Gebärmutterkrebs (Endometriumkarzinom) – Prävention

Zur Prävention des Endometriumkarzinoms (Gebärmutterschleimhautkrebs) muss auf eine Reduktion individueller Risikofaktoren geachtet werden.

Verhaltensbedingte Risikofaktoren

  • Ernährung
    • Lebensmittel mit Acrylamid (Gruppe-2A-Karzinogen) – Acrylamid wird metabolisch zu Glycidamid aktiviert, einem genotoxischen Metaboliten. Es wurde ein Zusammenhang zwischen einer Acrylamid-Exposition und einem erhöhten Risiko für Typ-I-Endometriumkarzinome nachgewiesen, insbesondere bei Patientinnen, die weder rauchen noch orale Kontrazeptiva einnehmen [3].
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – Eine unzureichende Versorgung mit essenziellen Mikronährstoffen wie Vitamin D und Folsäure kann die Krebsprävention negativ beeinflussen.
  • Körperliche Aktivität
    • „Vielsitzer“ – Sitzen beim Fernsehen erhöht das Risiko um 66 %, während die Gesamtsitzzeit das Risiko um 32 % erhöht [2].
  • Psycho-soziale Situation
    • Nachtarbeit – Möglicher Zusammenhang zwischen Schichtarbeit und erhöhtem Risiko durch hormonelle Dysregulationen (bedarf weiterer Studien).
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas)
    • BMI-Erhöhung – Ein Anstieg des BMI um 5 kg/m² steigert das Risiko relativ um 59 % [1].
    • Lebenslanges Übergewicht – Studie mit Mendelscher Randomisierung zeigt ein fast zweifach erhöhtes Risiko für Endometriumkarzinome pro 5 kg/m² BMI-Erhöhung (Odds-Ratio 1,88; 1,69–2,09) [16].
    • Adipositas und früheres Diagnosealter – Adipositas ist mit einem früheren Alter zum Zeitpunkt der Diagnose endometrioider Karzinome assoziiert [4].

Medikamente

  • Hormonersatztherapie (HET; engl.: hormone replacement therapy (HRT))
    • alleinige Hormontherapie mit Östrogenen ohne Gestagenschutz bei nicht hysterektomierten Frauen (Frauen, deren Gebärmutter nicht entfernt wurde)
      • bei nicht-hysterektomierten postmenopausalen Frauen besteht unter Östrogenmonotherapie nach 3 Jahren Einnahmedauer bereits ein 5-faches, nach 10 Jahren ein 10-faches Erkrankungsrisiko (Lit. s. u. Klimakterium/Menopause: Malignome mit erhöhtem Erkrankungsrisiko)
    • Sequenziell-kombinierte HRT: erhöhtes Endometriumkarzinom-Risiko im Vergleich zu keiner Therapie.
      • Die Langzeitanwendung einer kontinuierlich-kombinierten Hormonersatztherapie > 6 Jahre bzw. > 10 Jahre kann zu einem erhöhten Endometriumkarzinomrisiko führen.
    • Die Verwendung von mikronisiertem Progesteron oder Dydrogesteron im Rahmen einer kontinuierlich-kombinierten Hormontherapie kann das Risiko der Entstehung eines Endometriumkarzinoms erhöhen (wg. unzureichender Endometriumprotektion).
  • Tamoxifen-Therapie beim Mammakarzinom (Brustkrebs) – gering erhöhtes Risiko, wenn die Einnahmedauer > 5 Jahre ist
  • Langzeiteinnahme von Tibolon (östrogener Wirkstoff, der zur Behandlung der Symptome des Östrogenmangels infolge der Menopause eingesetzt wird) 

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Chemische Haarglätter (endokrine Disruptoren: Parabene und Bisphenol A; Metalle und Formaldehyd – Prävalenz bis zum Alter von 70 Jahren wird mit 4,05 % angegeben gegenüber 1,64 % bei den Frauen, die nie Haarglätter benutzten [17].

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren)

