Krebserkrankungen – Prävention

Zur Prävention von Tumorerkrankungen (Krebserkrankungen) muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.

Verhaltensbedingte Risiken

  • Ernährung   
    • Eine hohe Gesamtfettaufnahme steht im Zusammenhang mit einer erhöhten Häufigkeit für Mammakarzinom, kolorektales Karzinom, Prostatakarzinom und Endometriumkarzinom (Brust-, Dickdarm-, Mastdarm-, Prostata- und Gebärmutterkrebs).
    • Zahlreiche Studien belegen, dass Menschen, die sich fleisch- und wurstarm ernähren, seltener an malignen Tumoren erkranken. Das wird vor allem darauf zurückgeführt, dass bei vorwiegend ovo-lacto-vegetarischer Ernährung mehr Mikronährstoffe und bioaktive Substanzen, die antikanzerogen (krebshemmend) wirken, sowie viele Ballaststoffe zugeführt werden.
      Beachte: Verzehr von verarbeitetem Fleisch wurde von der IARC (Internationale Agentur für Krebsforschung) als kanzerogen für den Menschen eingestuft; Verzehr von rotem Fleisch als wahrscheinlich kanzerogen [27].
    • Geräucherte und gepökelte sowie nitrat- und nitritreiche Lebensmittel
      • Benzpyren entsteht beim Toasten und Holzkohlegrillen. Es gilt als Risikofaktor für Magen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs.
        Es kommt in allen gegrillten, geräucherten oder angebrannten Lebensmitteln vor.
        Auch Zigarettenrauch enthält Benzpyren, das wiederum zu Lungenkrebs führen kann.
      • Nitrat ist eine potenziell toxische Verbindung: Nitrat wird im Körper durch Bakterien (Speichel/Magen) zu Nitrit reduziert. Nitrit ist ein reaktives Oxidans, das bevorzugt mit dem Blutfarbstoff Hämoglobin reagiert und diesen in Methämoglobin umwandelt. Des Weiteren bilden Nitrite (unter anderem auch enthalten in gepökelten Wurst- und Fleischwaren sowie gereiftem Käse) mit sekundären Aminen (enthalten in Fleisch- und Wursterzeugnissen, Käse und Fisch) Nitrosamine, die genotoxisch und mutagen wirken. Sie begünstigen die Entstehung von Ösophaguskarzinom, Magenkarzinom, Pankreaskarzinom und Leberkarzinom (Speiseröhren-, Magen-,  Bauchspeicheldrüsen- und Leberkrebs).
        Die tägliche Aufnahme von Nitrat erfolgt in der Regel zu circa 70 % durch den Verzehr von Gemüse (Feld- und Kopfsalat, Grün-, Weiß- und Chinakohl, Kohlrabi, Spinat, Radieschen, Rettich, Rote Bete), 20 % aus Trinkwasser (Stickstoffdünger) und 10 % aus Fleisch und Fleischwaren sowie Fisch. 
    • Meiden von Lebensmitteln mit:
      • Acrylamid (Gruppe-2A-Karzinogen) – wird metabolisch zu Glycidamid aktiviert, einem genotoxischen Metaboliten; es wurde ein Zusammenhang zwischen einer Exposition gegenüber Acrylamid und dem Risiko für einen östrogenrezeptor-positiven Brustkrebs nachgewiesen [1].
        Acrylamid entsteht bei der Überhitzung von Stärke, also beim Backen, Braten, Rösten, Grillen und Frittieren. Wenn kartoffel- und getreidehaltige Lebensmittel trocken über 180 °C erhitzt werden, wird besonders viel Acrylamid gebildet. Knäckebrot, Pommes Frites, Kartoffelchips, aber auch Kaffee, enthalten hohe Mengen an Acrylamid.
      • Aflatoxine werden von Schimmelpilzen gebildet und begünstigen die Entstehung von Lebertumoren, Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom) und Magenkrebs (Magenkarzinom).
        Aflatoxine kommen in allen verschimmelten Lebensmitteln vor, z. B. in verschimmeltem Getreide, Brot und Obst. Betroffen ist vor allem die Maisproduktion in den USA oder in tropischen Ländern. Besonders hoch ist der Aflatoxingehalt häufig in Erdnüssen, aber auch in Hasel- und Paranüssen sowie Pistazien und Mandeln. Auch immer wieder mit Aflatoxinen belastet sind getrocknete Früchte, vor allem Feigen und zahlreiche Gewürze wie Chili, Paprika, Pfeffer, Muskatnuss, Ingwer oder Gelbwurz.  
    • Eine negative Korrelation existiert zwischen Obst-/Gemüseverzehr und Lungen-, Brust-, Mundhöhlen-, Dickdarm-, Prostata-, Gebärmutterhals und Blasenkrebs.
