Magenkrebs (Magenkarzinom) – Prävention

Zur Prävention des Magenkarzinoms (Magenkrebs) muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.

Verhaltensbedingte Risikofaktoren

  • Ernährung
    • Studien zeigen eine Assoziation zwischen dem Verzehr größerer Mengen an rotem Fleisch, d. h. Muskelfleisch von Schwein, Rind, Lamm, Kalb, Hammel, Pferd, Schaf, Ziege und dem vermehrten Auftreten von Magenkarzinomen (Magenkrebs) sowie der Gesamttumormortalität (krebsbedingte Sterblichkeit) [13-15].
      Rotes Fleisch wird von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) als "wahrscheinlich karzinogen für den Menschen", das heißt als krebserregend, eingestuft. Fleisch- und Wurstwaren werden als sogenanntes „definitives Gruppe 1-Karzinogen“ eingestuft und sind damit vergleichbar (qualitativ, aber nicht quantitativ) mit der kanzerogenen (krebserregenden) Wirkung des Tabakrauchens. Zu den Fleischwaren zählen Produkte, deren Fleischbestandteil durch Verarbeitungsverfahren wie Salzen, Pökeln, Räuchern oder Fermentieren haltbar gemacht bzw. im Geschmack verbessert wurde: Würstchen, Wurstwaren, Schinken, Corned beef, Dörrfleisch, luftgetrocknetes Rindfleisch, Fleischkonserven [12].
    • Zu geringer Fischkonsum; inverse Korrelation zwischen Fischkonsum und Erkrankungsrisiko [6]
    • Zu geringer Obst- und Gemüseverzehr
    • Nitrat- und nitritreiche Ernährung, wie gepökelte oder geräucherte Speisen:
      Nitrat
      ist eine potenziell toxische Verbindung: Nitrat wird im Körper durch Bakterien (Speichel/Magen) zu Nitrit reduziert. Nitrit ist ein reaktives Oxidans, das bevorzugt mit dem Blutfarbstoff Hämoglobin reagiert und diesen in Methämoglobin umwandelt. Des Weiteren bilden Nitrite (unter anderem auch enthalten in gepökelten Wurst- und Fleischwaren sowie gereiftem Käse) mit sekundären Aminen (enthalten in Fleisch- und Wursterzeugnissen, Käse und Fisch) Nitrosamine, die genotoxisch und mutagen wirken. Sie begünstigen u. a. die Entstehung von Magenkrebs.
      Die tägliche Aufnahme von Nitrat erfolgt in der Regel zu circa 70 % durch den Verzehr von Gemüse (Feld- und Kopfsalat, Grün-, Weiß- und Chinakohl, Kohlrabi, Spinat, Radieschen, Rettich, Rote Bete), 20 % aus Trinkwasser (Stickstoffdünger) und 10 % aus Fleisch und Fleischwaren sowie Fisch.
    • Benzo(a)pyren gilt als Risikofaktor für ein Magenkarzinom (Magenkrebs). Es entsteht beim Toasten und Holzkohlegrillen. Es kommt in allen gegrillten, geräucherten oder angebrannten Lebensmitteln vor.
      Auch Zigarettenrauch enthält Benzo(a)pyren, das wiederum zu Bronchialkarzinomen führen kann.
    • Verzehr von Lebensmitteln, die vom Schimmelpilz Aspergillus flavus bzw. Aspergillus parasiticus befallen sein können. Diese Schimmelpilze produzieren Aflatoxine, die karzinogen wirken.
      Aspergillus flavus findet man in Erdnüssen, Pistazien und Mohn; Aspergillus parasiticus findet man in Erdnüssen.
    • Natrium- bzw. Kochsalzzufuhr
      • Diskutiert wird, ob eine langfristige hohe Natrium- bzw. Kochsalzzufuhr zu einem erhöhten Risiko für Magenkarzinom führt [4]. So gibt es Indizien dafür, dass sich eine atrophische Gastritis (Magenschleimhautentzündung) häufiger unter einer hohen Kochsalzzufuhr entwickelt. Zudem können Karzinogene die Barriere der Magenmukosa (Magenschleimhaut) leichter durchdringen, wenn im Magen hohe Konzentrationen von Kochsalz vorliegen [4]. Achtung: Fertiggerichte können bis zu 4 g Salz pro 100 g Nahrungsmittel enthalten.
      • Häufiges Nachsalzen versus Verzicht auf Nachsalzen (westliche Länder) [16].
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol (Frau: > 20 g/Tag; Mann: > 30 g/Tag)
      • starke Trinker (> 4 bis 6 Getränke): 1,26-fach erhöhtes Risiko; sehr starke Trinker (> 6 Getränke): 1,48-fach erhöhtes Risiko [10]
      • nur Personen, die keine H.-pylori-spezifischen IgG-Antikörper aufwiesen, steigerten durch starken Alkoholkonsum (Alkohol seit > 30 Jahren, 7-mal pro Woche oder Menge  55 g bei einer einzelnen Gelegenheit (Binge-Drinking)) das Magenkarzinomrisiko [7]
    • Tabak (Rauchen); etwa 3-fach erhöhtes Erkrankungsrisiko [2, 3]
  • Psycho-soziale Situation
    • Nachtdienst (+ 33 %) [11]
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas); Adenokarzinome im Übergang vom Magen zur Speiseröhre (+ 80 %) [9] 

