Chronische myeloische Leukämie – Einleitung

Die chronische myeloische Leukämie (CML) ist eine bösartige Neubildung des blutbildenden Systems (Hämoblastose), die vorwiegend im mittleren Lebensalter auftritt. Sie ist eine klonale myeloproliferative Erkrankung, die durch die Translokation der langen Arme der Chromosomen 9 und 22, t(9;22)(q34;q11), charakterisiert ist.

Synonyme und ICD-10: Atypische myeloische Leukämie; Blastenschub bei myeloischer Leukämie; CML [Chronische myeloische Leukämie] in kompletter Remission; chronische Myelose; chronische granulozytäre Leukämie; Chronische granulozytäre Leukämie in kompletter Remission; chronische myelogene Leukämie; Chronische myeloische Leukämie; Chronische myelozytäre Leukämie; Monozytäre Naegeli-Leukämie; ICD-10-GM C92.1: Chronische myeloische Leukämie [CML], BCR/ABL-positiv; inkl.: Chronische myeloische Leukämie, Philadelphia-Chromosom (Ph1) positiv, chronische myeloische Leukämie, t(9;22) (q34;q11)

Charakteristische Laborbefunde

  • Blutbild
    • Leukozytose: Häufig stark erhöhte Anzahl an Leukozyten (weiße Blutkörperchen).
    • Anämie: Verminderte Anzahl an Erythrozyten (rote Blutkörperchen) und Hämoglobin, führt zu Müdigkeit und Blässe.
    • Thrombozytose oder Thrombozytopenie: Erhöhte oder verminderte Anzahl an Thrombozyten (Blutplättchen).
  • Differentialblutbild
    • Linksverschiebung: Vorhandensein von unreifen myeloischen Zellen im peripheren Blut.
  • Knochenmarkbefund
    • Hyperzelluläres Knochenmark: Erhöhte Zellzahl mit dominanter Vermehrung der Granulozyten.
    • Blastenanteil: Variiert je nach Krankheitsphase.
  • Biochemische Marker
    • Laktatdehydrogenase (LDH): Erhöhte Werte durch hohe Zellumsatzrate.
    • Harnsäure: Erhöhte Werte aufgrund verstärkten Zellabbaus.
  • Molekulargenetische Marker
    • BCR-ABL1-Fusionsgen: Nachweis des Philadelphia-Chromosoms.

Formen der Erkrankung

Die CML verläuft häufig in drei Krankheitsphasen:

  • Chronische Phase: Blastenanteil im Blut und Knochenmark bei ca. 10 %.
  • Akzelerierte Phase (Akzelerationsphase): Übergangsphase zwischen chronischer Phase und Blastenkrise mit zunehmender Zahl unreifer Zellen.
  • Blastenkrise: Phase der Erkrankung mit krisenhaftem Auftreten von unreifen weißen Blutkörperchen (Blasten), wobei der Blastenanteil im Blut > 30 % beträgt.

Die Deutsche CML-Studiengruppe definiert die Blastenkrise wie folgt [1]:

  • Anteil der Blasten und Promyelozyten im peripheren Blut und/oder im Knochenmark ≥ 30 %, oder
  • Anteil der Blasten und Promyelozyten mehr als 50 % der kernhaltigen Zellen im Knochenmark, oder
  • zytologisch oder histologisch gesicherte blastäre Infiltrate außerhalb von Knochenmark, Milz oder Lymphknoten. Derartige Infiltrate bezeichnet man auch als Chlorome.

Verwandte myeloproliferative Neoplasien (MPN)

  • Essentielle Thrombozythämie (ET) – chronische myeloproliferative Erkrankung (CMPE, CMPN), die durch eine chronische Erhöhung der Thrombozyten (Blutplättchen) charakterisiert ist
  • Osteomyelofibrose (OMF; Synonym: Osteomyelosklerose, PMS) – myeloproliferatives Syndrom; stellt eine fortschreitende Erkrankung des Knochenmarks dar.
  • Polycythaemia vera (PV, auch Polycythämie oder Polyzythämie genannt)  seltene myeloproliferative Erkrankung, bei der sich alle Zellen im Blut übermäßig vermehren (insbesondere betroffen sind Erythrozyten (rote Blutkörperchen), in geringerem Maße auch Thrombozyten (Blutplättchen) und Leukozyten (weiße Blutkörperchen). 

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen.

Häufigkeitsgipfel
: Der Erkrankungsgipfel liegt zwischen dem 55. und 60. Lebensjahr.

Prävalenz (Krankheitshäufigkeit)
: Höher bei Kaukasiern als bei Schwarzen.

Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen)
: Beträgt ca. 2 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Chronische Phase: Häufig asymptomatisch oder mit milden Symptomen, gut behandelbar.
  • Akzelerierte Phase: Übergangsphase mit zunehmender Krankheitsaktivität.
  • Blastenkrise: Akute Verschlechterung, ähnelt der akuten Leukämie, hohe Blastenanteile.

Prognose

  • Chronische Phase: Hohe 10-Jahres-Überlebensrate bei adäquater Therapie.
  • Akzelerierte Phase und Blastenkrise: Schlechtere Prognose, intensive Therapie notwendig.
  • Langfristige Nachsorge: Essenziell, um frühzeitig Rezidive oder Progression zu erkennen.
  • 5-Jahres-Überlebensrate: Liegt zwischen 40-88 %.
  • 10-Jahres-Überlebensrate: In Schweden erreichen CML-Patienten nahezu die Lebenserwartung der Normalbevölkerung [2]; in Deutschland liegt die 10-Jahres-Überlebensrate bei 83 % [3].

Literatur

  1. Hochhaus A: Chronische myeloische Leukämie (CML). In: Seeber S., Schütte J. (Hrsg.) "Therapiekonzepte Onkologie". Springer-Verlag Heidelberg, 2007, S. 293. ISBN 978-3-540-28588-5
  2. Bower H et al.: Life Expectancy of Patients With Chronic Myeloid Leukemia Approaches the Life Expectancy of the General Population. J Clin Oncol 2016; 34
  3. Hochhaus A et al.: Long-Term Outcomes of Imatinib Treatment for Chronic Myeloid Leukemia. N Engl J Med 2017; 376:917-927 March 9, 2017 doi: 10.1056/NEJMoa1609324

Leitlinien

  1. Hochhaus A et al.: Chronic myeloid leukaemia: ESMO Clinical Practice Guidelines for diagnosis, treatment and follow-up. Annals of Oncology, 2017;28 (Supplement 4): iv41-iv51.doi.org/10.1093/annonc/mdx219.