  • Genetische Faktoren:
    • Genetische Risikoreduktion abhängig von Genpolymorphismen:
      • Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
        • Gen: ESR1
        • SNP: rs9340799 im Gen ESR1
          • Allel-Konstellation: AG (0,75-fach)
          • Allel-Konstellation: GG (0,53-fach)
  • Multiparität (Auftreten mehrerer Geburten im Leben einer Frau)
  • Ernährung
    • Nussverzehr – Reduktion des Risikos für kolorektale Karzinome um 24 % [8]
    • Hoher Sojaanteil an der Ernährung
  • Kaffee: Frauen, die täglich ab einer Tasse Kaffee getrunken hatten, hatten ein geringeres Risiko, an einem Endometriumkarzinom zu erkranken (1-1,9 Tassen/Tag: RR 0,66; ≥ 2 Tassen/Tag: RR 0,69) [7]
  • Rauchen
  • Körperliche Aktivität:
    • Eine hohe versus eine niedrige körperliche Aktivität in der Freizeit ist mit einem geringeren Risiko für Endometriumkarzinom verbunden (-21 %; HR 0.79, 95 % CI 0.68-0.92) [10].
    • Eine regelmäßige körperliche Aktivität scheint eine Risikoreduktion von 20-30 % bewirken zu können. Die Risikoreduktion wurde bei einer moderaten körperlichen Aktivität von 60 Minuten pro Tag beobachtet [15].
  • Gewichtsabnahme: Bei adipösen Frauen im Alter von 50 bis 79 Jahren, die nach drei Jahren mindestens 5 % Gewicht abgenommen hatten, erkrankten zu 56 % seltener an einem Endometriumkarzinom [11].
  • Verschiedene Studien belegen einen Zusammenhang zwischen starkem Übergewicht (BMI > 30) und Endometriumkarzinom (Gebärmutterkrebs) [12]. Dabei spielt auch die Fettverteilung, der Taillen-Hüft-Umfang (THQ; englisch: waist-to-hip-ratio (WHR); androide Körperfettverteilung, das heißt abdominales/viszerales, stammbetontes, zentrales Körperfett (Apfeltyp)), eine wesentliche Rolle, denn Fettgewebe kann Östrogene produzieren. Durch den Überschuss kann sich das Risiko für Tumorerkrankungen erhöhen [13]. Ein zu hoher Körperfettanteil (bei Frauen ≥ 30 % des Körpergewichts) kann das Entstehen einer Insulinresistenz begünstigen. Insulin könnte das Zellwachstum fördern [14].
    • Bei der Messung des Taillenumfangs gemäß der Richtlinie der International Diabetes Federation (IDF, 2005) gelten folgende Normwerte:
      • Frauen < 80 cm
    • Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft veröffentlichte 2006 etwas moderatere Zahlen für den Taillenumfang: 88 cm bei Frauen.
  • Intrauterinpessar (Spirale) [5] (insb. levonorgestrelhaltige Intrauterinpessare (LNG-IUP)
  • Kombinierte hormonelle Kontrazeptiva (KHK; engl.: "combined oral contraceptives", COC; Antibabypille); der Schutzeffekt ist umso größer, je länger die Einnahme erfolgte: pro 5 Jahre sinkt das relative Risiko um 24 % (RR 0,76; 95 %-Konfidenzintervall 0,73-0,78) [6]
    S-3-Leitlinie:
    • "Bei einer kontinuierlich-kombinierten Hormontherapie mit konjugierten equinen Östrogenen und Medroxyprogesteronacetat als Gestagen mit durchschnittlich 5,6 Jahren Anwendungsdauer wurde eine Reduktion des Endometriumkarzinomrisikos beobachtet".
    • "Eine kontinuierlich-kombinierte Hormontherapie mit < 5 Jahren Anwendungsdauer kann hinsichtlich des Endometriumkarzinomrisikos als sicher angesehen werden".
  • Acetylsalicylsäure (ASS): 22 % Risikoreduktion/RR = 0,78 [95 % CI 0,6-0,9]; Metaanalyse von 9 Fallkontroll- und Kohortenstudien identifiziert [9]

Sekundärprävention

Die Sekundärprävention des Endometriumkarzinoms zielt auf Früherkennung und Intervention, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verhindern und die Prognose zu verbessern.

  • Früherkennung und Diagnostik
    • Regelmäßige gynäkologische Untersuchungen – Besonders bei Risikopatientinnen mit Übergewicht, Diabetes oder Hormontherapie.
    • Transvaginaler Ultraschall – Zur Beurteilung der Gebärmutterschleimhautdicke (Endometrium).
    • Endometriumbiopsie – Bei postmenopausalen Blutungen oder auffälligem Ultraschallbefund zur histologischen Abklärung.
  • Hormonelle Maßnahmen
    • Progesteronhaltige Präparate – Insbesondere bei Frauen mit erhöhtem Risiko, um die endometriale Hyperplasie zu verhindern.
    • Kombinierte hormonelle Kontrazeptiva (KHK) – Langjährige Einnahme reduziert das Risiko, abhängig von der Einnahmedauer (pro 5 Jahre relative Risikoreduktion um 24 %) [6].
  • Lebensstilinterventionen
    • Gewichtsmanagement bei adipösen Frauen (BMI < 25 anstreben).
    • Erhöhung der körperlichen Aktivität (z. B. moderate Bewegung von 150 Minuten/Woche).

Tertiärprävention

Die Tertiärprävention beim Endometriumkarzinom zielt darauf ab, das Wiederauftreten der Erkrankung und das Fortschreiten zu minimieren.

