Gebärmutterhalskrebs (Cervixkarzinom) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Das Cervixkarzinom geht meist von einer zervikalen intraepithelialen Neoplasie (CIN) aus. Diese hat ihren Ursprung meist am äußeren Muttermund. Die Zellveränderungen beginnen dabei in über 90 % der Fälle in der Transformationszone der Cervix zwischen Platten- und Zylinderepithel.

Der Übergang von einer CIN1 in ein Cervixkarzinom ist im Gegensatz zum CIN III sehr viel unwahrscheinlicher. Ein CIN I geht unbehandelt in nur 11 % zu einer schweren Dysplasie (CIN3/Carcinoma in situ) bzw. in 1 % zu einem invasiven Karzinom. Dagegen entwickelt sich ein CIN III zeitabhängig in 30-70 % der Fälle zu einem invasiven Karzinom, kann sich jedoch immer noch in 32 % der Fälle spontan zurückbilden [4].

Eine mittelgradige zervikale intraepitheliale Neoplasie (CIN 2) zeigt folgenden Verlauf: Nach zwei Jahren hatte sich die Hälfte (50 %) der Läsionen spontan zurückgebildet, ein Drittel (32 %) hatte sich nicht verändert und nur bei knapp einem Fünftel (18 %) war es zu einem Fortschreiten zu einer CIN-3-Läsion oder zu einem Karzinom gekommen. Die Autoren halten aufgrund dieser Ergebnisse bei CIN-2-Läsionen eine "aktive Surveillance" für gerechtfertigt [6].

Grund für die Veränderungen der Zellen ist eine HPV-Infektion mit high-risk Papillomaviren (hauptsächlich HPV-Typen 16, 18).

Beachte: Nicht alle Cervixkarzinome werden durch HPV ausgelöst. Bei 8 von 178 untersuchten Primärtumoren wurden in einer Genomanalyse des Tumors keine Hinweise auf eine Infektion mit HPV und seiner Onkogene wie E6 und E7 gefunden (= HPV-negative Karzinome). Sieben der acht Karzinome zeigten große Ähnlichkeit mit dem Endometriumkarzinom (Gebärmutterkrebs), d. h. sie unterscheiden sich auch in anderen Genen [5].

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern
    • Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
      • Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
        • Gene: IL21A, IL21B
        • SNP: rs568408 im Gen IL21A
          • Allel-Konstellation: AG (1,43-fach)
          • Allel-Konstellation: AA (2,0-fach)
        • SNP: rs3212227 im Gen IL21B
          • Allel-Konstellation: AC (1,43-fach)
          • Allel-Konstellation: CC (2,0-fach)
  • Sozioökonomische Faktoren – niedriger sozioökonomischer Status
  • Multiparität/hohe Parität (Zahl der Geburten)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Ernährung
    • Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
  • Genussmittelkonsum
    • Tabak (Rauchen) [1, 2]
  • Hohe Promiskuität bzw. Sexualkontakte mit promisken Partnern
  • Schlechte Genitalhygiene

Krankheitsbedingte Ursachen

  • Immundefizienz
  • Infektion mit den humanen Papillomaviren HPV-6, 16, 18, 31, 33, 39, 45, 51, 52, 56, 58, 59, 66, 68, 70, 73, 82 (durch konsequente Verwendung von Kondomen wird das Übertragungsrisiko einer HPV-Infektion vermindert)
    N. B.: Die HPV-Impfung gegen die beiden häufigsten Hochrisiko-HPV-Typen 16 und 18 kann circa 70 % der Cervixkarzinome verhindern!
  • Frühe und häufige virale genitale Infektionen, vorwiegend mit dem Herpes-simplex-Virus (HSV), oder dem HI-Virus (HIV)
    • HIV  Risiko, an Cervixkarzinom zu erkranken, ist bei Frauen, die mit HIV infiziert sind, 6-mal höher [7]

Medikamente

  • Immunsuppression
  • Immunsuppressiva: Azathioprin – das höchste Risiko war frühestens 5 Jahre nach einer Hochdosistherapie (Gefährdungsrisiko 3,3; 95 % KI 1,5-7,1) [3]
  • Langzeiteinnahme oraler Kontrazeptiva ("Pille")
    Hinweis: Unabhängig von der Dauer der Einnahme normalisiert sich das Risiko nach Absetzen oraler Kontrazeptiva.

Weitere Ursachen

  • Positiver HPV-Test (insbesondere bei Frauen über 30 Jahren) – erhöhtes Risiko für eine Cervixdysplasie (cervikale intraepitheliale Neoplasie/CIN)
  • Prostitution

Literatur

  1. Deutsches Krebsforschungszentrum. Tabakatlas Deutschland 2015. Heidelberg
  2. Secretan B, Straif K, Baan R et al.: A review of human carcinogens – Part E: tobacco, areca nut, alcohol, coal smoke, and salted fish. Lancet Oncol. 2009 Nov;10(11):1033-4.
  3. Dugue PA et al.: Risk of cervical cancer in women with autoimmune diseases, in relation with their use of immunsuppressants and screening: population-based cohort study. Int J Cancer 2015; 136:E711-E719
  4. Ostor AG. Natural history of cervical intraepithelial neoplasia: a critical review. International journal of gynecological pathology: official journal of the International Society of Gynecological Pathologists 1993;12:186-92
  5. The Cancer Genome Atlas Research Network: Integrated genomic and molecular characterization of cervical cancer. Nature (2017) doi:10.1038/nature21386
  6. Tainio K et al.: Clinical course of untreated cervical intraepithelial neoplasia grade 2 under active surveillance: systematic review and meta-analysis. BMJ 2018;360:k499 doi: https://doi.org/10.1136/bmj.k499 (Published 27 February 2018)
  7. Stelzle D et al.: Estimates of the global burden of cervical cancer associated with HIV The Lancet Global Health, 16.11.2020 doi: 10.1016/S2214-109X(20)30509-X