    • Ballaststoffe schützen vor kolorektale Karzinome (Dickdarm- und Mastdarmkrebs).
    • Hoher Salzkonsum [24]
    • Verzehr von hoch verarbeiteten Nahrungsmitteln („Ultra-processed Foods“, UPF): Lebensmittel die mit viel Salz, Fett und Zucker/Süßstoffen geschmacklich optimiert sind: Mit jedem Anteil der UPF an der Nahrung um 10 %-Punkte stieg das Gesamtrisiko einer Krebserkrankung um 2 % und das Risiko eines Ovarialkarzinoms um 19 % [29].
  • Genussmittelkonsum
    • Alkohol (Frauen mehr als 10 g pro Tag; Männer mehr als 20 g pro Tag) – fördert die Entwicklung von Lungen-, Brust-, Mundhöhlen-, Speiseröhren-, Magen- und Bauchspeicheldrüsenkrebs (hier exzessiver Konsum) sowie Mast- und Dickdarmkrebs.
    • Tabak (Rauchen, Passivrauchen)
      • Erhöht das Risiko für Lungen-, Mundhöhlen-, Kehlkopf- und Brustkrebs (Studien zeigen, dass Passivrauchen die Entwicklung eines Brustkrebses besonders bei Frauen vor der Menopause (Wechseljahre) fördert) [16, 17]; Tabakkonsum (exklusive Passivrauchen) – erhöht das Risiko für Lungen-, Mundhöhlen-, Rachen-, Kehlkopf-, Speiseröhren-, Magen-, Bauchspeicheldrüsen-, Dickdarm- und Mastdarmkrebs, Nieren-, Blasen- und Harnleiterkrebs (wg. aromatischer Amine im Tabakrauch), Brust- und Gebärmutterhalskrebs sowie für Leukämie [16, 17].
      • Kautabak – Erhöht das Risiko für orale Karzinome (Mundhöhlenkrebs) und Karzinome des Pharynx (Rachenkrebs).
      • E-Zigaretten und Tabakerhitzer – Enthalten krebserregende Stoffe wie Formaldehyd und Acrolein, deren Langzeitwirkung auf das Krebsrisiko jedoch bislang nicht vollständig untersucht ist.
  • Körperliche Aktivität
    • Geringe körperliche Aktivität [24]
    • Langes Sitzen – wer die meiste Zeit im Sitzen verbringt, hat ein um 50 % erhöhtes Risiko, an Krebs zu sterben [28].
    • Übermäßige sportliche Belastung – Kann bei schlecht dosierten oder extremen Trainingsprogrammen zu oxidativem Stress führen, der DNA-Schäden begünstigt.
    • Fehlende muskuläre Stärkung – Eine zu einseitige Belastung, ohne die Muskulatur ausreichend zu stärken, erhöht das Risiko für muskuloskelettale Schwächen, die langfristig zu entzündlichen Prozessen führen können, welche Tumorentstehung begünstigen.
  • Psycho-soziale Situation
    • Hoher Arbeitsstress+ 24 % Bronchialkarzinom (Lungenkrebs), + 36 % Kolorektalkarzinom (Karzinome des Kolons (Dickdarm) und des Rektums (Mastdarm)),  + 112 % Ösophaguskarzinom (Speiseröhrenkrebs) [26]
    • Nachtdienst (Krebsrisiko: + 19 Prozent) [26]
    • Wochenarbeitszeit > 52 Stunden [22]
    • Chronische Angststörungen – Langfristige Stressbelastung kann über neuroendokrine Mechanismen zur Schwächung der Immunabwehr und einer gesteigerten Entzündungsneigung führen, was das Krebsrisiko erhöht.
  • Schwangerschaft/Stillzeit
    • Frühe Menarche und späte Menopause – Verlängerte Exposition gegenüber Östrogen erhöht das Risiko für hormonabhängige Tumoren wie Mammakarzinom und Endometriumkarzinom.
    • Späte erste Schwangerschaft – nach dem 30. Lebensjahr – circa dreifach erhöhtes Risiko für ein Mammakarzinom (Brustkrebs) [3]
    • Kurze Stillphase – je kürzer die Stillphase, desto höher das Risiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken. Dieses ergab eine Metastudie [2]
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas) – ein erhöhtes Körpergewicht und die Energiezufuhr sind Risikofaktoren für Brust-, Dickdarm-, Prostata-, Gebärmutterschleimhaut-, Gebärmutterhals-, Nieren- und Schilddrüsenkrebs [4].  
  • Androide Körperfettverteilung, das heißt abdominales/viszerales, stammbetontes, zentrales Körperfett (Apfeltyp) – es liegt ein hoher Taillenumfang bzw. ein erhöhter Taille-Hüft-Quotient (THQ; englisch: waist-to-hip-ratio (WHR)) vor – z. B. beim Mamma- und Prostatakarzinom (Brust- und Prostatakrebs)

