Gallenblasenkrebs (Gallenblasenkarzinom) – Operative Therapie
Diagnostische Sicherung
Vor oder im Rahmen einer Tumortherapie soll eine histologische (feingewebliche Untersuchung) oder gegebenenfalls zytologische (Zelluntersuchung) Sicherung von Tumoren der Gallenwege und der Gallenblase erfolgen. Dies ist essenziell zur Therapieplanung und zur Differenzierung zwischen benignen (gutartigen) und malignen (bösartigen) Läsionen [S3-Leitlinie].
Indikationen zur Resektion
Eine chirurgische Resektion (operative Entfernung) ist die einzige potenziell kurative (heilende) Therapieoption und soll erfolgen, wenn keine Fernmetastasen (cM0, Tochtergeschwülste in entfernten Organen) vorliegen und eine R0-Resektion (komplette Tumorentfernung im Gesunden) realistisch erscheint [S3-Leitlinie].
Operationsverfahren
Frühstadium (Tis, T1a)
- Cholezystektomie (Gallenblasenentfernung) ist ausreichend bei einem Tumor, der auf die Mukosa (Schleimhaut) oder Submukosa (Schicht unter der Schleimhaut) beschränkt ist (T1a), da das Metastasierungsrisiko (Risiko der Tumorstreuung) minimal ist.
Intermediäres Stadium (T1b–T2)
- Erweiterte Cholezystektomie (erweiterte Gallenblasenentfernung) mit Entfernung des Lebersegments IVb/V wird empfohlen, da das Risiko einer lymphogenen (über Lymphbahnen erfolgenden) Ausbreitung besteht.
- Lymphadenektomie (operative Entfernung von Lymphknoten) im Bereich des hepatoduodenalen Ligaments (Band zwischen Leber und Zwölffingerdarm) zur Verbesserung der Stadiengenauigkeit und der Prognose (Krankheitsverlauf).
Fortgeschrittenes Stadium (T3–T4)
- Erweiterte Resektion mit Leberanteilen (Segment IVb/V oder ausgedehntere Resektion, Entfernung von Leberabschnitten) und Lymphadenektomie.
- Teilresektion (Teilentfernung) des Pankreas (Bauchspeicheldrüse) oder Duodenums (Zwölffingerdarm) kann erforderlich sein, wenn das Karzinom infiltrativ (in das Gewebe eindringend) wächst.
- Multiviszerale Resektionen (Entfernung mehrerer Organe) sind nur bei selektierten Patienten sinnvoll, wenn eine R0-Resektion möglich ist.
Neoadjuvante und adjuvante Therapieoptionen
- Neoadjuvante Chemotherapie (NACT, Chemotherapie vor einer geplanten Operation zur Verkleinerung des Tumors): Kann in Studien geprüft werden, ist jedoch außerhalb klinischer Studien bei primär resektablen (chirurgisch entfernbaren) Tumoren nicht empfohlen.
- Adjuvante Chemotherapie (Chemotherapie nach der Operation zur Verhinderung eines Rückfalls): Indiziert bei R1-Resektionen (Tumor im Resektionsrand nachweisbar) oder lymphatischer/metastasierender Beteiligung. Kombinationstherapien mit Gemcitabin und Cisplatin sind Standard.
Therapie bei inoperablen Tumoren
- Systemische Chemotherapie (medikamentöse Tumorbehandlung im gesamten Körper) (Gemcitabin/Cisplatin oder FOLFIRINOX) als Erstlinientherapie.
- Palliative Stentimplantation (Einsetzen von Röhrchen zur Offenhaltung der Gallenwege) zur Aufrechterhaltung des Gallenabflusses bei Cholestase (Gallenstau).
- Perkutane (durch die Haut) oder endoskopische (mittels eines Schlauchs durch den Magen-Darm-Trakt) Drainagesysteme bei inoperablen Stenosen (Verengungen).
- Best-Supportive-Care (BSC, bestmögliche unterstützende Therapie) bei terminalen (nicht mehr heilbaren) Patienten mit symptomatischer Betreuung.
Nachsorge und Prognose
- Regelmäßige bildgebende Kontrollen (z. B. Computertomographie oder Magnetresonanztomographie) zur Früherkennung eines Rezidivs (Wiederauftreten des Tumors).
- Leberwerte und Tumormarker (CA 19-9, CEA, Laborwerte zur Kontrolle der Tumoraktivität) zur Verlaufskontrolle.
- Langfristige onkologische Betreuung (kontinuierliche Überwachung durch Krebsspezialisten) zur Optimierung der Lebensqualität.
Die Prognose (Aussicht auf Heilung) des Gallenblasenkarzinoms bleibt trotz multimodaler (verschiedene Therapieformen kombinierender) Therapieansätze limitiert. Eine frühzeitige Diagnostik und konsequente chirurgische Therapie sind entscheidend für das Gesamtüberleben.
Weitere Hinweise
- Bei Gallenblasenkarzinomen Stadium T1b (= Einbruch des Tumors in die Tunica muscularis) [1]
- verlängerte die Lymphadenektomie (Lymphknotenentfernung) das krebsspezifische und das Gesamtüberleben der Patienten: Die Lymphadenektomie ergab einen Überlebensvorteil für die Lymphadenektomierten von median 69 zu 37 Monaten
- war eine ausgedehnte Cholezystektomie (Gallenblasenentfernung) mit Leberresektion (Leberteilentfernung) nicht mit einer niedrigeren Mortalität (Sterberate) assoziiert, weder ohne noch mit Lymphadenektomie.
Literatur
- Xu L et al.: Survival Benefits of Simple Versus Extended Cholecystectomy and Lymphadenectomy for Patients With T1b Gallbladder Cancer: An Analysis of the Surveillance, Epidemiology, and End Results Database (2004 to 2013). Cancer Med. 2020 Jun;9(11):3668-3679. doi: 10.1002/cam4.2989. Epub 2020 Mar 31.
Leitlinien
- Vogel A. et al.: Biliary tract cancer: ESMO Clinical Practice Guideline for diagnosis, treatment and follow-up. Annals Oncology November 2022. doi.org/10.1016/j.annonc.2022.10.506
- S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karzinome - Living Guidline. (AWMF-Registernummer: 032-053OL), August 2024 Kurzfassung Langfassung