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Aufnahme von Nitrosaminen 
  • Benzpyren – findet sich in Abgasen, Rauch und Teer. Es gilt u. a. als Risikofaktor für ein Magenkarzinom.

Weitere Risikofaktoren

  • Blutgruppe A

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)

  • H.-pylori-Eradikation („Screen-and-treat-Strategie“) – Eine frühzeitige Behandlung dieser bakteriellen Infektion kann das Risiko signifikant senken.
  • Eine hohe versus eine niedrige körperliche Aktivität in der Freizeit ist mit einem geringeren Risiko für Magenkarzinom verbunden (-22 %; HR 0.78, 95 % CI 0.64-0.95) [8].
  • Ernährungsumstellung
    • Einführung einer ausgewogenen Ernährung, reich an Antioxidantien und Ballaststoffen.
    • Hoher Konsum von Fisch, grünem Tee und flavonoidreichen Lebensmitteln.
  • Lebensstiländerung
    • Regelmäßige körperliche Aktivität kann das Risiko für Magenkarzinome um bis zu 22 % reduzieren.
  • Grüner Tee – Untersuchungen auf Magenkarzinom zeigen auf, dass Flavonoide das Wachstum von Magenkarzinomzellen hemmen. Da besonders in den Regionen Chinas und Japans traditionell viel grüner Tee getrunken wird, zeigten dort Männer wie Frauen eine fünffach geringere Mortalitätsrate (Sterblichkeitsrate) an Magenkarzinom als die durchschnittliche Bevölkerung
    Eine hohe Aufnahme von Flavonoiden in Form von Grüntee bewirkt beim Menschen ein niedrigeres Risiko an Magen-, Kolonkarzinom (Darm- und Mastdarmkrebs) und Mammakarzinom (Brustkrebs) zu erkranken [1].
  • Acetylsalicylsäure (ASS) – tägliche Einnahme; Risikoreduktion um 35 % [5]

Prophylaxe

  • Bei gesicherten Trägern einer pathogenen CDH1-Mutation soll eine prophylaktische Gastrektomie ab dem zwanzigsten Lebensjahr angeboten werden [Leitlinien: S3-Leitlinie].
  • Bei HNPCC-Patienten und Risikopersonen für HNPCC sollte ab dem 35. Lebensjahr zusätzlich zur Koloskopie (Darmspiegelung) regelmäßig eine ÖGD (Ösophago-Gastro-Duodenoskopie; Spiegelung von Speiseröhre, Magen und Zwölffingerdarm) durchgeführt werden [Leitlinien: S3-Leitlinie].

Sekundärprävention

Die Sekundärprävention richtet sich an Personen mit erhöhtem Risiko oder ersten Symptomen:

  • Früherkennung und Monitoring
    • Endoskopische Untersuchungen bei Risikopatienten, insbesondere bei Personen mit chronischer Gastritis oder H.-pylori-Infektion.
  • Therapie der Vorstufen
    • Behandlung präkanzeröser Läsionen wie atrophischer Gastritis oder intestinaler Metaplasie.