Medikamente

  • Östrogentherapie – z. B. Hormonersatztherapie über mehr als fünf Jahre erhöht das Brustkrebsrisiko
  • Testosterontherapie – Promotor eines Prostatakrebs
  • Nach dem aktuellen Stand der Wissenschaft erhöhen orale Kontrazeptiva (Antibaby-Pille) das Risiko an einem Mammakarzinom (Brustkrebs) zu erkranken – noch nicht vollständig wissenschaftlich erforscht – nur um den Faktor 1,2 bis 1,5 bei einer Einnahme von mehr als fünf Jahren [2]
  • Einige Zytostatika erhöhen das Risiko eines Zweittumors
  • "Eisenüberladung" – Nicht gebundenes, freies Eisen wirkt zytotoxisch, das heißt zellschädigend [1]. Eisen wird auch als Prooxidans im Zusammenhang mit der Entstehung kardiovaskulärer Erkrankungen – wie beispielsweise Koronare Herzkrankheit (KHK; Erkrankung der Herzkranzgefäße) mit der Folge eines Myokardinfarkts (Herzinfarkt) – und neurodegenerativer Erkrankungen – beispielsweise Morbus Alzheimer oder Morbus Parkinson – und als Promotor von Tumorerkrankungen diskutiert.
    Als zugrunde liegender Mechanismus wird vermutet, dass Eisen über seine katalytische Schlüsselfunktion bei der Bildung zytotoxischer Sauerstoff- und Hydroxylradikale oxidativen Stress begünstigt, zum Beispiel im Verlauf von Fenton- und Haber-Weiss-Reaktionen [2, 3].
    Personen, die beispielsweise an einer Hämochromatose (Eisenspeicherkrankheit) erkrankt sind, weisen ein erhöhtes Risiko für Leberzellkrebs auf [4]. Zudem zeigte sich in einer Studie aus den USA, dass ein erhöhter Serum-Eisenspiegel mit einem erhöhten Risiko für Tumorerkrankungen verbunden ist [5].

Strahlenbelastung

  • Auftreten maligner Weichgewebetumoren (Sarkome) nach vorangegangener Radiatio (Strahlentherapie)
  • Exposition gegenüber ionisierender Strahlung
    • Computertomographie (CT) im Kindesalter – ZNS-Tumoren (Risiko: 1,35-fach); Leukämien Risiko: 1,72-fach) [1]
    • UV-Strahlung (u. a. auch Solariumnutzung) – aktinische Keratose (Krebsvorstufe; Risikofaktor für ein Plattenepithelkarzinom), Plattenepithelkarzinom der Haut, Basalzellkarzinom (BZK; Basaliom; 10 mal häufiger als das maligne Melanom), malignes Melanom
    • Radiotherapie/Strahlentherapie (z. B. beim Morbus Hodgkin, Prostatakarzinom)
    • Röntgen- oder Gammastrahlung – Bronchialkarzinom (Radon!), Mammakarzinom (Brustkrebs), Leukämie, Schilddrüsenkarzinom

