Osteosarkom – Strahlentherapie
Das Osteosarkom (bösartiger Knochentumor) gilt als wenig strahlensensibel (geringe Empfindlichkeit gegenüber Strahlentherapie). Die Radiatio (Strahlentherapie) wird daher primär nicht als Standardtherapie eingesetzt, kann jedoch in bestimmten klinischen Situationen eine sinnvolle Option darstellen.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die Strahlentherapie wird vor allem bei folgenden Indikationen in Betracht gezogen:
- Inoperable Tumoren (nicht operierbare Geschwulste) – Wenn eine chirurgische Resektion (operative Entfernung) nicht möglich ist, beispielsweise aufgrund der Tumorlokalisation oder ausgedehnter Infiltration (Eindringen des Tumors) in kritische Strukturen.
- Nicht R0-resezierte Tumoren (Tumoren, die nicht vollständig entfernt wurden) – Wenn das Osteosarkom marginal oder intraläsional (nur teilweise oder innerhalb der Geschwulstgrenzen entfernt) wurde und ein hohes Risiko für ein Lokalrezidiv (erneutes Tumorwachstum an der gleichen Stelle) besteht.
- Palliative Therapie (lindernde Behandlung) – Zur Schmerzreduktion und Tumorkontrolle bei metastasierter oder progredienter Erkrankung (Streuung oder fortschreitender Tumor).
- Nicht ausreichendes Therapieansprechen nach neoadjuvanter Chemotherapie (unzureichende Wirkung einer vorgeschalteten medikamentösen Tumorbehandlung) – Bei fehlender Möglichkeit zur vollständigen Tumorentfernung.
Strahlentherapeutische Verfahren
Aufgrund der geringen Strahlensensibilität (schwache Reaktion auf Bestrahlung) des Osteosarkoms sind hochpräzise Verfahren erforderlich, um eine suffiziente Dosisapplikation (ausreichende Strahlendosis) bei gleichzeitig maximaler Schonung des umliegenden Gewebes zu gewährleisten. Die folgenden Methoden haben sich etabliert:
- Intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT, Strahlentherapie mit individuell angepasster Strahlendosis) – Ermöglicht eine gezielte Dosisverteilung und schützt benachbarte kritische Strukturen.
- Protonentherapie (Bestrahlung mit geladenen Teilchen) – Insbesondere bei Tumoren mit Nähe zu strahlenempfindlichen Organen (z. B. Wirbelsäule, Schädelbasis). Durch den Bragg-Peak-Effekt (punktgenaue Freisetzung der Strahlenenergie im Tumor) kann die Strahlendosis gezielt im Tumor deponiert werden, während das umliegende gesunde Gewebe weitgehend geschont bleibt.
- Stereotaktische Strahlentherapie (SBRT, hochpräzise Strahlenbehandlung mit sehr genauer Zielausrichtung) – Wird vereinzelt bei inoperablen oder metastasierten Osteosarkomen zur lokalen Tumorkontrolle eingesetzt.
- Partikeltherapie mit Kohlenstoffionen (Strahlentherapie mit schweren Teilchen) – In klinischer Erprobung, potenziell vorteilhaft aufgrund der höheren relativen biologischen Wirksamkeit (RBW, stärkere Wirkung der Strahlen) im Vergleich zu Photonen und Protonen.
Dosis und Fraktionierung (Bestrahlungsmenge und Aufteilung der Sitzungen)
- Definitive Strahlentherapie (vollständige Bestrahlung als Hauptbehandlung): 60-70 Gy in konventioneller Fraktionierung (1,8-2 Gy/Fraktion), abhängig von der anatomischen Lage und dem Volumen des Tumors.
- Postoperative Strahlentherapie (adjuvant, unterstützende Bestrahlung nach einer Operation): 55-66 Gy, insbesondere bei nicht R0-resezierten Tumoren.
- Palliative Bestrahlung (symptomlindernde Strahlentherapie): 30-40 Gy in 10-15 Fraktionen oder hypofraktionierte Schemata (z. B. 20 Gy in 5 Fraktionen) zur Symptomkontrolle.
Kombination mit systemischer Therapie (medikamentöse Zusatztherapie)
Die Strahlentherapie wird in der Regel mit einer neoadjuvanten oder adjuvanten Chemotherapie (medikamentöse Tumorbehandlung vor oder nach einer Operation) kombiniert, um die systemische Tumorkontrolle (Verhinderung der Tumorausbreitung im gesamten Körper) zu verbessern. Standardregime enthalten:
- Hochdosiertes Methotrexat, Doxorubicin und Cisplatin (MAP-Protokoll, Kombination von drei wirksamen Medikamenten zur Tumorbekämpfung)
- Alternativ: Ifosfamid-haltige Protokolle bei schlechter Verträglichkeit oder Kontraindikationen (Gegenanzeigen) für Cisplatin.
Nebenwirkungen und Risiken
- Akute Nebenwirkungen (unmittelbar nach der Therapie auftretende Beschwerden): Hautreaktionen, Ödeme (Schwellungen), Fatigue (anhaltende Erschöpfung), Übelkeit (je nach Lokalisation).
- Spätfolgen (langfristige Nebenwirkungen): Risiko für Strahlenosteonekrose (Knochengewebsschädigung durch Bestrahlung), Wachstumsstörungen (bei Kindern), Sekundärmalignome (Zweitkrebserkrankungen nach Hochdosisstrahlung).
- Protonentherapie: Weniger Nebenwirkungen im Vergleich zur konventionellen Bestrahlung aufgrund der geringeren Strahlenexposition (geringere Strahlendosis im gesunden Gewebe).
Fazit
Obwohl das Osteosarkom als strahlenresistent (wenig empfindlich gegenüber Bestrahlung) gilt, kann die Strahlentherapie in bestimmten Situationen eine wertvolle Behandlungsoption sein. IMRT, Protonentherapie und Partikeltherapie stellen dabei vielversprechende Ansätze dar, insbesondere bei inoperablen oder unvollständig resezierten Tumoren. Eine multimodale Therapie mit Chemotherapie und Strahlentherapie kann die lokale Tumorkontrolle verbessern und sollte in interdisziplinären Tumorkonferenzen individuell evaluiert werden.