Sklerodermie – Symptome – Beschwerden

Allen Formen der Sklerodermie ist die Hautsklerose gemeinsam.

Folgende Symptome und Beschwerden können auf eine Sklerodermie hinweisen: 

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf eine Sklerodermie und werden oft zuerst bemerkt:

  • Hautveränderungen: Diese sind in der Regel die ersten Symptome und äußern sich durch eine Verdickung und Verhärtung der Haut.
  • Raynaud-Phänomen: Bei etwa 90 % der Patienten tritt dieses Phänomen auf, das sich in einer blassen, bläulichen oder rötlichen Färbung der Finger und Zehen äußert, die auf Kälte oder Stress reagiert.

Hauptsymptome (primäre Symptome)
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild einer Sklerodermie:

  • Schmerzen in den Gelenken: Treten in etwa 70 % der Fälle auf, oft verbunden mit Schwellungen
  • Bewegungseinschränkungen: Diese können bei etwa 60-70 % der Patienten auftreten, besonders in den Händen und Füßen.

Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:

  • Fatigue: Allgemeine Müdigkeit und Erschöpfung; berichtet von etwa 50 % der Patienten
  • Gastrointestinale Beschwerden (Magen-Darm-Beschwerden): Z. B. Sodbrennen oder eine verlangsamte Magenentleerung; bei ca. 40 % der Betroffenen
  • Dysphagie (Schluckbeschwerden): Treten bei etwa 30-50 % der Patienten auf; bedingt durch eine Verhärtung der Speiseröhre

Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:

  • Alopecia (Haarausfall): Dies kann bei 20-30 % der Patienten beobachtet werden.
  • Anämie (Blutarmut): Kann in etwa 10-20 % der Fälle auftreten

Chronisch kutane, zirkumskripte Sklerodermie

Die häufigste Form der Sklerodermie ist die chronisch kutane, zirkumskripte Sklerodermie. Die Symptome sind beschränkt auf die Haut und das angrenzende Gewebe wie Unterhautfettgewebe, Muskulatur und Knochen.

Leitsymptome
Diese Leitsymptome lenken den Verdacht auf die chronisch kutane, zirkumskripte Sklerodermie und werden oft zuerst bemerkt:

  • Lokal begrenzte Hautverhärtungen: Die charakteristischen Symptome sind flache, runde oder ovale, verhärtete Hautareale, die oft eine schuppige oder glänzende Oberfläche haben. Diese sind häufig auf dem Rumpf oder den Extremitäten lokalisiert.
  • Kälteempfindlichkeit: Die betroffenen Hautstellen reagieren oft empfindlicher auf Kälte.

Hauptsymptome (primäre Symptome)
Diese Hauptsymptome prägen das klinische Bild einer chronisch kutanne, zirkumskripten Sklerodermie:

  • Pruritus (Juckreiz): Bei etwa 30-40 % der Patienten; kann die Lebensqualität beeinträchtigen
  • Verlust der Elastizität: Führt zu einer starren Haut
  • Veränderungen der Hautfarbe: Die Haut kann eine bläuliche oder rötliche Färbung annehmen; häufig in Verbindung mit einer Verschlechterung der Durchblutung

Begleitsymptome (sekundäre Symptome)
Diese Begleitsymptome sind weniger charakteristisch und können auf Komplikationen hinweisen:

  • Atrophie (Schwund) der subkutanen Gewebe: Dies kann bei 20-30 % der Patienten beobachtet werden, was zu einer weiteren Hautveränderung führt.
  • Alopecia (Haarausfall): In einigen Fällen kann es zu einem Haarausfall an den betroffenen Stellen kommen.

Unspezifische Symptome
Diese unspezifischen Symptome treten bei vielen Erkrankungen auf und tragen weniger zur Diagnose bei:

  • Müdigkeit: Allgemeine Müdigkeit und Erschöpfung können in etwa 40 % der Fälle auftreten.
  • Gelenkbeschwerden: Bei 20-30 % der Betroffenen können auch Gelenkschmerzen und -steifigkeit auftreten.

Es wird zwischen folgenden Unterformen der chronisch kutanen, zirkumskripten Sklerodermie unterschieden:

  • Plaquetyp (Morphaea) – Lokalisation: Rumpf, meist mehrere Herde
    • scharf abgegrenzte, rund-ovale Herde
    • bis 15 cm groß
    • Dreiphasenentwicklung: 1. Erythem (Hautrötung), 2. Sklerose (Verhärtung), 3. Atrophie (Abnahme)/Pigmentierung
    • Der Einzelherd hat einen bläulich-roten Rand ("lilac Ring" = Zeichen lokaler Krankheitsaktivität).
    • Die Sklerose ist plattenartig und elfenbeinfarben.
    • Im Endstadium ist der Einzelherd braun pigmentiert und geschrumpft (= erloschene Krankheitsaktivität).
  • Linearer Typ – betroffen sind die Extremitäten
    • Der Herd ist band- bzw. streifenförmig sowie sklerotisch-atrophisch.
    • Das Risiko für Gelenkkontrakturen (Versteifung von Gelenken) ist erhöht.
    • Möglich sind auch Weichteil- und Muskelatrophie und Defektzustand.
    • evtl. "Säbelhiebtyp" bzw. Hemiatrophia faciei (Schwund einer Gesichtshälfte (Weichteile und Knochen))
  • Sonderformen:
    • oberflächliche Sonderformen – Erythematöse Form (Erytheme, Atrophie); Guttataform (zahlreiche kleine Einzelherde)
    • Generalisierte Form – großflächiger Hautbefall
    • tiefe Sonderformen – Subkutane Sklerodermie (knotig-keloidartige (wuchernde) Herde); Eosinophile Fasziitis (Shulman-Syndrom) (betrifft die Extremitätenfaszie (Faszie = Weichteilkomponenten des Bindegewebes) und Subkutis (Unterhaut), nicht betroffen sind die Hände und Füße; akuter Beginn, chronischer Verlauf)