Umweltbelastung – Intoxikationen

  • Inhalation von Kohlestaub (Bergleute) – Bronchialkarzinom (Lungenkrebs)
  • Karzinogene wie:
    • Aromatische Amine (wie z. B. Anilin, Toluidine, Naphtylamine etc. und deren Abkömmlinge; Ausgangsstoff für Arzneimittel, Kunststoffe, Pflanzenschutzmittel oder Farbstoffe) – Harnblasenkarzinom (Blasenkrebs)
    • Asbest – Lungenkrebs; Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs); Pleuramesotheliom (ein von den Mesothelzellen (Zölomepithel) ausgehender maligner (bösartiger) Tumor der Pleura, d. h. des Brustfells), Peritonealmesotheliom (ein von den Mesothelzellen (Zölomepithel) ausgehender maligner (bösartiger) Tumor des Peritoneums, d. h. des Bauchfells)
    • Arsen – (Haut, Leber, Lunge) – Latenzzeit 15-20 Jahre
    • Benzol – Leukämie (Blutkrebs)
    • Benzpyren– findet sich in Abgasen, Rauch und Teer. Es gilt als Risikofaktor für ein Magenkarzinom (Magenkrebs) und Prostatakarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs). Auch Zigarettenrauch enthält Benzpyren, das wiederum zu einem Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) und Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs) führen kann.
    • Cadmium – Prostatakrebs (Prostatakrebs)
    • Chrom (VI)-Verbindungen – Lebertumoren, nicht näher bezeichnet
    • Nickel – Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) sowie Tumoren der inneren Nase und der Nebenhöhlen
    • Chlorkohlenwasserstoffe (CKW) – eine Gruppe organisch-chemischer Verbindungen, in der besonders gefährliche Umweltschadstoffe vertreten sind. Anwendungsbereiche: Holzschutz-, Reinigungs-, Lösungs- und Pflanzenschutzmittel, Weichmacher in Farben und Kunststoffen sowie zur Kunststoffherstellung. Unter ungünstigen Verbrennungsbedingungen entstehen andere, z. T. toxische CKW wie z. B. Dioxine.
    • Polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK; Benzpyren, Benzanthracen, Methylcholanthren) – Benzpyren gilt als Risikofaktor für ein Magenkarzinom (Magenkrebs) und Prostatakarzinom (Bauchspeicheldrüsenkrebs). Auch Zigarettenrauch enthält Benzpyren, das wiederum zu einem Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) und Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs) führen kann.
    • Polyzyklische Kohlenwasserstoffe (PAH, enthalten in Dieselabgasen; Ausscheidung von PAH-Metabolite über die Nieren) – Risikofaktor für das Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) und Urothelkarzinom (Krebs des Übergangsgewebes (Urothel), das die ableitenden Harnwege auskleidet)
    • Radon in Innenräumen – Bronchialkarzinom (Lungenkrebs), malignes Melanom
  • Kontakt mit
    • in Ruß enthaltenem Benzo(a)pyren (1,2-Benzpyren) (Schornsteinfeger) – Hodenkarzinom (Hodenkrebs)
    • in Teer und Bitumen – Bronchialkarzinom (Lungenkrebs); Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs)
    • Braunkohleteeren (Braunkohlearbeiter) – Hauttumore
    • Feinstaub – Bronchialkarzinom (Lungenkrebs)
    • Fuchsin – Harnblasenkarzinom (Blasenkrebs)
    • halogenierten Ethern („Haloethern“), insbesondere Dichlordimethylether – Bronchialkarzinom (Lungenkrebs)
    • Holzstaub – Tumoren der inneren Nase und der Nebenhöhlen

Weitere Risikofaktoren

  • Freie Radikale – diese reagieren u. a. mit dem Zellkern und der Erbinformation (DNS). Das Ergebnis dieser oxidativen DNA-Schädigungen sind beispielsweise Punktmutationen und Enzymstörungen, die zu erheblichen Störungen der Zellfunktionen und damit der Stoffwechselprozesse führen. Auch im Alter nehmen ROS-bedingte Mutationen (ROS = reaktive Sauerstoff-Derivate) zu. Davon betroffen sind insbesondere die Mitochondrien

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)

