Analkrebs (Analkarzinom) – Strahlentherapie

Die Therapie des Analkanalkarzinoms (bösartiger Tumor im Analkanal) variiert je nach Tumorstadium und individuellen Patientenfaktoren. Die folgenden Empfehlungen basieren auf der S3-Leitlinie Analkarzinom (medizinische Leitlinie für Diagnose und Therapie).

Stadiengerechte Therapieempfehlungen

Stadium Behandlung
I
  • Tumordurchmesser < 2 cm ohne regionale oder Fernmetastasen (Absiedlungen in Lymphknoten oder anderen Organen): Eine lokale Exzision (operative Entfernung des Tumors mit Sicherheitsabstand) mit einem Sicherheitsabstand von 0,5 cm wird empfohlen.
  • Tumordurchmesser < 2 cm ohne Metastasen: Eine primäre kombinierte Radiochemotherapie (RCT) (Bestrahlung mit gleichzeitiger Chemotherapie) wird empfohlen. Alternativ kann eine alleinige R0-Exzision (vollständige Tumorentfernung im gesunden Gewebe) erwogen werden.
IIA
  • Kann eine alleinige Exzision (operative Entfernung) mit adäquatem Sicherheitsabstand (0,5 cm) erwogen werden.
  • Beachte: Für Analkanalkarzinome (Tumoren im Analkanal) im gleichen Stadium wird hingegen eine kombinierte Radiochemotherapie empfohlen.
II–III
  • Analkarzinome (Krebserkrankungen im Bereich des Afters): Die Standardtherapie besteht in einer kombinierten Radiochemotherapie mit Mitomycin C und 5-Fluorouracil (5-FU) (zwei Chemotherapeutika).
  • Analrandkarzinome im Stadium IIA (T2N0M0) (Tumoren am Rand des Afters ohne Lymphknotenbefall oder Fernmetastasen): Eine alleinige Exzision mit adäquatem Sicherheitsabstand (0,5 cm) kann erwogen werden.
Nach inkompletter Exzision
  • Analkarzinome: Nach einer inkompletten Exzision (unvollständigen Tumorentfernung) sollte eine kombinierte Radiochemotherapie durchgeführt werden. Alternativ kann eine Nachexzision (erneute operative Entfernung des Tumors) erwogen werden.

Diese Empfehlungen sollten im Kontext einer interdisziplinären Tumorkonferenz (Beurteilung durch verschiedene Fachärzte) und unter Berücksichtigung individueller Patientenfaktoren angewendet werden.

Weitere Hinweise

Beim Analkarzinom (Analkrebs) gilt die Radiochemotherapie (RCTX) als Behandlungsstandard
Beachte: Der Erfolg der Therapie stellt sich häufig erst Wochen oder Monate nach Abschluss der Behandlung ein. Erst 26 Wochen nach Beginn der RCTX sollte die Entscheidung zu einer etwaigen "Salvage"-Operation erfolgen [1].

Die totale neoadjuvante Therapie (TNT), d. h. die Sequenz Radiochemotherapie gefolgt von konsolidierender Chemotherapie bzw. der umgekehrten Reihenfolge (Induktionschemotherapie gefolgt von Radiochemotherapie), ist hinsichtlich des lokalen Tumoransprechens anderen Vorgehensweisen überlegen. Ein verlängertes Intervall zwischen Radiochemotherapie und Operation führt nicht dazu, dass das krankheitsfreie Überleben, die chronische Toxizität, die Lebensqualität sowie auch funktionelle Ergebnisse negativ beeinträchtigt werden [3].

Zur Response-Evaluation (Bewertung des Ansprechens der Behandlung) nach kombinierter Radiochemotherapie soll eine klinische Untersuchung (digital-rektale Untersuchung, Proktoskopie) 11 Wochen, 18 Wochen und 26 Wochen nach Beginn der Radiochemotherapie erfolgen. Weiteres Vorgehen in Abhängigkeit vom Befund:

  • Bei vollständiger klinischer Rückmeldung soll keine Biopsie (Gewebeentnahme) zur histopathologischen (feingeweblichen) Bestätigung des Ansprechens erfolgen.
  • Bei klinisch nachgewiesenem Progress (z. B. Größenprogredienz) des lokalen Tumorbefundes soll die weiterführende Diagnostik (s. u. Medizingerätediagnostik) bereits vor Ablauf der genannten 26 Wochen nach Beginn der Radiochemotherapie erfolgen und ggf. weiterführende therapeutische Maßnahmen eingeleitet werden.

Als Behandlungsstandard gilt: Bestrahlung des Tumors, der Leisten- und Beckenlymphknoten (Gesamtdosis von 50,4-59,4 Gy) und eine simultane intravenöse Chemotherapie (5-Fluorouracil an Tag 1-4 sowie Tag 29-32 und Mitomycin C an Tag 1 und 29) [2].

Beachte: Im Rahmen der kombinierten Radiochemotherapie soll die Dosis der Radiotherapie nicht mehr als 59,4 Gy betragen. Die Bestrahlung soll dabei mittels Intensitäts-modulierter Radiotherapie (IMRT) erfolgen. Trotz der IMRT können Nebenwirkungen auftreten. Dabei handelt es sich in erster Linie um Diarrhöen (Durchfälle) und Miktionsbeschwerden (Beschwerden beim Wasserlassen).

Der erfolgreiche Abschluss der kurativen Radiochemotherapie ist durch die vollständige Remission 26 Wochen nach Beginn der RCTX definiert.

Literatur

  1. Gynne-Jones R et al.: Best time to assess complete clinical response after chemoradiotherapy in squamous cell carcinoma of the anus (ACT II): a post-hoc analysis of randomised controlled phase 3 trial. Lancet Oncology 2017 doi: 10.1016/S1470-2045(17)30071-2
  2. Loch H, Loch F. Analkarzinom. Coloproctology 2019; 4 Print ISSN: 0174-2442 Elektronische ISSN: 1615-6730 https://doi.org/10.1007/s00053-019-0372-y
  3. Fokas E et al.: Chemoradiotherapy Plus Induction or Consolidation Chemotherapy as Total Neoadjuvant Therapy for Patients With Locally Advanced Rectal Cancer Long-term Results of the CAO/ARO/AIO-12 Randomized Clinical Trial JAMA Oncol. Published online November 18, 2021. doi:10.1001/jamaoncol.2021.5445

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Analkarzinom (Diagnostik, Therapie und Nachsorge von Analkanal- und Analrandkarzinomen). (AWMF-Registernummer: 081-004OL), Dezember  2020 Kurzfassung Langfassung