Chronische lymphatische Leukämie (CLL) – Einleitung

Die chronische lymphatische Leukämie (CLL) ist eine bösartige Neubildung des blutbildenden Systems (Hämoblastose). Sie ist die häufigste Form der Leukämie und tritt vorwiegend im höheren Lebensalter auf. Die CLL beruht in 95 % der Fälle auf einer malignen Transformation eines B-Zell-Klons und gilt als leukämisch verlaufendes B-Zell-Lymphom.

Synonyme und ICD-10: Blastenschub einer lymphatischen Leukämie; CLL [chronische lymphatische Leukämie]; CLL [chronische lymphatische Leukämie] in kompletter Remission; chronische lymphatische Leukämie; Chronische lymphatische Leukämie in kompletter Remission; chronische lymphoide Leukämie; Chronische lymphozytäre Leukämie; Chronische lymphozytäre Leukämie in kompletter Remission; Lymphadenose; Lymphadenose in kompletter Remission; Richter-Syndrom; ICD-10-GM C91.1-: Chronische lymphatische Leukämie vom B-Zell-Typ [CLL]

Charakteristische Laborbefunde

  • Blutbild:
    • Leukozytose: Häufig erhöhte Anzahl an Leukozyten (weiße Blutkörperchen).
    • Anämie: Verminderte Anzahl an Erythrozyten (rote Blutkörperchen) und Hämoglobin, führt zu Müdigkeit und Blässe.
    • Thrombozytopenie: Verminderte Anzahl an Thrombozyten (Blutplättchen), erhöhtes Blutungsrisiko.
  • Differentialblutbild:
    • Lymphozytose: Erhöhte Anzahl an Lymphozyten.
  • Knochenmarkbefund:
    • Hyperzelluläres Knochenmark: Erhöhte Zellzahl mit dominanter Vermehrung von Lymphozyten.
    • Lymphoblastenanteil: Vorhandensein von unreifen lymphatischen Zellen.
  • Biochemische Marker:
    • Laktatdehydrogenase (LDH): Erhöhte Werte durch hohe Zellumsatzrate.
    • Beta-2-Mikroglobulin: Erhöhte Werte korrelieren mit der Tumormasse und der Prognose.
  • Immunologische Marker:
    • Durchflusszytometrie: Analyse von Oberflächenmarkern zur Differenzierung der Leukämieform (z. B. CD19, CD20, CD23, CD5).

Genetisches Profil der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL)

  • Zytogenetische Veränderungen:
    • Deletion 13q: Häufigste chromosomale Aberration, assoziiert mit einer guten Prognose.
    • Trisomie 12: Häufig und mit intermediärer Prognose verbunden.
    • Deletion 11q: Häufig mit einer schlechten Prognose assoziiert.
    • Deletion 17p: Assoziiert mit einer schlechten Prognose und Resistenz gegenüber konventioneller Therapie.
  • Molekulargenetische Mutationen:
    • IGHV-Mutationsstatus: Ungemutierte IGHV-Gene sind mit einer schlechteren Prognose assoziiert.
    • TP53-Mutationen: Häufig in Verbindung mit Deletion 17p, schlechte Prognose.
    • NOTCH1-Mutationen: Assoziiert mit einer schlechten Prognose.
    • SF3B1-Mutationen: Assoziiert mit einer intermediären Prognose.

Formen der chronischen lymphatischen Leukämie (CLL)

  • Reifere und genetisch stabilere Form: Diese Form hat eine bessere Prognose.
  • Unreifere und genetisch instabilere Form: Diese Form hat eine schlechtere Prognose.

Sonderformen

Zu den Sonderformen der CLL gehören:

  • Prolymphozytische Leukämie (PLL)
  • Richter-Syndrom: Transformation der CLL in ein aggressives großzelliges Lymphom.

Sonderformen der chronischen lymphatischen Leukämie s. u. Klassifikation.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer zu Frauen beträgt 2 : 1.

Häufigkeitsgipfel
: Das Maximum des Auftretens der CLL liegt zwischen dem 60. und 70. Lebensjahr. Das mediane Alter bei Diagnose liegt für Männer bei 70 Jahren und für Frauen bei 72 Jahren.

Prävalenz
: Höher bei Kaukasiern als bei Schwarzen. In Japan selten.

Inzidenz
: Ca. 5 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr in Deutschland. Im 5. Lebensjahrzehnt ca. 5 Erkrankungen und im 8. Lebensjahrzehnt ca. 30 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr.

Verlauf und Prognose

Verlauf

Die CLL ist charakterisiert durch eine maligne Transformation eines B-Zell-Klons, was zu einer Dysfunktion der B-Zellen führt. Die Erkrankung entwickelt sich schleichend und zeigt einen variablen Verlauf:

  • Frühe Phase: Häufig bakterielle Infektionen und ein erhöhtes Risiko für Thrombosen aufgrund einer initialen Zunahme der Thrombozytenzahl. Mit Fortschreiten der Erkrankung nimmt die Thrombozytenzahl (Blutplättchen) ab, was zu Blutungen führen kann.
  • Indolenter Verlauf: Bei den meisten Patienten verläuft die CLL schmerzlos und langsam. Symptome wie Splenomegalie (Milzvergrößerung) und Lymphknotenhyperplasie (Lymphknotenvergrößerung) treten erst spät oder gar nicht auf. Die Lebenserwartung ist bei diesen Patienten kaum vermindert.
  • Aggressiver Verlauf: Etwa 20 % der Patienten entwickeln eine schnell fortschreitende Krankheitsdynamik, die zu einer verkürzten Lebenserwartung führt.

Die Erkrankung verläuft oft in Schüben. Ein Schub kann durch verschiedene Faktoren wie Infektionen oder Stress ausgelöst werden. Während eines Schubes kommt es zu einer deutlichen Verschlechterung der Symptome.

Prognose

  • Langfristige Nachsorge: Nach Abschluss der Therapie steht die langfristige Nachsorge im Vordergrund, um frühzeitig ein Rezidiv (Wiederauftreten der Erkrankung) zu erkennen. Rezidive treten meistens in den ersten ein bis zwei Jahren nach Therapieende auf.
  • Infektionen: Ca. 50 % der Patienten sterben an Infektionen, da die B-Zellen nicht mehr richtig funktionieren und das Immunsystem geschwächt ist.
  • 5-Jahres-Überlebensrate: Liegt bei circa 50 %.
  • Heilung: Eine dauerhafte Heilung ist selten. Die Therapie zielt darauf ab, die Krankheit zu kontrollieren und die Lebensqualität zu verbessern.

Leitlinien

  1. Hallek M et al.: Guidelines for the diagnosis and treatment of chronic lymphocytic leukemia: a report from the International Workshop on Chronic Lymphocytic Leukemia updating the National Cancer Institute-Working Group 1996 guidelines. Blood. 2008 Jun 15;111(12):5446-56. doi: 10.1182/blood-2007-06-093906.
  2. Onkopedia Leitlinie: Chronische Lymphatische Leukämie (CLL). Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO). November 2014/Januar 2017 aktualisiert
  3. S3-Leitlinie: Diagnostik, Therapie und Nachsorge für Patienten mit einer chronischen lymphatischen Leukämie. (AWMF-Registernummer: 018-032OL), März 2018 Kurzversion Langversion
  4. Patientenleitlinie: Chronische lymphatische Leukämie (CLL); Ratgeber für Patientinnen und Patienten. Juli 2018. Leitlinienprogramm Onkologie