  • Kinderzahl: In kinderreichen Familien erkranken die Eltern seltener an Krebs. Dieses gilt für:
    • Mammakarzinom (Brustkrebs), Endometriumkarzinom (Gebärmutterschleimhautkrebs) und Ovarialkarzinom (Eierstockkrebs) wg. verminderte Zahl der Ovulationen (Eisprung) und die damit verbundene geringere Exposition gegenüber Östrogenen sowie die Oxytocinsekretion nach der Geburt des Kindes
    • Hirntumoren, Blasen-, Bronchial(Lungen)-, Magen-, Haut- und Kolon(Dickdarm)karzinom sowie für Krebserkrankungen insgesamt [25]
  • Ernährung
    • Verzehr von einer Handvoll Nüssen (Cashewnüsse, Haselnüsse, Mandeln, Pekannüsse, Pistazien, Walnüsse) am Tag führte zu einer Krebs-Risikoreduktion um 15 % [19].
    • Die gesundheitsfördernde Wirkung von Nüssen beruht wahrscheinlich auf dem Aktivitätsanstieg der Schutzenzyme Katalase und Superoxiddismutase, die die körpereigene Abwehr zu Entgiftung von reaktiven Sauerstoffspezies aktivieren [20].
    • Omega-3-Fettsäuren – Fördern entzündungshemmende Prozesse und können das Risiko für Darm- und Brustkrebs senken.
    • Curcumin und Resveratrol – Diese Polyphenole zeigen in Studien antikanzerogene Eigenschaften und könnten protektiv wirken.
  • Genussmittel
    • Grüner Tee – Untersuchungen der Magenkarzinom (Magenkrebs)-Häufigkeit zeigen, dass Flavonoide das Wachstum von Magenkarzinomzellen hemmen. Da besonders in den Regionen Chinas und Japans traditionell viel grüner Tee getrunken wird, zeigten dort Männer wie Frauen eine fünffach geringere Mortalitätsrate an Magenkarzinom als die durchschnittliche Bevölkerung
      Eine hohe Aufnahme von Flavonoiden in Form von Grüntee bewirkt beim Menschen ein niedrigeres Risiko an Magen-, Kolonkarzinom (Dick- und Mastdarmkrebs) und Mammakarzinom (Brustkrebs) zu erkranken [9].
      Hinweis!
      Patienten, die mit Bortezomib (Zytostatikum) behandelt werden, sollten sicherheitshalber keinen grünen Tee trinken bzw. EGCG-Produkte (Epigallocatechin-3-gallat) meiden, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Wirkung von Bortezomib beeinträchtigt wird [15].
    • Nichtrauchen, wenig Alkohol (≤1 Drink/d für Frauen, ≤2 Drinks/d für Männer), kein Übergewicht (18.5-27.5) und viel Bewegung kann die Krebsinzidenz um bis zu 70 % zu reduzieren und die Mortalitätsrate um mindestens 50 % halbieren [18].
  • Sport
    • Körperlich sehr aktive Menschen haben ein geringeres Risiko für Kolonkarzinome (Dick- und Mastdarmkrebs) [10].
    • Risikoreduktion für hormonabhängige Mammakarzinome (Brustkrebs) wird auf 30 % geschätzt (circa zwei Stunden gehen und eine Stunde Fahrradfahren am Tag) [14]
    • Frauen mit einem kolorektalen Karzinom/Krebs des Dickdarms (Kolon) oder des Mastdarms (Rektum) (im Stadium I bis III) – mindestens 18 Stunden wöchentliches Training („metabolic equivalent test“) führten bei nicht metastasiertem kolorektalen Karzinom zu einer hochsignifikanten Verbesserung der Überlebensrate [11].
    • Sportliche Aktivität (mindestens 60 Minuten leichte sportliche Aktivität) bei Männern reduziert die Tumorhäufigkeit (12 %↓) und die Überlebenschancen (30 Minuten reduzieren die Mortalitätsrate um 33 %) im Falle einer Erkrankung [12]
      Fazit: Je mehr Bewegung, desto höher die Risikoreduktion. Empfohlen werden mindestens 30 Minuten schnelles Gehen, Joggen oder Fahrradfahren an mindestens fünf Tagen in der Woche (besser 45 bis 60 Minuten). Andere Sportarten wie Schwimmen oder Skilanglauf sind ebenfalls geeignet.
    • Kombination von Ausdauer- und Krafttraining – Studien legen nahe, dass die Kombination aus beiden Trainingsformen effektiver ist, um das Krebsrisiko zu senken, als jede Aktivität allein.
  • Sonnenschutz
    • Sonnenschutz zur Hautkrebsprophylaxe, d. h. Vermeidung akuter und chronischer UV-Schäden – wg. aktinische Keratose (Krebsvorstufe; Risikofaktor für ein Plattenepithelkarzinom), Plattenepithelkarzinom der Haut), Basaliom (Basalzellkarzinom; 10-mal häufiger als das Melanom), Melanom
    • Breitspektrumschutz mit hoher SPF (Sonnenschutzfaktor) – Ein UV-Schutz mit SPF ≥ 50 wird empfohlen, insbesondere für Personen mit hellem Hauttyp.
  • Medikamentöse Prävention
    • Vitamin-D-Supplementierung: 800-1.000 IE/Tag
    • Vitamin-K-Antagonisten (VKA) – Risikoreduktion von 16 % für Krebsneuerkrankungen; Mammakarzinom (Brustkrebs) 10 %, Bronchialkarzinom (Lungenkrebs) 20 %, Prostatakarzinom (Prostatakrebs) 31 %; chemoprotektiver Effekts von Warfarin möglicherweise, weil der Wirkstoff den Signalweg (GAS6-AXL) hemmt, der unabhängig von den gerinnungshemmenden Effekten die Tumorgenese fördert [21]
    • Acetylsalicylsäure (ASS) – Niedrig dosiert senkt sie das Risiko für kolorektale Karzinome, jedoch nur bei langjähriger Einnahme und unter Berücksichtigung der Nebenwirkungen.

