Plasmozytom – Labordiagnostik

Laborparameter 1. Ordnung – obligate Laboruntersuchungen

  • Kleines Blutbild [normochrome Anämie, Leukopenie und Thrombozytopenie]
  • Differentialblutbild
  • Entzündungsparameter – CRP (C-reaktives Protein) bzw. BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit) [↑]
  • Calcium [↑]
  • Urinstatus (Schnelltest auf: pH-Wert, Leukozyten, Nitrit, Eiweiß, Blut), Sediment, ggf. Urinkultur (Erregernachweis und Resistogramm, das heißt Austestung geeigneter Antibiotika auf Sensibilität/Resistenz)
  • Nierenparameter – Harnstoff, Kreatinin, ggf. Cystatin C bzw. Kreatinin-Clearance [Anstieg der Nierenretentionsparameter]
  • 24-Stunden-Sammelurin zur Bestimmung der freien Leichtketten (bei Leichtkettenmyelom)
  • Beta-2-Mikroglobulin* (β2-Mikroglobulin; Markerprotein der tubulären Resorptionsfunktion)
  • Gesamteiweiß im Blutserum; Albumin*
  • Laktatdehydrogenase* (LDH)
  • Immunfixationselektrophorese im Blutserum und im Urin – zum Nachweis und zur Quantifizierung einer monoklonalen Paraproteinämie bzw. -urie
    • Zur Charakterisierung des Paraproteins soll die Probe mit Antiseren gegen die Schwerketten G, A und M und die gebundenen Kappa- und Lambda-Leichtketten untersucht werden
  • Quantitative Immunglobulinbestimmung (IgA, IgD, IgE, IgG, IgM) sowie freier κ‑ und λ‑Leichtketten im Blutserum 
  • Proteinelektrophorese im Blutserum (zum Nachweis des sog. M‑Gradienten)
  • Quantitative Kappa-Lambda-Leichtketten-Bestimmung [prärenale Proteinurie/erhöhte Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin]
  • Messung der freien Leichtketten (FLC) im Serum (sFLC); sensitiverer Nachweis des
    • Leichtketten-Myeloms (LCMM) als mit Urinanalysen des monoklonalen Proteins [Behandlungsindikation: Serum ≥ 100 mg/l bei einem Quotienten von ≥ 100 („freelite chain test“); 60%ige Knochenmarkinfiltration stellen eine Behandlungsindikation dar]
    • Therapieansprechens und der Prognose [1]
  • Knochenmarkdiagnostik: Aspirationszytologie (Untersuchung von Zellen) und/oder Histologie (feingewebliche Untersuchung); zytogenetische Untersuchungen (Chromosomenanalyse und FISH) zur Erfassung ungünstiger zytogenetische Aberrationen [zytogenetisch definierte Hochrisikogruppe:  t(4;14)- und t(14;16)-Translokationen, 17p-Deletion, 1q-Amplifikation]
    Weiteren sollten immunhistochemische Untersuchung zur Plasmazellquantifizierung und zum Nachweis einer Leichtkettenrestriktion sowie aberranter Antigenexpression wie CD56 und Cyclin D1 erfolgen.
  • Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH): Bei gesichertem MM sollte vor Beginn der Behandlung eine Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) an den mittels magnetischer Zellsortierung angereicherten CD138-positiven Plasmazellen des Knochenmarkaspirates im Hinblick auf Hochrisiko-Chromosomenveränderungen (Zugewinn von 1q, Translokationen t (4;14) bzw. FGFR3-IGH-Fusion, t (14;16) bzw. IGHMAF-Fusion und t (14;20) bzw. IGH-MAFB-Fusion, Deletion in 17p (TP53- Gen) an CD138-positiven Zellen des Knochenmarkspirates durchgeführt werden [S3-Leitlinie].

