Chronische myeloische Leukämie – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die chronische myeloische Leukämie (CML) ist eine maligne (bösartige) Erkrankung des hämatopoetischen (blutbildenden) Systems, die durch die klonale Expansion hämatopoetischer Stammzellen mit genetischen Veränderungen charakterisiert ist. Im Gegensatz zu akuten Leukämien manifestiert sich die CML in chronischen, beschwerdearmen Phasen, die jedoch unbehandelt in eine akzelerierte Phase und eine Blastenkrise übergehen können.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

  • BCR-ABL1-Fusionsgen
    • Die zentrale molekulare Veränderung bei der CML ist die Bildung des Philadelphia-Chromosoms (t(9;22)), das zur Expression des BCR-ABL1-Fusionsgens führt. Dieses kodiert eine konstitutiv aktive Tyrosinkinase, die Proliferation und Überleben von Leukämiezellen fördert.
    • Die BCR-ABL1-Tyrosinkinase phosphoryliert intrazelluläre Proteine, aktiviert Signalwege wie RAS-MEK-ERK, PI3K-AKT, und STAT5 und fördert so Zellproliferation und Apoptoseresistenz.
  • Unkontrollierte Proliferation von myeloischen Vorläuferzellen
    • Die erhöhte Aktivität von BCR-ABL1 führt zur Expansion unreifer myeloischer Zellen im Knochenmark und zur Verdrängung gesunder hämatopoetischer Zellen.
  • Genetische Instabilität
    • Die erhöhte genetische Instabilität durch BCR-ABL1 fördert die Akkumulation sekundärer Mutationen, die die Transformation in die akzelerierte Phase oder Blastenkrise einleiten.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

  • Verdrängung der normalen Hämatopoese (Blutbildung)
    • Die übermäßige Proliferation (Wachstum) leukämischer Zellen beeinträchtigt die Produktion normaler Blutzellen, was zu Anämie (Blutarmut), Thrombozytopenie (Verminderung der Zahl der Blutplättchen (Thrombozyten) auf < 150.000/µl im Blut) und Neutropenie (Verminderung der neutrophilen Granulozyten im Blut) führt.
  • Zytokin-Dysregulation
    • CML-Zellen produzieren entzündliche Zytokine, die das Knochenmark-Mikromilieu verändern und die Apoptose (programmierter Zelltod) normaler hämatopoetischer Zellen fördern.
  • Erhöhte Freisetzung von Zellen ins periphere Blut
    • Durch BCR-ABL1-abhängige Veränderungen im Zelladhäsionsverhalten gelangen vermehrt unreife Zellen ins periphere Blut.

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Genussmittelkonsum
    • Tabak (Rauchen) [s.u. Folgeerkrankungen/Prognosefaktoren]
  • Übergewicht (BMI ≥ 25; Adipositas) – Übergewicht und insbesondere Adipositas erhöhen das Risiko für hämatologische Malignome, einschließlich CML, durch proinflammatorische (entzündungsfördernde) und metabolische (stoffwechselbedingte) Veränderungen [1].

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Ionisierende Strahlung
    • Exposition gegenüber ionisierender Strahlung wurde als wichtiger Risikofaktor für CML identifiziert, insbesondere bei Überlebenden von Nuklearkatastrophen und Patienten mit früherer Strahlentherapie.
  • Chemische Karzinogene
    • Benzol – Eine der am besten dokumentierten chemischen Ursachen für myeloische Leukämien, mit klarer Dosis-Wirkungs-Beziehung, insbesondere bei beruflicher Exposition in der petrochemischen Industrie oder im Laborumfeld.

Literatur

  1. Larsson SC, Wolk A: Overweight and obesity and incidence of leukemia: a meta-analysis of cohort studies. Int J Cancer. 2008 Mar 15;122(6):1418-21.