  • Langzeitüberwachung
    • Regelmäßige Nachsorgeuntersuchungen – Überwachung von Rezidiven oder Metastasen.
    • Bildgebende Verfahren – Transvaginaler Ultraschall, MRT oder CT zur Kontrolle nach Therapie.
  • Lebensstiländerungen
    • Ernährungsanpassungen – Förderung einer pflanzenbasierten Ernährung mit hohem Anteil an Obst, Gemüse und Vollkornprodukten.
    • Körperliche Aktivität – Moderate bis intensive Bewegung zur Unterstützung der Erholung und Prävention sekundärer Tumoren.
  • Hormonelle Therapie und medikamentöse Maßnahmen
    • Gestagenhaltige Präparate – Zur Prävention eines Rezidivs bei Frauen mit Residualrisiko.
  • Psychosoziale Unterstützung
    • Beratung zur Verbesserung der Lebensqualität.
    • Förderung von Selbsthilfegruppen und psychosozialen Programmen.

Literatur

  1. Renehan AG et al.: Body-mass index and incidence of cancer: a systematic review and meta-analysis of prospective observational studies. The Lancet, Volume 371, Issue 9612, Pages 569-578, 16 February 2008
  2. Schmid D et al.: Television Viewing and Time Spent Sedentary in Relation to Cancer Risk: A Meta-analysis. J Natl Cancer Inst 2014; 106. doi:10.1093/jnci/dju098
  3. Obón-Santacana M et al.: Dietary intake of acrylamide and endometrial cancer risk in the European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition cohort. Br J Cancer. 2014 Jun 17. doi: 10.1038/bjc.2014.328
  4. Nevadunsky NS et al.: Obesity and age at diagnosis of endometrial cancer. Obstet Gynecol. 2014 Aug;124(2 Pt 1):300-6. doi: 10.1097/AOG.0000000000000381.
  5. Felix AS et al.: Intrauterine devices and endometrial cancer risk: A pooled analysis of the Epidemiology of Endometrial Cancer Consortium. IJC International Journal of Cancer, doi: 10.1002/ijc.29229
  6. Collaborative Group on Epidemiological Studies on Endometrial Cancer. Endometrial cancer and oral contraceptives: an individual participant meta-analysis of 27 276 women with endometrial cancer from 36 epidemiological studies. Lancet Oncol, online 5. August 2015
  7. Hashibe M et al.: Coffee, tea, caffeine intake, and the risk of cancer in the PLCO cohort. Br J Cancer 2015; 113: 809-816
  8. Wu L, Wang Z, Zhu J et al.: Nut consumption and risk of cancer and type 2 diabetes: a systematic review and meta-analysis. Nutr Rev. 2015;73:409-25
  9. Neill AS et al.: Aspirin, nonsteroidal anti-inflammatory drugs, paracetamol and risk of endometrial cancer: a case-control study, systematic review and meta-analysis. Int J Cancer, 2013 Mar 1;132(5):1146-55. doi: 10.1002/ijc.27717.
  10. Moore SC et al.: Association of Leisure-Time Physical Activity With Risk of 26 Types of Cancer in 1.44 Million Adults. JAMA Intern Med. Published online May 16, 2016. doi:10.1001/jamainternmed.2016.1548
  11. Luo J et al.: Intentional Weight Loss and Endometrial Cancer Risk. J Clin Oncol 2017; online 6. Februar. doi: 10.1200/JCO.2016.70.5822
  12. World Cancer Research Fund: Diet, nutrition, physical activity and cancer: a global perspective – the third expert report. 2018
  13. World Cancer Research Fund, American Institute for Cancer Research: Body fatness and weight gain and the risk of cancer. 2018
  14. Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ) Krebsprävention: Krebsrisikofaktor Übergewicht. 2020
  15. Cust AE, Armstrong BK, Friedenreich CM, Slimani N, Bauman A: Physical activity and endometrial cancer risk: a review of the current evidence, biologic mechanisms and the quality of physical activity assessment methods. Cancer Causes Control. 2007 Apr;18(3):243-58. doi: 10.1007/s10552-006-0094-7
  16. Hazelwood E et al.: Identifying molecular mediators of the relationship between body mass index and endometrial cancer risk: a Mendelian randomization analysis BMC Med 2022;20:125 https://doi.org/10.1186/s12916-022-02322-3
  17. Chang CJ et al.: Use of Straighteners and Other Hair Products and Incident Uterine Cancer Journal of the National Cancer Institute 17 October 2022, djac165, https://doi.org/10.1093/jnci/djac165

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Endometriumkarzinom. (AWMF-Registernummer: 032 - 034OL), Juni 2024 Kurzfassung Langfassung