*sollten mindestens einmal bei der Initialdiagnostik bei Patienten mit Patienten mit monoklonaler Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) und Betroffene mit multiplem Myelom bestimmt werden

Laborparameter 2. Ordnung – in Abhängigkeit von den Ergebnissen der Anamnese, der körperlichen Untersuchung und den obligaten Laborparametern – zur differentialdiagnostischen Abklärung

  • Bence-Jones-Proteine im Urin
  • Differenzierung der Proteine im Urin
  • Harnsäure

Die Diagnose des Plasmozytoms wird anhand der Ossermann-Kriterien (drei Kardinalsymptome) gestellt, von denen zwei erfüllt sein müssen:

  • Auftreten monoklonaler Immunglobuline im Plasma und/oder Urin
  • Plasmazellnester im Knochenmark und/oder Plasmazellanteil im Knochenmark > 15 %
  • Osteolytische Herde im Knochen oder Osteoporose  (Knochenschwund) bei gleichzeitiger Vermehrung der Plasmazellen im Knochenmark bzw. radiologischer Nachweis von Osteolysen (Knochenabbau)

Laborparameter 2. Ordnung (Nachsorge/Therapiekontrolle)

  • CRP (C-reaktives Protein)
  • LDH
  • Immunelektrophorese (monoklonale Immunglobuline)
  • Beta-2-Mikroglobulin

Diagnosekriterien zur Differentialdiagnostik des symptomatischen Multiplen Myeloms (MM) vom „Smouldering (asymptomatischen) MM“ und der Monoklonalen Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS):

  MGUS* Smouldering MM
(Schwelendes Myelom)
Multiple Myelom (MM)
Prozentualer Anteil der monoklonalen Plasmazellen im Knochenmark < 10 % ≥ 10 % > 10 % oder Plasmozytom
Serum-M-Protein < 30 g/l im Serum ≥ 30 g/l 
ODER
vorhanden im Serum und/oder Urin
Urin-M-Protein < 500 mg/24 h ≥ 500 mg/24 h
CRAB-Kriterien (s. u.) Kein CRAB-Kriterium Kein CRAB-Kriterium ≥1 CRAB-Kriterium
ODER
      ≥ 1 SLiM-Kriterium

*Ein MGUS (s. u.) geht in ca. 1 % der Fälle in ein Plasmozytom über.

Legende

  • MGUS: monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz
  • CRAB: s. Tabelle nachfolgend
  • M-Protein: monoklonales Protein 
  • SLiM-Kriterium: s. Tabelle nachfolgend

Bei diagnostisch gesichertem MM ist eine Myelombehandlung angezeigt, wenn eines der folgenden CRAB-Kriterien erfüllt ist; das Akronym CRAB steht für:

Hypercalcämie  C (hypercalcaemia)  Serum-Calcium > 0,25 mmol/L oberhalb des oberen Normbereiches oder > 2,75 mmol/L (> 11 mg/dL) 
Niereninsuffizienz

R (renal failure) GFR (glomeruläre Filtrationsrate) < 40 mL/min oder Serum-Kreatinin > 177 µmol/L
Anämie  A (anemina) > 2,0 g/dL unterhalb des unteren Normbereiches oder < 10 g/dL
Knochenläsionen
(Osteolysen und/oder Osteoporose)
B (bone lesions)  ≥ 1 Läsion mittels Röntgen, CT oder PET-CT

Das Akronym SLiM steht für:

Sixty  60 % monoklonale Plasmazellen im Knochenmark  
Light chain  Ratio der involvierten freien Leichtkette zur nicht involvierten freien Leichtkette ≥ 100, wobei die Konzentration der involvierten freien Leichtkette ≥ 100 mg/l betragen muss.
MRI mehr als eine mindestens 5 Millimeter große, fokale Läsion im Ganzkörper-MRT in Abwesenheit einer Knochenläsion

Einschätzung des Therapieansprechens

Der MRD-Befund (Minimal Residual Disease; minimale Resterkrankung) ist definiert als eine verbleibende kleine Anzahl von monoklonalen Plasmazellen (PCs) im Knochenmark, die mit serologischen oder zytologischen Methoden nicht identifiziert werden können.

