Leberkrebs (Leberzellkarzinom) – Einleitung
Das hepatozelluläre Karzinom (HCC) (primäres Leberzellkarzinom) – umgangssprachlich Leberkrebs genannt – ist mehr als 98,5 % der häufigste maligne (bösartige) primäre Lebertumor und steht weltweit an zweiter Stelle der tumorbedingten Todesfälle [1].
Hepatozelluläre Karzinome (HCC) machen etwa 90 % der primären Lebermalignome aus.
Es ist weltweit das fünfthäufigste Karzinom.
Anatomie und Funktionen
Die Leber, als zentrales Stoffwechselorgan, liegt im rechten Oberbauch und erfüllt zahlreiche lebenswichtige Funktionen:
- Stoffwechsel: Umwandlung und Speicherung von Nährstoffen.
- Entgiftung: Abbau und Ausscheidung von toxischen Substanzen.
- Produktion: Synthese von Plasmaproteinen (z. B. Albumin) und Gerinnungsfaktoren.
- Verdauung: Produktion der Gallenflüssigkeit zur Fettverdauung.
Formen der Erkrankung
Histologische Klassifikation
- Klassisches hepatozelluläres Karzinom (HCC): Häufigste Form, etwa 90 % der Fälle.
- Fibrolamelläres Karzinom: Seltene Sonderform, tritt bei etwa 1 % der Betroffenen auf, Altersgipfel um das 23. Lebensjahr.
- Cholangiozelluläres Karzinom: Bösartige Neubildung, die von den Gallengängen ausgeht.
Lokalisation
- Rechter Leberlappen: Am häufigsten betroffen.
- Linker Leberlappen: Seltener betroffen.
- Beidseitig: In fortgeschrittenen Stadien möglich.
Molekulares Profil
- Genetische Veränderungen: Mutationen in Tumorsuppressorgenen (z. B. TP53) und Onkogenen (z. B. CTNNB1).
- Epigenetische Modifikationen: Hypermethylierung von Promotorregionen tumorassoziierter Gene.
Ursachen
- Chronische Virushepatitiden: Hepatitis B und C.
- Leberzirrhose: Häufigste Vorstufe, unabhängig von der Ursache (z. B. Alkohol, Fettleber).
- Aflatoxine: Schimmelpilzgifte, insbesondere in tropischen Regionen.
- Genetische Prädisposition: Erbkrankheiten wie Hämochromatose.
Differentialdiagnosen
- Metastasen in der Leber: Sekundäre Tumoren, die von anderen Organen streuen.
- Fokale noduläre Hyperplasie: Gutartige Lebertumoren.
- Hepatozelluläres Adenom: Gutartige Tumoren der Leberzellen.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Männer zu Frauen beträgt 4 : 1.
Häufigkeitsgipfel: Maximum des Auftretens zwischen dem 5. und 6. Lebensjahrzehnt. Das fibrolamelläre Karzinom tritt häufig um das 23. Lebensjahr auf.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Weltweit variabel, in Europa 6-10 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr. In Ost- und Südostasien sowie Subsahara-Afrika aufgrund der hohen Prävalenz von chronischen Virushepatitiden deutlich höher.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Früherkennung: Entscheidend für den Therapieerfolg.
- Tumorwachstum: Meist aggressiv und schnell wachsend.
- Rezidivrate: Bis zu 70 % innerhalb von fünf Jahren nach Resektion (operative Entfernung). Unabhängige Risikofaktoren für ein Spätrezidiv (Auftreten einer Wiedererkrankung) zwei Jahre nach einer Resektion sind relevant.
- Fibrolamelläre Karzinom: Bei gesunder Leber gut resezierbar (operativ entfernbar), mit guter Prognose.
Prognose
- Große Tumoren: Schlechte Prognose, mediane Überlebensdauer nach Diagnosestellung ca. 6 Monate.
- Kleine Tumoren: Medianes Überleben nach 1 Jahr 81 %, nach 2 Jahren 56 %, nach 3 Jahren 28 %.
- 5-Jahres-Überlebensrate: Circa 15 %.
Beachte: Patienten mit einem Leberzellkarzinom sollten laut Leitlinie vor einer Behandlung und auch bei Änderung der Therapiestrategie in einer interdisziplinären Tumorkonferenz vorgestellt werden.
Literatur
- Gomaa AI, Waked I: Recent advances in multidisciplinary management of hepatocellular carcinoma. World J Hepatol. 2015 Apr 8; 7(4): 673-687. doi: 10.4254/wjh.v7.i4.673.
Leitlinien
- Patientenleitlinie: Leberkrebs; Ratgeber für Patientinnen und Patienten. September 2021. Leitlinienprogramm Onkologie
- S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karzinome. (AWMF-Registernummer: 032-053OL), August 2023 Kurzfassung Langfassung