Tertiärprävention

Die Tertiärprävention zielt auf die Vermeidung von Komplikationen und Verbesserung der Lebensqualität:

  • Langfristige Betreuung
    • Regelmäßige onkologische Nachsorge bei Patienten nach einer Operation oder Therapie.
  • Ernährungsberatung
    • Unterstützung bei der Anpassung der Ernährung nach Magenresektionen, um Mangelerscheinungen vorzubeugen.
  • Psychosoziale Unterstützung
    • Therapie zur Bewältigung von Lebensveränderungen durch die Erkrankung.

Literatur

  1. Schmidt E, Schmidt N: Leitfaden Mikronährstoffe. Urban & Fischer Verlag; München, Februar 2004
  2. Deutsches Krebsforschungszentrum. Tabakatlas Deutschland 2015. Heidelberg
  3. Secretan B, Straif K, Baan R et al.: A review of human carcinogens – Part E: tobacco, areca nut, alcohol, coal smoke, and salted fish. Lancet Oncol. 2009 Nov;10(11):1033-4.
  4. Kasper H: Ernährungsmedizin und Diätetik.11. Auflage, Urban & Fischer, München, 2009
  5. Cuzick J et al.: Estimates of benefits and harms of prophylactic use of aspirin in the general population. Annals of Oncology 2014. doi: 10.1093/annonc/mdu225
  6. Yu XF, Zou J, Dong J: Fish consumption and risk of gastrointestinal cancers: A meta-analysis of cohort studies. World J Gastroenterol. 2014 Nov 7;20(41):15398-412. doi: 10.3748/wjg.v20.i41.15398.
  7. Ma SH et al.: Impact of alcohol drinking on gastric cancer development according to Helicobacter pylori infection status. BJC 2015; online 17. September. doi: 10.1038/bjc.2015.333
  8. Moore SC et al.: Association of Leisure-Time Physical Activity With Risk of 26 Types of Cancer in 1.44 Million Adults. JAMA Intern Med. Published online May 16, 2016. doi:10.1001/jamainternmed.2016.1548
  9. Lauby-Secretan B et al.: Body Fatness and Cancer – Viewpoint of the IARC Working Group N Engl J Med 2016; 375:794-798 August 25, 2016 doi: 10.1056/NEJMsr1606602
  10. Rota M et al.: Alcohol consumption and gastric cancer risk – A pooled analysis within the StoP project consortium. IJC 8 August 2017 doi: 10.1002/ijc.30891
  11. Yuan X et al.: Night Shift Work Increases the Risks of Multiple Primary Cancers in Women: A Systematic Review and Meta-analysis of 61 Articles. Cancer Epidemiol Biomarkers Prev; 27(1); 25-40. doi: 10.1158/1055-9965.EPI-17-0221
  12. Bouvard V, Loomis D, Guyton KZ, Grosse Y, El Ghissassi F, Benbrahim-Tallaa L, Guha N, Mattock H, Straif K, International Agency for Research on Cancer Monograph Working Group: Carcinogenicity of consumption of red and processed meat. Lancet Oncology 2015; doi: 10.1016/S1470-2045(15)00444-1 
  13. World Cancer Research Fund: Diet, nutrition, physical activity and cancer: a global perspective – the third expert report. 2018
  14. Arends J, Bertz H, Bischoff S, Fietkau R, Herrmann H, Holm E et al.: S3-Leitline der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM) in Kooperation mit der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie e. V. (DGHO), der Arbeitsgemeinschaft „Supportive Maßnahmen in der Onkologie, Rehabilitation und Sozialmedizin“ der Deutschen Krebsgesellschaft (ASORS) und der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für klinische Ernährung (AKE). Aktuelle Ernährungsmedizin 40(05):e1-74, 2015
  15. Freijer K, Tan SS, Koopmanschap MA, Meijers JMM, Halfens RJG, Nuijten MJC: The economic costs of disease related malnutrition. Clin Nutr. 2013 Feb;32(1):136-41. doi: 10.1016/j.clnu.2012.06.009.
  16. Kronsteiner-Gicevic S et al.: Adding salt to food at table as an indicator of gastric cancer risk among adults: a prospective study Gastric Cancer (2024). https://doi.org/10.1007/s10120-024-01502-9

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Magenkarzinom – Diagnostik und Therapie der Adenokarzinome des Magens und ösophagogastralen Übergangs. (AWMF-Registernummer: 032-009OL), August 2019 Kurzfassung Langfassung