Kehlkopfkrebs (Larynxkarzinom) – Strahlentherapie

Übersicht Standards der Therapie des Larynxkarzinom [s. u. S3-Leitlinie]

T-Kategorie Teilresektion (TR)
TLM*, TORS**, offene TR
Laryngektomie Bestrahlung/multimodaler Organerhalt
Supraglottische Karzinome
T1 x   x
T2 x (x) Einzelfälle x
T3 x x x
T4a (x) Einzelfälle x x
T4b*     x Prim. Radiochemotherapie
Glottische Karzinome
T1 x   Kleinfeldbestrahlung
T2 x   x Kleinfeldbestrahlung
T3 x X Prim. Radiochemotherapie
T4a (x) Einzelfälle X Prim. Radiochemotherapie
T4b     Prim. Radiochemotherapie
Subglottische Karzinome
T1 (x) Einzelfälle x (x) Einzelfälle
T2   x (x) Einzelfälle
T3   x Prim. Radiochemotherapie
T4a   x Prim. Radiochemotherapie
T4b     Prim. Radiochemotherapie

Legende: *TLM: transorale Lasermikrochirurgie; **TORS: "transoral robotic surgery"

Strahlentherapie beim Larynxkarzinom 

Die Strahlentherapie (Bestrahlung) ist ein zentraler Bestandteil der Behandlung des Larynxkarzinoms (Kehlkopfkrebs), insbesondere in multimodalen Therapiekonzepten. Sie sollte als Intensitätsmodulierte Strahlentherapie (IMRT) durchgeführt werden, da diese eine exakte Dosisanpassung an das Zielvolumen (Tumorgewebe) und eine optimale Schonung umliegender Risikoorgane (gesunder Gewebebereich) ermöglicht (Evidenzgrad [EG]: B, Level of Evidence [LoE]: 1a).

  • Primäre Strahlentherapie (Bestrahlung als Hauptbehandlung): Bei Patienten mit lokalisierten Tumoren (auf einen Bereich begrenzte Tumoren), insbesondere in frühen Stadien, ist die definitive Strahlentherapie eine bewährte Alternative zur operativen Behandlung.
  • Adjuvante Strahlentherapie (Bestrahlung nach einer Operation): Nach operativer Tumorresektion (Entfernung des Tumors) bei fortgeschrittenen Stadien oder bei unvollständiger Resektion (nicht vollständiger Entfernung).
  • Radiochemotherapie (Kombination aus Bestrahlung und Chemotherapie): Bei fortgeschrittenen Tumoren (T3/T4) als Alternative zur Laryngektomie (Kehlkopfentfernung).

Die Dosis in den elektiv zu bestrahlenden Lymphknotenleveln (Lymphknoten in der Nähe des Tumors) sollte je nach Risiko zwischen 50 Gy und 60 Gy mit Einzeldosen von 1,5 bis 2,0 Gy betragen (EG: B; LoE: 1b).

Bei einer primären Strahlentherapie (alleinige Bestrahlung als Hauptbehandlung) beträgt die intensitätsmodulierte Strahlendosis ca. 70 Gy im Tumorgebiet.

Therapie im Einzelnen

Supraglottische Karzinome (Tumoren oberhalb der Stimmbänder)

