosomen 13q, 14q und 17p.
  • Die Interaktion zwischen den malignen Plasmazellen und der Mikroumgebung des Knochenmarks spielt ebenfalls eine wichtige Rolle. Zytokine wie IL-6 fördern das Wachstum und Überleben der Myelomzellen.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

Veränderungen in der Gewebsarchitektur:

  • Durch die Aktivierung von Osteoklasten, die für den Abbau von Knochensubstanz zuständig sind, entstehen osteolytische Läsionen, die zu schmerzhaften Knochendefekten und einer erhöhten Frakturgefahr führen.
  • Die Osteoblasten, die normalerweise für den Knochenaufbau zuständig sind, werden hingegen in ihrer Aktivität gehemmt, was die Knochenzerstörung weiter begünstigt.

Beteiligung des Blutsystems:

  • Die Vermehrung der malignen Plasmazellen im Knochenmark verdrängt die normale Hämatopoese (Blutbildung), was zu Anämie (Blutarmut), Leukopenie (Verringerung der weißen Blutkörperchen) und Thrombozytopenie (Verminderung der Blutplättchen) führt.

Klinische Manifestation

Leitsymptome:

  • Zu den typischen Symptomen des multiplen Myeloms gehören Knochenschmerzen, insbesondere im Rücken und in den Rippen, sowie eine erhöhte Anfälligkeit für Knochenbrüche.
  • Weitere klinische Merkmale sind Anämie, Niereninsuffizienz (bedingt durch die Ablagerung von Leichtkettenproteinen in den Nieren), Hypercalcämie (erhöhter Calciumspiegel im Blut) und Infektanfälligkeit aufgrund der Funktionslosigkeit der immunglobulinproduzierenden Zellen.

Fortgeschrittene Symptome:

  • Im fortgeschrittenen Stadium können Patienten multiple osteolytische Läsionen aufweisen, die sich radiologisch als „Löcher“ im Knochen darstellen.
  • Eine stark eingeschränkte Nierenfunktion kann zu einer terminalen Niereninsuffizienz (gestörte Nierenfunktion) führen, die eine Dialyse (Blutwäsche) erforderlich macht.

Progression und Organbeteiligung

Lokale Gewebeveränderungen:

  • Die Zunahme der malignen Plasmazellen im Knochenmark führt zu einer progressiven Knochenzerstörung und einer Schwächung der Knochenstruktur, was die Wahrscheinlichkeit von Frakturen erheblich erhöht.
  • Die extramedulläre Ausbreitung, d. h. das Auftreten von Tumorzellen außerhalb des Knochenmarks, kann auch Weichteile wie die Haut oder Organe betreffen.

Systemische Auswirkungen bei chronischen Verläufen:

  • Die systemischen Auswirkungen des multiplen Myeloms betreffen hauptsächlich den Calciumstoffwechsel (Hypercalcämie) und die Nierenfunktion. Hypercalcämie führt zu Symptomen wie Übelkeit, Erbrechen, Verwirrtheit und in schweren Fällen zu Koma.

Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden

Beeinträchtigung der Immunfunktion:

  • Durch die Produktion von funktionslosen Paraproteinen sind die Patienten anfälliger für bakterielle Infektionen, insbesondere Atemwegs- und Harnwegsinfektionen.

Schmerzentstehung und Organversagen:

  • Knochenschmerzen sind das häufigste Symptom, hervorgerufen durch osteolytische Läsionen (Knochenabbau) und Frakturen (Knochenbrüche). In fortgeschrittenen Stadien kann es zu Organversagen kommen, insbesondere der Nieren, was die Lebenserwartung der Patienten erheblich verringert.

Regenerative und kompensatorische Prozesse

Versuche der Knochenregeneration:

  • Der Versuch des Körpers, den Knochenabbau zu kompensieren, ist meist ineffektiv, da die Osteoblasten in ihrer Aktivität stark gehemmt sind und die Osteoklasten überaktiv bleiben.

Therapeutische Ansätze:

  • Therapeutische Maßnahmen wie Chemotherapie, Immuntherapie und Bisphosphonate zielen darauf ab, das Wachstum der Myelomzellen zu kontrollieren, die Knochendestruktion zu verringern und die Schmerzen zu lindern.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Das multiple Myelom ist eine bösartige Erkrankung, die von den Plasmazellen des Immunsystems ausgeht. Genetische Mutationen und Interaktionen zwischen den Myelomzellen und ihrer Mikroumgebung spielen eine zentrale Rolle in der Krankheitsentstehung. Die klinischen Symptome reichen von Knochenschmerzen und Frakturen bis zu Nierenversagen und Anämie (Blutarmut). Eine frühzeitige Diagnose und aggressive Therapie sind entscheidend, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität der Patienten zu verbessern.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung – Das Plasmozytom tritt in bestimmten Familien gehäuft auf, was auf eine genetische Komponente hinweist.
  • Ethnische Herkunft – Afroamerikaner (> 2-fache Inzidenzrate)
  • Berufe – häufiger betroffene Personengruppen:
    • Arbeiter in der Holzverarbeitung
    • Arbeiter in der Lederindustrie
    • Landwirte
    • Personen mit Exposition gegenüber Mineralöl

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)

Umweltbelastungen – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Ionisierende Strahlung
  • Exposition gegenüber Mineralöl

Literatur

  1. Kyle RA et al.: A long-term study of prognosis in monoclonal gammopathy of undetermined significance. N Engl J Med. 2002;346(8):564-9.