Beachte:

  • Kein Raynaud-Syndrom!
  • Die Einzelherde sind scharf abgegrenzt und beschränkt auf die Haut (lokalisierte Sklerodermie).

Systemische Sklerodermie (SSc)

Charakteristika der zwei Hauptformen der systemischen Sklerodermie (SSC)

Limitierte systemische Sklerodermie (lSSc) Diffuse systemische Sklerodermie (dSSc)
Raynaud-Syndrom, langfristig Raynaud-Syndrom, kurzfristig
Gesicht, Hände, Extremitäten Stamm
Pulmonalarterielle Hypertonie (PAH) Lungenfibrose, früh
CREST-Syndrom: Kombination von Calcinosis cutis (pathologische (krankhafte) Ablagerung von Calciumsalzen), Raynaud-Syndrom (Gefäßerkrankung, die durch Vasospasmen (Gefäßkrämpfe) verursacht wird), Ösophagusdysfunktion (Esophageal dysmotility; Funktionsstörung der Speiseröhre), Sklerodaktylie (Sklerodermie an den Fingern), Teleangiektase (meist erworbene Erweiterung kleiner, oberflächlicher Hautgefäße) Beteiligung innerer Organe

Anti-Zentromer (CENP-B)-Ak (Korrelat von ANA mit centromerem Muster in der indirekten Immunfluorenzenz)

Anti-Scl-70-Antikörper (Anti-Scl70-AK (= Anti-Topoisomerase-I-AK)

Folgende Symptome und Beschwerden können auf eine systemische Sklerodermie hinweisen:

Haut-Symptome

  • Frühsymptom
    • Raynaud-Syndrom (Vaskulopathie/Gefäßerkrankung, die durch Vasospasmen (Gefäßkrämpfe) verursacht wird) – vor allem die Hände, aber auch andere Gefäßregionen sind betroffen; tritt in 90 % der Fälle auf; dabei zeigt sich das typische Tricolore-Phänomen:
      • Blässe (weiß), wg. funktionellen Vasospasmus (krampfartige Engstellung eines Blutgefäßes) und der Blutleere
      • Zyanose (blau), wg. gesteigerter Sauerstoffausschöpfung durch kapilläre und venöse Paralyse (= Ischämie/Minderversorgung mit Sauerstoff)
      • Rubor (rot), schmerzhaft wg. Lösung des Spasmus mit reaktiver Hyperämie (übermäßiges Blutangebot)
  • Hautsklerose/Hautfibrose
    • Gesicht
      • Atrophie (Abnahme) des Fettgewebes
      • Maskengesicht (starre Mimik)
      • Mikrostomie/verkleinerte Mundöffnung (der Mund kann nicht mehr weit geöffnet werden)
      • Probleme beim Lidschluss durch Verkleinerung der Lidspalten
      • straffe Gesichtshaut
      • "Tabaksbeutelmund" (strahlenförmig um den Mund angeordnete Falten)
    • Rumpf, Extremitäten
      • nicht verschiebliche Haut mit Bewegungseinschränkung
    • Hände (sind als erster Bereich von der Erkrankung betroffen)
      • "Madonnenfinger" (die Finger sind stark verschmälert)
      • ödematöse (Einlagerung von Flüssigkeit im Gewebe) Fingerschwellung ("puffy fingers")
      • "Rattenbissnekrosen" (akrale (zu den Extremitäten-Enden gehörige) Ulzerationen (Geschwüre))
      • Verformungen der Hände: sogenannte "Krallhand" (Fixierung der Finger in Beugestellung)
      • Verkürzung und Zuspitzung der Fingerendglieder
    • Nägel 
      • Dermatomyositis (Muskelentzündung mit Hautbeteiligung) (Häufigkeit der Nagelbeteiligung: 80 %): 
      • Nagelsymptome (Nagelplattendeformierungen/Wachstumsstörungen): 
        • Trachyonychie ("raue Nägel")
        • Paronychie (Nagelbettentzündung)
        • Pterygium inversum (Abnormalität, in dem das distale Nagelbett der Nagelplatte an der ventralen Oberfläche anhaftet)
        • Splitterblutungen (kleine strich- und streifenförmige braune Verfärbungen der Nagelplatten, die offensichtlich aus Blutungen hervorgehen)

