Sturzneigung – Prävention

Zur Prävention des Sturzrisikos muss auf eine Reduktion der Risikofaktoren geachtet werden.

Intrinsische Risikofaktoren

  • Gleichgewichtsstörungen
  • funktionelle und kognitive Einschränkungen
  • reduzierte Hör- und Sehleistung
  • schwache Muskulatur (insb. Beinmuskulatur)
  • geringe Greifkraft
  • allgemeine Schwäche

Extrinsische Risikofaktoren

  • Medikamentennebenwirkungen (u. a. Benzodiazepine) – s. u. Anamnese: sturzbegünstigende Medikamente (engl. "fall-risk increasing drugs", kurz "FRIDs) 
  • Polypharmazie (> 4 verordnete Medikamente)
  • Umgebungsbedingungen (z. B. ungünstige Witterung)
  • Gefahrenstellen im Hause (s. u.)

Präventionsfaktoren (Schutzfaktoren) 

  • Gleichgewichts- und Balancetraining: z. B. Übungen wie Treppensteigen, beim Zähneputzen auf einem Bein stehen

Maßnahmen zur Sturzprophylaxe

Anpassungen und individuelle Maßnahmen

  • Seh- und Hörhilfen
    • Regelmäßige Überprüfung und Anpassung von Brillen und Hörgeräten zur Optimierung der Wahrnehmung.
  • Schuhwerk
    • Festes, rutschfestes Schuhwerk mit gutem Halt und flachen Absätzen.
    • Im Winter Schuhe mit gutem Profil; für besonders glatte Bedingungen: Schuh-Spikes oder Eis-Pickel für Gehstöcke.
  • Überkopf-Arbeiten
    • Vermeidung von Arbeiten über Kopfhöhe, um Gleichgewichtsprobleme zu reduzieren.
  • Hilfsmittel
    • Verwendung von Gehstöcken, Rollatoren oder anderen Gehhilfen, falls notwendig.
    • Ausreichend Platz für Rollatoren oder Rollstühle in der Wohnung schaffen.

Kräftigungs- und Gleichgewichtstraining

  • Kurse und Übungen
    • Teilnahme an Kursen zur Kräftigung der Muskulatur, Haltungsschulung und Balance.
    • Gangschulung und Gleichgewichtstraining, ggf. mit physiotherapeutischer Unterstützung.
  • Alltagsübungen
    • Übungen wie Treppensteigen oder Stehen auf einem Bein beim Zähneputzen zur Förderung von Stabilität und Koordination.

Umgebungsanpassungen

  • Wohnungsanpassung
    • Hausbesuche durch Fachkräfte zur Identifikation von Sturzgefahren.
    • Beleuchtung
      • Sicherstellen, dass Flure, Treppen und Räume gut ausgeleuchtet sind; ggf. Nachtlichter installieren.
    • Stolperfallen
      • Entfernen oder Sichern von losen Teppichen und Kabeln; Stolperfallen wie Schuhe, Kleidung oder Spielzeug beseitigen.
    • Bodenbeläge
      • Rutschfeste Beläge anbringen; gebohnerten Fußboden vermeiden.
      • Treppen mit rutschfesten Teppichfliesen versehen und erste/letzte Stufe farblich kennzeichnen.
    • Geländer
      • Reparieren wackeliger Geländer und ggf. zusätzliche Handläufe installieren.
    • Leitern
      • Qualität und Standfestigkeit von Leitern überprüfen.
  • Badbereich
    • Rutschgefahr minimieren
      • Selbstklebende Antirutschbänder auf Fliesen und in Dusche/Badewanne.
      • Wasserlachen sofort entfernen.
    • Haltegriffe
      • Installation von Haltegriffen in Dusche und Badewanne.
    • Sitzmöglichkeit in der Dusche
      • Besonders bei Schwindelanfällen oder Unsicherheiten hilfreich.

Maßnahmen bei nächtlicher Sturzgefahr

  • Toilettengänge
    • Installation von Bewegungslicht zur sicheren Orientierung bei Nykturie.
    • Verwendung von rutschfesten ABS-Socken im Bett, um Pantoffeln zu ersetzen.

Sicherheitsmaßnahmen im Winter

  • Sicheres Gehen
    • Anwendung des „Pinguin-Gangs“: Langsam, mit leicht vorgebeugtem Oberkörper und kleinen Schritten, um Stabilität zu erhöhen.
    • Halten an Hauswänden oder Geländern zur zusätzlichen Sicherheit.
  • Radfahren
    • Vermeidung des Fahrradfahrens auf Schnee oder Eis wegen erhöhtem Unfallrisiko.

Diese Maßnahmen tragen nicht nur zur Reduktion von Sturzrisiken bei, sondern fördern auch die Selbstständigkeit und Lebensqualität von Betroffenen.

Leitlinien

  1. Montero-Odasso M et al.: World guidelines for falls prevention and management for older adults: a global initiative. Age and Ageing, Volume 51, Issue 9. September 2022. doi.org/10.1093/ageing/afac205