Thymustherapie (THX)
Bei der Thymustherapie handelt es sich um ein alternativmedizinisches Verfahren zur Immunmodulation. Darunter wird eine Behandlung mit Thymuspeptiden oder Thymusfaktoren zur Stärkung des körpereigenen Abwehrsystems verstanden. Die Thymustherapie ist eine sogenannte Organotherapie und Thymusextrakte gehören zu den Organotherapeutika, deren Herstellung dem Arzneimittelgesetz unterliegt.
Zielsetzung und Wirkungsweise der Thymustherapie
Zielsetzung
Die Thymustherapie verfolgt das Ziel, das körpereigene Abwehrsystem zu stärken und die Immunmodulation durch die Anwendung von Thymuspeptiden oder Thymusfaktoren zu fördern. Als Organotherapie unterliegt sie dem Arzneimittelgesetz.
Wirkungsweise
Die Thymustherapie basiert auf der physiologischen Funktion der Thymusdrüse, welche für die Reifung und Prägung von Immunzellen verantwortlich ist. Durch die Verabreichung von Thymuspeptiden oder Thymusfaktoren, intrakutan oder intramuskulär, wird das Immunsystem stimuliert und dessen Abwehrkräfte gestärkt.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die Indikationen für die Thymustherapie, insbesondere in Bezug auf immunologische und autoimmune Erkrankungen sowie präventive Maßnahmen, müssen mit Vorsicht betrachtet werden. Hier ist eine Überarbeitung der genannten Anwendungsgebiete:
- Allergisch-atopische Erkrankungen: Es gibt begrenzte Beweise dafür, dass Thymuspräparate bei der Behandlung von atopischem Ekzem oder Asthma bronchiale wirksam sein könnten. Jedoch ist diese Wirksamkeit nicht umfassend wissenschaftlich bestätigt.
- Autoimmunologische Erkrankungen: Die Anwendung von Thymustherapie bei Erkrankungen wie rheumatoider Arthritis, Colitis ulcerosa und Morbus Crohn beruht auf der Theorie der Immunmodulation, jedoch ist die Wirksamkeit in klinischen Studien nicht eindeutig belegt.
- Dermatologische Erkrankungen: Es gibt keine klaren Beweise, dass Thymustherapie effektiv bei oralen Aphthen, Staphylokokkeninfektionen der Haut oder Candidainfektionen ist.
- Degenerative Erkrankungen des Bewegungsapparates: Die Anwendung bei Arthrose oder Osteochondrose basiert auf der Theorie der Immunmodulation und der möglichen Entzündungshemmung, aber konkrete wissenschaftliche Belege für eine Wirksamkeit fehlen.
- Präventivmaßnahmen gegen Altersleiden bzw. Altersschwäche: Es gibt keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege, die eine präventive Wirkung der Thymustherapie gegen Altersleiden oder Altersschwäche unterstützen.
- Stressbedingte Immundefizienz: Während einige Studien nahelegen, dass Thymuspräparate die Immunfunktion beeinflussen können, ist die Evidenz für eine effektive Behandlung von stressbedingter Immundefizienz nicht ausreichend.
- Unterstützung der Immunfunktion: Die Thymustherapie kann theoretisch die Immunfunktion unterstützen, aber die Evidenz für eine klare klinische Wirksamkeit ist begrenzt.
- Viruserkrankungen: Es gibt keine überzeugenden Beweise dafür, dass Thymustherapie bei der Behandlung von Viruserkrankungen wirksam ist.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Thymustherapie in der Schulmedizin umstritten ist und ihre Anwendung sorgfältig abgewogen werden sollte. Vor einer Behandlung sollte immer eine Beratung mit einem qualifizierten Arzt erfolgen, um potenzielle Risiken und die Eignung der Therapie für den individuellen Gesundheitszustand zu beurteilen.
Thymustherapie bei Krebserkrankungen
Die Anwendung der Thymustherapie bei Krebserkrankungen, insbesondere als adjuvante Therapie, ist umstritten und es gibt keine eindeutigen wissenschaftlichen Belege, die alle genannten Punkte unterstützen. Hier eine Überprüfung der häufig aufgeführten Behauptungen:
- Durchbrechung der Therapieresistenz bei der konventionellen Krebstherapie: Es gibt keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege dafür, dass Thymustherapie die Resistenz gegenüber konventionellen Krebstherapien durchbrechen kann.
- Verbesserung der Lebensqualität der Patienten: Einige Studien deuten darauf hin, dass bestimmte immunmodulatorische Therapien, einschließlich solcher, die auf Thymusextrakten basieren, möglicherweise die Lebensqualität verbessern können, allerdings ist die Datenlage nicht eindeutig oder umfassend.
- Verbesserung der Regeneration nach der konventionellen Krebstherapie: Es gibt begrenzte Evidenz dafür, dass immunmodulatorische Therapien zur Regeneration nach Krebsbehandlungen beitragen können. Allerdings ist dies spezifisch für die Thymustherapie nicht ausreichend nachgewiesen.
- Vor und während der konventionellen Krebstherapie zur Steigerung der Verträglichkeit und Verringerung von Nebenwirkungen: Es gibt keine klaren Beweise dafür, dass die Thymustherapie die Verträglichkeit der konventionellen Krebstherapie erhöht oder deren Nebenwirkungen verringert.
- Verlängerung der Überlebenszeit: Die vorhandenen Studien zur Thymustherapie bei Krebspatienten bieten keine überzeugenden Beweise dafür, dass sie die Überlebenszeit verlängert.