Haut-Schleimhaut-Symptome

  • Kalzinose (pathologische (krankhafte) Ablagerung von Calciumsalzen), subkutan (unter der Haut)
  • Poikilodermie ("bunte Haut")
    • Atrophie
    • Pigmentverschiebungen
    • Teleangiektasien (sichtbare Erweiterungen oberflächlich gelegener kleinster Blutgefäße)
  • Wachsstumsstörungen/Atrophie
    • Alopecie (Haarausfall)
    • Nageldystrophie (Wachstumsstörungen der Nägel)
    • Sebostase (Hemmung der Talgbildung)
  • Schleimhaut
    • weißlich-verhornte Mundschleimhautherde (auch ein Befall der Genitalschleimhaut ist möglich)

Extrakutane Manifestationen (Symptome, die nicht die Haut betreffen)

  • Ösophagus (Speiseröhre) 
    • Dysphagie (Schluckbeschwerden)
    • Motilitätsstörungen (bedingt durch eine Wandstarre)
    • Refluxösophagitis (Speiseröhrenentzündung durch Reflux (Rückfluss) von Magensäure)/Sodbrennen (Barrett-Metaplasie als Folgekomplikation),
  • Lunge
    • Alveolitis (Lungenbläschenentzündung)
    • Belastungsdyspnoe (Atemnot unter Belastung)
    • Interstitielle Lungenerkrankung („interstitial lung disease“ [ILD]) – Gruppe von Lungenerkrankungen, die das Epithel der Lungenbläschen, das Endothel der Lungenkapillaren, die Basalmembran sowie die perivaskulären und perilymphatischen Gewebe der Lunge befällt; klinische Zeichen: Luftnot und Belastungsinsuffizienz (ca. 60 % der Patienten mit SSc)
    • Lungenfibrose (bindegewebiger Umbau der Lunge, der zu Funktionseinschränkung führt eingeschränkte Lungenfunktion)
    • Pneumonie (Lungenentzündung)
    • Pulmonale arterielle Hypertonie (Druckerhöhung im Lungenarteriensystem, PAH)
    • Ventilationsstörung
  • Herz
    • Arrhythmien (Herzrhythmusstörungen)
    • Herzinsuffizienz (Herzschwäche/Herzversagen)
    • Hypertonie (Bluthochdruck)
    • Myokard-, Perikardfibrose ("Panzerherz")
  • Niere
    • Gefäßsklerose
    • Nephrosklerose (Synonym: hypertensive Nephropathie) – nicht entzündliche Nephropathie (Nierenkrankheit) infolge von arterieller Hypertonie (Bluthochdruck), die mit einer Proteinurie (erhöhte Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin) einhergeht und zur Niereninsuffizienz (Nierenfunktionseinschränkung) führen kann 
    • Niereninsuffizienz (Nierenschwäche)
    • Proteinurie (erhöhte Ausscheidung von Eiweiß mit dem Urin: > 300 mg/24 h)
    • Renale Krise: beschleunigte Zunahme einer Hypertonie (Bluthochdruck) mit Werten > 150/85 mmHg (mind. 2 Messungen über 24 h bzw. diastolischer Blutdruck > 120 mmHg) + Abnahme der geschätzten glomerulären Filtrationsrate (GFR; Filterleistung der Niere) um > 10 % bzw. Abfall der gemessenen GFR < 90 ml/min (ca. 5 % der SSc-Patienten)
  • Gastrointestinale Beschwerden (falls die Erkrankung den Magen-Darm-Trakt befällt) [bis zu 90 % der Patienten]
    • ca. 40 % der Patienten mit SSc leiden unter einer bakteriellen Fehlbesiedlung des Dünndarms
    • rektale Inkontinenz (Stuhlinkontinenz)
  • Arthralgien (Gelenkschmerzen) und Myalgien (Muskelschmerzen) – auf Grund der gestrafften Haut  (ca. 20-30 % der Patienten)
    • Arthritiden, teilweise als „overlap“ zur rheumatoiden Arthritis 

Man unterscheidet je nach Beginn und Progression der Hautsklerose/Hautfibrose drei Formen von Befallstypen:

  • Akraler Typ (I) – limitiert-kutane systemische Sklerodermie
    • Hände und Gesicht sind befallen (Akren (Körperenden wie Nase, Kinn, Ohren, Hände) und distale Extremitäten (Unterschenkel, Fuß, Unterarm, Hand)).
    • sehr geringe Progredienz (Fortschreiten)
  • Akral-progredienter Typ (II) – limitiert-kutane systemische Sklerodermie
    • Hände und Gesicht sind befallen (Akren (Körperenden wie Nase, Kinn, Ohren, Hände) und distale Extremitäten (Unterschenkel, Fuß, Unterarm, Hand)).
    • Ausdehnung auf Arme und Stamm
    • Ösophagussklerose
  • Zentraler Typ (III) – diffus-kutane Sklerodermie
    • beginnt an Thorax (Brustkorb) und Gesicht
    • schnelle Sklerosierung (Verhärtung) von Haut und inneren Organen