Gallenblasenkrebs (Gallenblasenkarzinom) – Einleitung

Das Gallenblasenkarzinom – umgangssprachlich Gallenblasenkrebs genannt – ist eine maligne (bösartige) Neubildung, die aus der Wand der Gallenblase hervorgeht.

Synonyme und ICD-10: ICD-10-GM C23: Bösartige Neubildung der Gallenblase

Das Gallenblasenkarzinom zählt zu den selteneren Neubildungen.

Formen des Gallenblasenkarzinoms

Histologische Typen

Das Gallenblasenkarzinom kann in verschiedene histologische Typen unterteilt werden, wobei die Art des Karzinoms wichtige Implikationen für Prognose und Therapie hat:

  • Adenokarzinom: Die häufigste Form des Gallenblasenkarzinoms (ca. 85 %). Diese Tumoren entstehen aus den Drüsenzellen der Gallenblasenwand und neigen zu einem langsameren Wachstum als andere Formen.
  • Plattenepithelkarzinom: Seltener, aber mit einem aggressiveren Verlauf. Diese Tumoren entstehen aus den platten Epithelzellen, die normalerweise nicht in der Gallenblase vorkommen.
  • Adenosquamöses Karzinom: Eine Mischung aus Adeno- und Plattenepithelkarzinom, sehr selten. Diese Tumoren kombinieren Merkmale beider Zelltypen und neigen zu einem aggressiven Verlauf.
  • Undifferenziertes Karzinom: Hochaggressiv und selten. Diese Tumoren weisen keine spezifischen Merkmale auf und wachsen schnell.
  • Muzinöses Karzinom: Charakterisiert durch die Produktion von Schleim, selten. Diese Tumoren entstehen aus schleimproduzierenden Zellen und haben eine spezielle Histologie.
  • Kleinzelliges Karzinom: Sehr selten und aggressiv. Diese Tumoren ähneln den kleinzelligen Karzinomen der Lunge und haben eine schlechte Prognose.
  • Sarkomatoides Karzinom: Eine sehr seltene Form, die sowohl epithelialen als auch mesenchymalen Ursprung haben kann und sehr aggressiv ist.

Molekulares Profil

Das molekulare Profil eines Gallenblasenkarzinoms zeigt typischerweise genetische und epigenetische Veränderungen, die die Tumorentstehung und -progression beeinflussen:

  • Genmutationen:
    • KRAS: Mutationen treten in etwa 3-5 % der Fälle auf und aktivieren die MAPK-Signalwege.
    • TP53: Häufig mutiert und führt zu gestörter Zellzykluskontrolle und Apoptose.
    • PIK3CA: Aktivierende Mutationen fördern das Zellwachstum über den PI3K/AKT/mTOR-Signalweg.
    • ERBB2 (HER2): Überexpression oder Genamplifikationen in bis zu 15 % der Fälle, ähnlich wie bei anderen gastrointestinalen Tumoren.
  • Chromosomale Veränderungen: LOH (Loss of Heterozygosity) auf Chromosom 9p, 17p und 18q, was Tumorsuppressorgene betrifft.
  • Epigenetische Veränderungen: Hypermethylierung von Tumorsuppressorgenen wie CDKN2A (p16), was zur Zellzyklusstörung führt.
  • Mikrosatelliteninstabilität: In seltenen Fällen kann Mikrosatelliteninstabilität (MSI) auftreten, die auf Defekte in den DNA-Reparaturmechanismen hinweist.

Ursachen

Die genauen Ursachen des Gallenblasenkarzinoms sind bislang nicht vollständig geklärt, aber mehrere Risikofaktoren wurden identifiziert:

  • Cholelithiasis (Gallensteine): Langjährige Gallensteinleiden sind der bedeutendste Risikofaktor.
  • Chronische Cholezystitis: Chronische Entzündungen der Gallenblase erhöhen das Risiko.
  • Porzellan-Gallenblase: Verkalkungen der Gallenblasenwand.
  • Genetische Prädisposition: Familienanamnese von Gallenblasenkarzinomen.
  • Exposition gegenüber Karzinogenen: Kontakt mit Chemikalien wie Nitrosaminen.
  • Gallengangsanomalien: Anatomische Anomalien wie die anomale Mündung des Pankreasgangs in den Gallengang.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer zu Frauen beträgt 1 : 2-3. [wg. häufigeren Auftretens von Gallensteinen bei Frauen]

Häufigkeitsgipfel: Das Maximum des Auftretens des Gallenblasenkarzinoms liegt jenseits des 60. Lebensjahrs.

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) beträgt 3-5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr.
In Deutschland gibt es ca. 7.000 Neuerkrankungen pro Jahr.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Das Gallenblasenkarzinom wird häufig erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert, da frühe Symptome fehlen oder unspezifisch sind. Typische Symptome im fortgeschrittenen Stadium sind:

  • Oberbauchschmerzen
  • Gewichtsverlust
  • Gelbsucht (Ikterus)
  • Übelkeit und Erbrechen
  • Allgemeines Unwohlsein

Die Erkrankung kann sich schnell auf benachbarte Strukturen wie die Leber und die Gallengänge ausbreiten und Metastasen in entfernten Organen verursachen.

Prognose

  • Allgemeine Prognose: Die Prognose des Gallenblasenkarzinoms ist in der Regel ungünstig, da die Diagnose meist in einem fortgeschrittenen Stadium erfolgt.
  • 5-Jahres-Überlebensrate: Die allgemeine 5-Jahres-Überlebensrate liegt zwischen 5-15 Prozent.
  • Früherkennung: Wenn der Tumor früh erkannt und vollständig entfernt wird, liegt die 5-Jahres-Überlebensrate bei bis zu 60 %.
  • Begrenzung auf die Gallenblase: Bei Begrenzung des Tumors auf die Gallenblase ist die Prognose günstiger, da die Möglichkeit einer vollständigen chirurgischen Resektion besteht.

Leitlinien

  1. Patientenleitlinie: Krebs der Gallenwege und Gallenblase; Ratgeber für Patientinnen und Patienten. September 2021. Leitlinienprogramm Onkologie
  2. Vogel A. et al.: Biliary tract cancer: ESMO Clinical Practice Guideline for diagnosis, treatment and follow-up. Annals Oncology November 2022. doi.org/10.1016/j.annonc.2022.10.506
  3. S3-Leitlinie: Diagnostik und Therapie des Hepatozellulären Karzinoms und biliärer Karzinome - Living Guidline. (AWMF-Registernummer: 032-053OL), August 2024 Kurzfassung Langfassung