- Verringerung der Metastasierung: Es gibt keine ausreichenden wissenschaftlichen Belege, die belegen, dass die Thymustherapie die Metastasierung bei Krebspatienten verringern kann.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass viele der genannten Behauptungen zur Thymustherapie bei Krebserkrankungen auf anekdotischen Berichten oder theoretischen Überlegungen beruhen, aber nicht durch umfassende klinische Studien gestützt werden. Jede Form von komplementärer oder alternativer Therapie bei Krebs sollte nur nach sorgfältiger Erwägung und in Absprache mit einem qualifizierten Onkologen erfolgen.
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Autoimmunerkrankungen: Da die Thymustherapie das Immunsystem beeinflusst, kann sie bei Autoimmunerkrankungen zu einer Verschlimmerung der Symptome führen.
- Akute und schwere Infektionen: Die Therapie könnte die Immunantwort in unvorhersehbarer Weise beeinflussen.
- Schwangerschaft und Stillzeit: Aufgrund mangelnder Forschungsergebnisse ist die Sicherheit der Thymustherapie in diesen Fällen nicht gewährleistet.
- Kinder und Jugendliche: Die Auswirkungen auf das sich entwickelnde Immunsystem sind unzureichend erforscht.
Vor der Therapie
- Detaillierte medizinische Anamnese und Überprüfung der aktuellen Gesundheitssituation.
- Berücksichtigung aller bestehenden Medikamente und Vorerkrankungen.
- Aufklärung über den Ablauf, mögliche Risiken und realistische Erwartungen an die Therapie.
- Laboruntersuchungen, um den aktuellen Immunstatus zu bewerten.
Das Verfahren
Die Thymustherapie baut auf der physiologischen Funktion der Thymusdrüse auf. Der Thymus, auch Bries genannt, ist ein wichtiges Organ der Immunabwehr des Menschen und wird auch als primäres lymphatisches Organ bezeichnet. Die Drüse steuert die Prägung bzw. Reifung von Immunzellen. Die sogenannten T-Lymphozyten sind Abwehrzellen, die unter anderem fremde Bakterienzellen im Rahmen der spezifischen Immunabwehr bekämpfen und töten. Während ihrer Passage durch den Thymus lernen die Immunzellen körpereigene Zellen von fremden zu unterscheiden, sodass es zu keiner Verwechslung kommt.
Nach dieser Primärentwicklung besiedeln die T-Lymphozyten sogenannte sekundäre lymphatische Organe (z. B. Lymphknoten). Kurz nach der Beendigung der Pubertät (ab dem 14./15. Lebensjahr) schrumpft die Thymusdrüse. Im fünften Lebensjahrzehnt ist der Mensch nur noch mit einer sehr kleinen Thymusdrüse bzw. einem Fettkörper ausgestattet. Die Verminderung der Thymusaktivität und das Altern scheinen in einem direkten Zusammenhang zu stehen: Der Mensch verliert an Leistungskraft und der Körper wird mit zunehmendem Alter anfälliger für Krankheiten. Die Thymustherapie wirkt diesem Prozess entgegen, indem dem Körper Thymuspeptide oder Thymusfaktoren injiziert werden.
Da die fremden Thymuspeptide eine potentielle allergische Wirkung auslösen können, muss vor der Anwendung ein Test erfolgen. Zu diesem Zweck werden die Peptide intrakutan (in die Haut) appliziert. Das klinische Zeichen für eine eventuelle Allergie sind Quaddeln (kleine, gerötete Schwellungen in der Haut). Normalerweise sind besonders die gereinigten Fertigarzneimittel gut verträglich. Die Zusammensetzung sowie die Anwendungs-Empfehlungen der Präparate variieren je nach Hersteller. Injektionen werden s. c. (subkutan) oder i. m. (intramuskulär) appliziert. In der Regel werden die Thymusextrakte intermittierend 2-3-mal pro Woche über einen Zeitraum von 3-6 Monaten verabreicht.
Die Thymusextrakte haben eine ähnliche Wirkung wie z. B. auch Milzextrakte:
- Aktivitätssteigerung der natürlichen Killerzellen (NK-Zellen)
- Proliferations- und Aktivitätssteigerung der Lymphozyten (verstärkte Vermehrung und Aktivität)
- Ausbalancierung des Gleichgewichts zwischen T-Helfer-Zellen und T-Suppressor-Zellen (das Immunsystem wird weniger supprimiert – unterdrückt)
Nach der Therapie
- Regelmäßige Überwachung des Immunstatus und allgemeiner Gesundheitszustand.
- Aufmerksamkeit für mögliche Veränderungen in der Symptomatik.
- Vermeidung von Situationen, die das Immunsystem zusätzlich belasten könnten.
Mögliche Komplikationen
Frühkomplikationen
- Allergische Reaktionen auf Thymusextrakte
- Unwohlsein und Übelkeit
- Leichte Schwellungen oder Rötungen an der Injektionsstelle
- Grippeähnliche Symptome wie Fieber oder Müdigkeit
Spätkomplikationen
- Langfristige Veränderungen des Immunsystems mit potenziellen Risiken für Autoimmunerkrankungen
- Bei der Anwendung von Frischextrakten besteht das Risiko von Infektionen oder anderen gesundheitlichen Problemen durch unkontrollierte Herstellungsprozesse
Literatur
- Bierbach E: Handbuch Naturheilpraxis: Methoden und Therapiekonzepte. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2005
- Pfeifer B, Preiß J, Unger C: Onkologie integrativ: Konventionelle und komplementäre Therapie. Elsevier, Urban & Fischer Verlag 2006
- Dittmar FW: Naturheilverfahren in der Frauenheilkunde und Geburtshilfe: Möglichkeiten und Grenzen. Georg Thieme Verlag 2003