Sekundärprävention

Die Sekundärprävention richtet sich an Personen mit einem erhöhten Risiko für Tumorerkrankungen oder an Patienten in einem frühen Stadium der Erkrankung. Ziel ist es, die Erkrankung frühzeitig zu erkennen und Fortschreiten oder Komplikationen zu verhindern:

  • Früherkennungsmaßnahmen
    • Regelmäßige Krebsvorsorgeuntersuchungen (z. B. Mammographie, Koloskopie (Darmspiegelung), Hautscreening).
    • Gentests bei familiärer Häufung von Tumorerkrankungen (z. B. BRCA1/2-Mutation bei Brustkrebs).
    • Tumormarker-Messungen bei bestimmten Risikogruppen.
  • Gesundheitsscreenings
    • Screening-Programme für häufige Tumorarten wie Darmkrebs, Brustkrebs und Hautkrebs.
    • Prophylaktische Überwachungsmaßnahmen bei präkanzerösen Läsionen (z. B. Polypenentfernung im Darm).
  • Interventionelle Maßnahmen
    • Entfernung von präkanzerösen Veränderungen (z. B. bei Gebärmutterhalsdysplasien durch Konisation).
    • Einsatz von Arzneimitteln wie Tamoxifen oder Raloxifen: Diese Substanzen werden zur Chemoprävention bei Hochrisikopatientinnen eingesetzt, insbesondere zur Senkung des Risikos für hormonabhängige Tumoren wie Mammakarzinom (Brustkrebs) bei Frauen mit einer positiven Familienanamnese oder nachweisbarer BRCA-Mutation.
  • Verhaltensmodifikation
    • Aufklärung über individuelle Risikofaktoren wie Rauchen, Alkohol, ungesunde Ernährung und Bewegungsmangel.
    • Beratung zur Gewichtskontrolle und Förderung körperlicher Aktivität.

Tertiärprävention

Die Tertiärprävention zielt darauf ab, das Fortschreiten bestehender Tumorerkrankungen zu verhindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu erhalten oder zu verbessern:

  • Nachsorgeprogramme

    • Regelmäßige ärztliche Kontrollen zur Überwachung eines Tumorrezidivs (Wiederauftreten der Erkrankung) oder von Metastasen (Tochtergeschwülste).
    • Überprüfung des Behandlungserfolgs durch bildgebende Verfahren wie CT, MRT oder PET.
  • Therapieoptimierung
    • Individualisierte Chemotherapie, Strahlentherapie oder Immuntherapie, angepasst an das Fortschreiten der Erkrankung.
    • Palliativmedizinische Maßnahmen zur Symptomkontrolle bei fortgeschrittener Erkrankung.
  • Rehabilitationsmaßnahmen
    • Psychosoziale Unterstützung und Beratung zur Krankheitsbewältigung.
    • Physiotherapie zur Wiederherstellung von Mobilität und Funktionalität nach operativen Eingriffen.
    • Ernährungsberatung, um Mangelernährung oder Gewichtsverlust entgegenzuwirken.
  • Langzeitmanagement
    • Förderung eines gesunden Lebensstils, um die Genesung zu unterstützen und erneuten Tumorerkrankungen vorzubeugen.
    • Monitoring von Nebenwirkungen der Krebstherapie, insbesondere Langzeitfolgen wie Kardiotoxizität (Substanzen bzw. Arzneistoffe, die das Herz auf verschiedene Weise beeinträchtigen oder schädigen können) oder sekundäre Tumoren (Zweitumoren).

Literatur

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Leitlinien

  1. Patientenleitlinie: Supportive Therapie – Vorbeugung und Behandlung von Nebenwirkungen einer Krebsbehandlung; Ratgeber für Patientinnen und Patienten. Februar 2018. Leitlinienprogramm Onkologie