  • T1- und T2-Karzinome (kleinere Tumoren): Transorale Lasermikrochirurgie (TLM, minimal-invasive Laserchirurgie) oder transorale Roboter-assistierte Chirurgie (TORS, roboterunterstützte Operation).
  • T3-Karzinome (fortgeschrittene Tumoren): Vertikale frontolaterale Teilresektion des Kehlkopfes (Teilentfernung des Kehlkopfes) nach Leroux-Robert oder externe klassische Teilresektion nach Alonso.
  • T3- bis T4a-Karzinome (sehr fortgeschrittene Tumoren), bei denen eine Teilresektion nicht mehr möglich ist: Laryngektomie (Kehlkopfentfernung) mit einem Sicherheitsabstand von mindestens 5 mm.
  • Strahlentherapie kann entfallen, wenn
    • vollständige Resektion (vollständige Entfernung) mit > 5 mm Sicherheitsabstand erreicht wurde,
    • eine ein- oder beidseitige Neck-Dissection (Entfernung der Lymphknoten im Halsbereich) mit > 10 nicht befallenen Lymphknoten durchgeführt wurde.
  • Postoperative Radio- oder Radiochemotherapie (Bestrahlung oder Bestrahlung mit Chemotherapie) bei
    • fortgeschrittenen pT3- oder pT4a-Tumoren,
    • knappen oder positiven Resektionsrändern (Tumor könnte nicht vollständig entfernt worden sein),
    • perineuraler oder vaskulärer Invasion (Eindringen des Tumors in Nerven oder Blutgefäße),
    • mehr als einem befallenen Lymphknoten,
    • einem befallenen Lymphknoten mit extrakapsulärem Tumorwachstum (Tumorwachstum über die Lymphknotenkapsel hinaus).
  • Weitere Optionen
    • Hemilaryngektomie (teilweise Entfernung des Kehlkopfes) bei streng einseitigem Befund.
    • Horizontale supraglottische Teilresektion (Entfernung eines Teils oberhalb der Stimmbänder) bei Befall der Epiglottis (Kehldeckel) oder der Taschenbandebene.
    • Laryngektomie (Kehlkopfentfernung) mit Neck-Dissection en bloc (komplette Entfernung des Kehlkopfes mit Lymphknoten) bei ausgedehntem Befall mit Lymphknotenmetastasen (Tochtergeschwülste in den Lymphknoten) und zusätzlicher perkutaner Nachbestrahlung (Bestrahlung von außen).

Glottische Karzinome (Stimmlippenkarzinome, Tumoren an den Stimmbändern)

  • T1- und T2-Karzinome (kleinere Tumoren):
    • Transorale Lasermikrochirurgie (TLM, minimal-invasive Laserchirurgie) oder
    • Primäre Strahlentherapie (Bestrahlung mit kleinen Feldern, 60-70 Gy).
  • pT3 pNx-Stadium (fortgeschrittener Tumor mit unklarer Lymphknotenbeteiligung):
    • Vertikale frontolaterale Teilresektion nach Leroux-Robert (Teilentfernung des Kehlkopfes) oder
    • Laryngektomie (Kehlkopfentfernung).
    • Alternativ: Organerhaltendes Konzept mittels Radiochemotherapie (Bestrahlung mit Chemotherapie) für Patienten, die eine Operation ablehnen.
  • Strahlentherapie kann entfallen, wenn
    • Resektion (Entfernung) mit > 5 mm Sicherheitsabstand erfolgt ist,
    • eine ein- oder beidseitige Neck-Dissection mit > 10 nicht befallenen Lymphknoten durchgeführt wurde.
  • Postoperative Radio- oder Radiochemotherapie bei
    • fortgeschrittenen pT3- oder pT4a-Tumoren,
    • knappen oder positiven Resektionsrändern,
    • perineuraler oder vaskulärer Invasion,
    • mehr als einem befallenen Lymphknoten,
    • einem befallenen Lymphknoten mit extrakapsulärem Tumorwachstum.

Subglottische Karzinome (Tumoren unterhalb der Stimmbänder)

  • T1- und T2-Karzinome (kleinere Tumoren):
    • Hypopharynxteilresektion (Teilweise Entfernung des unteren Rachenraums) mit anschließender Rekonstruktion,
    • Primäre Strahlentherapie.
  • T3- und T4-Karzinome (fortgeschrittene Tumoren):
    • Laryngektomie (Kehlkopfentfernung) mit Hypopharynxteilresektion,
    • Strahlentherapie (Bestrahlung) postoperativ bei fortgeschrittenen Tumoren.
  • Bei inoperablen Tumoren:
    • Tumorverkleinerung durch Laser und Strahlentherapie,
    • Alternativ: Radiochemotherapie (Bestrahlung mit Chemotherapie) zur Verbesserung der Organerhaltung.

Zusammenfassung

Die Strahlentherapie stellt eine wesentliche Behandlungsoption für Patienten mit Larynxkarzinom (Kehlkopfkrebs) dar, insbesondere in multimodalen Therapiekonzepten. Die IMRT-Technik (intensitätsmodulierte Strahlentherapie) erlaubt eine präzise Dosisverteilung mit maximaler Schonung umliegender Strukturen (gesundes Gewebe).

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Larynxkarzinom. (AWMF-Registernummer: 017 - 076OL),  Januar 2019. Kurzversion Langversion