Myelodysplastisches Syndrom (MDS) – Medikamentöse Therapie
Therapieziele
- Symptomlinderung
- Erhalt und Verbesserung der Lebensqualität
- Verlängerung der Überlebenszeit
Therapieempfehlungen
Therapie des Niedrigrisiko-Myelodysplastischen Syndroms
Bei einer geringgradigen Zytopenie (Abnahme der Zellzahl) und in Abhängigkeit vom Alter und Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) ist es bei diesen Patienten ausreichend, zunächst zu beobachten bzw. abzuwarten ("watch and wait"). In der Regel ist eine nachgewiesene Anämie Auslöser für den Beginn der Therapie.
- Supportive Therapie
- Transfusionen (Erythrozyten, Thrombozyten) symptomorientiert – siehe "Weitere Therapie"
- bei Infektionen: frühzeitige Gabe von Breitbandantibiotika (prophylaktische Gabe wird nicht empfohlen)
- Cave: Keine Steroide und möglichst keine nichtsteroidalen Antirheumatika (NSAR) geben!
- Einsatz von Wachstumsfaktoren – Erythropoetin-Therapie (EPO-Therapie)
- um die fehlgesteuerte Hämatopoese (Blutbildung) zu korrigieren
- Indikationen:
- 5q-Anomalie (del(5q)) und/oder
- sEPO < 500 mU/mL und/oder
- < 2 EKs (Erythrozytenkonzentraten) pro Monat
- Einsatz von: rHuEpo (rekombinantes humanes Erythropoetin) (40-60.000 U/Wo. s. c.) oder Darbepoetin (500 µg alle 2-3 Wochen)
- Bei neutropenen Fieberepisoden (Fieberepisoden, die mit einer Verminderung der neutrophilen Granulozyten/gehören zur Gruppe der weißen Blutkörperchen im Blut einhergehen): Granulozytenkoloniestimulierende Faktoren (G-CSF)
- Bei Thrombozytopenie (Verminderung der Anzahl der Thrombozyten/Blutplättchen): Thrombopoetinrezeptoragonisten Romiplostim und Eltrombopag
- Immunmodulatorische Therapie
- Indikationen:
- MDS-Patienten der Risikogruppe "niedrig" oder "intermediär" und 5q-Anomalie (del(5q)) und
- sEPO ≥ 500 mU/mL und
- < 2 EKs (Erythrozytenkonzentraten) pro Monat
- Einsatz von: Lenalidomid (Rote-Hand-Brief: neuer wichtiger Hinweis zur Reaktivierung von Virusinfektionen) [1]
- Die Häufigkeit von erforderlichen Transfusionen kann gesenkt werden. Es kann auch sein, dass keine weiteren Transfusionen nötig sind.
- Andere Therapiemaßnahmen wurden für diese Patienten als unzureichend wirksam bzw. ungeeignet eingestuft.
- Indikationen:
- Immunsuppressive Therapie
- Indikationen:
- Alter < 60 Jahre
- Blasten im Knochenmark < 5 %
- normale Zytogenetik
- Transfusionsabhängig
- Einsatz von: Antithymozytenglobulin (ATG) oder CsA
- Indikationen:
Therapie des Hochrisiko-Myelodysplastischen Syndroms
- Chemotherapie – falls kein geeigneter Stammzellenspender vorhanden
- um den Überschuss an Blasten (junge, noch nicht endgültig differenzierte Zellen) zu reduzieren
- Indikationen:
- Patienten, die nicht für eine Stammzelltransplantation in Frage kommen (bei intermediärem Risiko II oder Hochrisiko)
- als Überbrückung bis zur allogenen Stammzelltransplantation
- Einsatz von: 5-Azacitidin (Dosierungshinweise: So lange, wie 5-Azacitidin wirksam ist und keine schwerwiegenden Toxizität (Giftigkeit) auftritt)
- signifikante Verlängerung der Gesamtüberlebensrate!
- Intensive Polychemotherapie (AML-Induktionsprotokolle) – keine etablierte Therapieoption für Hochrisiko MDS-Patienten!
- Indikation:
- Hochrisikopatienten < 70 Jahre ohne Komorbiditäten (Begleiterkrankungen) unter Berücksichtigung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses
- ca. 60 % Vollremissionen
- Indikation:
Weitere Wirkstoffe
- Luspatercept (Wirkweise: Ligandenfalle: zieht Hormone an und fängt diese ein, die die Erythropoese (Vorgang der Bildung und Entwicklung der Erythrozyten/rote Blutkörperchen) unterdrücken): in einer Phase-III-Studie konnte nachgewiesen werden das ca. 38 % der Teilnehmer mit Luspatercept mindestens 8 Wochen lang keine Bluttransfusion benötigten (Placebo-Gruppe: 13 %); 28 Prozent der Patienten, die das Medikament einnahmen, waren sogar mehr als 12 Wochen transfusionsfrei (Placebo-Gruppe: 8 Prozent) [2].
- Eine internationale Studie konnte nachweisen, dass der Wirkstoff Luspatercept gegenüber Epoetin alfa deutlich bessere Ergebnisse im Rahmen einer ersten medikamentösen Therapie von Niedrigrisiko-MDS-Patienten aufweist [3].
Supplemente (Nahrungsergänzungsmittel; Vitalstoffe)
Geeignete Nahrungsergänzungsmittel für das Immunsystem sollten die folgenden Vitalstoffe enthalten:
- Vitamine (A, C, E, D3, B1, B2, Niacin (Vitamin B3), Pantothensäure (Vitamin B5), B6, B12, Folsäure, Biotin)
- Spurenelemente (Chrom, Eisen, Kupfer, Mangan, Molybdän, Selen, Zink)
- Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren: Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA))
- Sekundäre Pflanzenstoffe (Beta-Carotin, Flavonoide (Citrusfrüchte), Lycopin (Tomaten), Proanthocyanidine (Cranberrys), Polyphenole)
- Weitere Vitalstoffe (Probiotische Kulturen: Laktobazillen, Bifidobakterien)
Beachte: Die aufgeführten Vitalstoffe sind kein Ersatz für eine medikamentöse Therapie. Nahrungsergänzungsmittel sind dazu bestimmt, die allgemeine Ernährung in der jeweiligen Lebenssituation zu ergänzen.
Für Fragen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel stehen wir Ihnen gerne kostenfrei zur Verfügung.
Nehmen Sie bei Fragen dazu bitte per E-Mail – info@docmedicus.de – Kontakt mit uns auf, und teilen Sie uns dabei Ihre Telefonnummer mit und wann wir Sie am besten erreichen können.
Literatur
- Rote-Hand-Brief zu Lenalidomid: neuer wichtiger Hinweis zur Reaktivierung von Virusinfektionen. AkdÄ Drug Safety Mail | 39–2016
- Fenaux P et al.: Luspatercept in Patients with Lower-Risk Myelodysplastic Syndromes. N Engl J Med 2020; 382:140-151 doi: 10.1056/NEJMoa1908892
- Platzbecker U et al.: Efficacy and safety of luspatercept versus epoetin alfa in erythropoiesis-stimulating agent-naive, transfusion-dependent, lower-risk myelodysplastic syndromes (COMMANDS): interim analysis of a phase 3, open-label, randomised controlled trial. Lancet June 10, 2023 https://doi.org/10.1016/S0140-6736(23)00874-7