Für den Krankheitsverlauf soll bei Patienten, die eine formale Messbarkeit eines monoklonalen Proteins in der Serumelektrophorese von über 10 g/l bzw. von 200 mg/Tag im 24h-Sammelurin aufweisen, sollen diese Parameter im Verlauf zugrunde gelegt werden.

Kriterien des rezidivierten Myeloms sind:

 Klinische Kriterien eines Rezidiv 
(Wiederauftreten der Erkrankung)   
Neu aufgetretenes Weichteilplasmozytom oder Osteolyse
Hypercalcämie (≥ 11,5 mg/dl; 2.875 mmol/l)
Anstieg des Serum-Kreatinin-Werts von ≥ 2 mg/dl (myelombedingt)
Hämoglobinabfall von ≥ 2 g/dl, myelombedingt
Größenzunahme (≥50 %) der vorbestandenen Plasmozytomen oder Osteolysen
Therapiebedürftige Hyperviskosität
Signifikantes biochemisches Rezidiv bei Patienten ohne Erfüllung der klinischen Rezidivkriterien Verdoppelung des M‑Proteins in zwei konsekutiven Messungen im Abstand von zwei Monaten, mit einem Referenzwert von 5 g/l, und/oder ≥ 25 % Anstieg im Urin oder absolut ≥ 200 mg/24 h
In zwei konsekutiven Messungen eine der folgenden Anstiege:
  • Absolutwert des Serum-M-Proteins um ≥10 g/l oder
  • Anstieg des Urin-M-Proteins um ≥500 mg/24 h oder
  • Anstieg von FLC-Werten (freie Leichtketten im Serum) um ≥ 20 mg/dl (+ eine abnormale FLC Ratio; kappa-lambda ratio < 0.26 oder > 1.65) oder 25 % Anstieg
 

Weitere Hinweise

  • Monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) – Präkanzerose für lymphoproliferative Erkrankungen wie Multiples Myelom oder Morbus Waldenström; Paraproteinämie mit monoklonalen IgM-Globulinen, ohne dass histologisch eine Infiltration des Knochenmarks mit Plasmazellen oder Lymphomzellen vorliegt (also kein Plasmozytom/Multiples Myelom oder Morbus Waldenström besteht); in den USA findet sich bei 3,2 % der über 50-Jährigen und 5,3 % der über 70-Jährigen eine monoklonale Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) [2]; geht pro Jahr in 1,5 % der Fälle in eine lymphoproliferative Erkrankung über
    Beachte: Eine MGUS kann über 30 Jahre bestehen, bevor es zu einer klinischen Erkrankung kommt [3]; bei diesen Patienten ist im Bereich der Gammaglobuline eine zusätz­liche Zacke zu erkennen, der „M-Gradient“. Dieser weist auf die Ausbreitung von Zellklonen im Knochenmark hin.

Literatur

  1. Dejoie T et al.: Serum Free Light Chains Should be the Target of Response Evaluation in Light Chain Multiple Myeloma Rather than Urines. Blood 2016; online 11. Oktober. doi: 10.1182/blood-2016-07-726778
  2. Kyle RA et al.: Prevalence of monoclonal gammopathy of undetermined significance. N Engl J Med. 2006 Mar 30;354(13):1362-9.
  3. Kyle RA et al.: Long-Term Follow-up of Monoclonal Gammopathy of Undetermined Significance. N Engl J Med 2018; 378:241-249 January 18, 2018 doi: 10.1056/NEJMoa1709974

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik, Therapie und Nachsorge für Patienten mit monoklonaler Gammopathie unklarer Signifikanz (MGUS) oder Multiplem Myelom. (AWMF-Registernummer: 018 - 035OL), Februar 2022 Kurzfassung Langfassung