Aktinische Keratose – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Eine aktinische Keratose (AK) ist eine durch kumulative UV-Strahlung (insbesondere UV-B-Strahlung) induzierte präkanzeröse Läsion der Haut, die als Vorstufe eines Plattenepithelkarzinoms der Haut betrachtet wird. Der Prozess beginnt in den Basalzellen des Epithels, wo es durch die UV-Strahlung zu DNA-Schäden kommt, insbesondere zu Mutationen im p53-Tumorsuppressorgen und anderen Genen, die die Zellzyklusregulation betreffen. Diese Mutationen führen zu einem unkontrollierten Wachstum atypischer Keratinozyten (hornbildende Zellen) und zu einer Veränderung der normalen Zellarchitektur.
Molekulare Mechanismen und Pathogenese
- UV-induzierte DNA-Schäden:
- Die primäre Ursache der AK sind DNA-Schäden durch ultraviolette Strahlung. UV-B-Strahlung führt zu direkter DNA-Schädigung durch die Bildung von Pyrimidindimeren, die Mutationen in Tumorsuppressorgenen, wie z. B. p53, fördern.
- Diese Mutationen beeinträchtigen die Reparaturmechanismen der Zellen, was zur Akkumulation weiterer genetischer Veränderungen und zur Transformation von normalen zu präkanzerösen Zellen führt.
- p53-Mutation als frühes Ereignis:
- Mutationen im p53-Tumorsuppressorgen gelten als Schlüsselfaktor in der Entstehung aktinischer Keratosen. Bereits im Frühstadium der AK lassen sich p53-positive Keratinozyten nachweisen.
- p53 spielt eine zentrale Rolle in der Regulation von Zellproliferation, Apoptose (programmierter Zelltod) und DNA-Reparatur. Eine p53-Mutation führt zur Deregulation dieser Prozesse, wodurch eine Entartung der Zellen begünstigt wird.
- Erhöhte Proliferation und Apoptoseresistenz:
- Die Kombination aus vermehrter Proliferation atypischer Keratinozyten und einer erhöhten Resistenz gegen Apoptose trägt zur Entstehung der aktinischen Keratose bei.
- Zusätzlich spielen epigenetische Veränderungen, wie die Hypermethylierung von Tumorsuppressorgenen, eine Rolle.
- Immunsuppression:
- Chronische UV-Exposition führt zur lokalen Immunsuppression in der Haut, indem sie die Funktion der Langerhans-Zellen (dendritische Zellen der Haut) beeinträchtigt. Dadurch können präkanzeröse Zellen Immun-Escape-Strategien und sich ungehindert vermehren.
Progression
Aktinische Keratosen werden als Frühstadien eines Plattenepithelkarzinoms angesehen und können in das invasive Stadium übergehen. Das Progressionsrisiko hängt von mehreren Faktoren ab:
- Die Lokalisation der AK spielt eine entscheidende Rolle: Läsionen in sonnenexponierten Bereichen wie Kopf, Hals und Händen haben ein höheres Risiko, sich zu einem Plattenepithelkarzinom (SCC) zu entwickeln.
- Das Vorhandensein multipler aktinischer Keratosen erhöht das Risiko für das Auftreten eines invasiven SCC. Man spricht hier von einem "Feldkanzerisierungseffekt", bei dem große Areale der Haut durch UV-Schäden betroffen sind.
Klinische Bedeutung und Progressionsrisiko
Die Transformation in ein invasives Plattenepithelkarzinom (SCC) liegt bei bis zu 10 % innerhalb von 10 Jahren, kann jedoch je nach Läsionstyp und Risikofaktoren variieren. Hochrisikoläsionen (z. B. hyperkeratotische AK) weisen ein höheres Progressionsrisiko auf.
Zusammenfassung
Die aktinische Keratose wird als Carcinoma in situ (Krebs im Frühstadium ohne invasives Wachstum) eingestuft, da es sich um eine intraepitheliale Präkanzerose handelt. Die Kombination aus genetischen Mutationen, epigenetischen Veränderungen und lokaler Immunsuppression macht diese Läsionen zu einem wichtigen Prädiktor für die Entwicklung invasiver Hauttumoren.
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Genetische Belastung
- Genetische Erkrankungen
- Albinismus – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang bzw. Sammelbezeichnung für angeborene Störungen in der Biosynthese der Melanine und der daraus resultierenden helleren Haut-, Haar- und Augenfarbe
- Bloom-Syndrom (Synonym: kongenitales teleangiektatisches Syndrom) – seltene, genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, die unter anderem zu Kleinwuchs und verschiedenen malignen (bösartigen) Erkrankungen (z. B. Leukämie) führen kann
- Cockayne-Syndrom – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, die vor allem durch Kleinwuchs, vorzeitige Alterung und diverse Fehlbildungen auffällt
- Rothmund-Thomson-Syndrom – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, die durch ein Erythem (flächenhafte Hautrötung) und den Schwangerschaftsstreifen ähnlichen Hautveränderungen auffällt
- Xeroderma pigmentosum (Synonyme: Melanosis lenticularis progressiva, auch Mondscheinkrankheit oder Lichtschrumpfhaut, kurz "XP") – genetische Erkrankung mit autosomal-rezessivem Erbgang, die durch verschiedene Neubildungen der Haut auffällt, die durch hohe Lichtempfindlichkeit (Photophobie) bedingt sind
- Genetische Erkrankungen
- Geschlecht – Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen; meist beruflich bedingt
- Lebensalter – höheres Alter, mit entsprechend hoher Sonnenlichtexposition
- Hauttyp – Heller Hauttyp (Fitzpatrick I-II)
- Berufe – Berufe mit hoher Sonnenexposition (z. B. in der Landwirtschaft (Feldarbeiter), Bademeister, Dachdecker, Glasreiniger, Müllmänner, Straßenarbeiter und auch Schiffsbesatzungen)
Verhaltensbedingte Ursachen
- Genussmittelkonsum
- Tabak (Rauchen)
- Freizeit- oder berufsbedingte Exposition gegenüber UV-Strahlung (UV-A-Strahlen (315-380 nm), UV-B-Strahlen (280-315 nm); Sonne; Solarium
- Mangelnder Sonnenschutz
Krankheitsbedingte Ursachen
- Immundefizienz (Immunschwäche) – z. B. HIV-Infektion, Transplantierte unter Immunsuppression
Medikamente
- Immusuppressiva (Azathioprin; Calcineurininhibitoren) → erhöhtes Risiko für aktinische Keratosen und einen Übergang in ein Plattenepithelkarzinom
- Photosensibilisierende Medikamente wie Diuretika (entwässernde Medikamente), Antidepressiva, Schmerzmittel, Herzmedikamente, Antibiotika etc.
Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)
- Schädigung der Haut durch UV-Strahlung (UVA, UVB; Sonne; Solarium); anerkannte Berufskrankheit (Berufskrankheiten-Liste, BK-Liste) bei Vorliegen multipler aktinischer Keratosen der Haut durch UV-Strahlung
- Infrarotstrahlung
- Röntgenstrahlung/Ionisierende Strahlung
- Anthrazene
- Arsen
- Benzpyren
- Rohparaffin
- Ruß
- Teerprodukte (Braunkohleteere/Braunkohlearbeiter) und andere Kohlenwasserstoffe