Sehnenverkalkung (Tendinosis calcarea) – Einleitung
Eine Tendinosis calcarea, umgangssprachlich als Sehnenverkalkung bezeichnet, beschreibt die Bildung kalkartiger Ablagerungen in Sehnen und Sehnenansätzen, meist in der Nähe von Gelenken. Am häufigsten betroffen ist die Rotatorenmanschette im Schultergelenk, wo diese Erkrankung als Kalkschulter bekannt ist.
Synonyme und ICD-10:
- Kalkablagerungen; kalzifizierende Tendinitis; kalzifizierende Tendopathie; Periarthropathia calcificans; Peritendinitis calcarea; Sehnenverkalkung; Tendinose calcarea; ICD-10-GM M65.29: Tendinitis calcarea, nicht näher bezeichnete Lokalisation
- Kalkschulter; kalzifizierende Tendinitis der Schulter; Schulterkalk; Schulterverkalkung; ICD-10-GM M75.3: Tendinitis calcarea im Schulterbereich
Anatomie und Funktionen
Die Tendinosis calcarea betrifft in erster Linie die Sehnen, die dichten Bindegewebsstrukturen, die Muskeln mit Knochen verbinden und die Übertragung von Muskelkräften auf die Knochen ermöglichen. Bei dieser Erkrankung kommt es zur Ablagerung von Kalk in den Sehnenfasern, was vor allem die Rotatorenmanschette des Schultergelenks betrifft. Die Rotatorenmanschette besteht aus vier Hauptsehnen:
- Supraspinatussehne: Verläuft von der oberen Schulter (Supraspinatusmuskel) zum Oberarmknochen. Diese Sehne ist am häufigsten von Verkalkungen betroffen (ca. 75 % der Fälle).
- Infraspinatussehne: Verbindet den Infraspinatusmuskel mit dem Oberarmknochen und ist für die Außenrotation des Arms zuständig.
- Teres minor-Sehne: Verbindet den Teres minor-Muskel mit dem Oberarmknochen und unterstützt ebenfalls die Außenrotation des Arms.
- Subscapularissehne: Verbindet den Subscapularismuskel mit dem Oberarmknochen und ist für die Innenrotation des Arms verantwortlich.
Diese Sehnen haben eine wichtige Funktion bei der Stabilisierung des Schultergelenks und ermöglichen die komplexen Bewegungen des Arms. Eine Kalkablagerung in diesen Sehnen kann die Beweglichkeit des Schultergelenks einschränken, Schmerzen verursachen und zu einer Entzündungsreaktion führen, die als Tendinitis calcarea bezeichnet wird.
Formen der Erkrankung
- Tendinitis calcarea der Rotatorenmanschette (Kalkschulter): Häufigste Form, betrifft meist die Supraspinatussehne (in 75 % der Fälle) oder die Infraspinatussehne.
- Tendinitis calcarea der Patellarsehne: Verkalkungen im Bereich des Knies.
- Tendinitis calcarea der Achillessehne: Verkalkungen im Bereich der Ferse.
- Tendinitis calcarea des Trochanter major: Verkalkungen am Oberschenkelknochen.
- Tendinitis calcarea des Ellenbogens: Verkalkungen im Bereich des Ellenbogens.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Frauen sind von der Tendinitis calcarea im Schulterbereich (Kalkschulter) häufiger betroffen als Männer im Verhältnis 3:1.
Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt vorwiegend zwischen dem 30. und 50. Lebensjahr auf. Bei bis zu 40 % der Patienten kommt es zu einem beidseitigen Auftreten.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Die Prävalenz einer Tendinitis calcarea im Schulterbereich liegt in Deutschland bei 2-3 %.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Das Beschwerdebild variiert stark und hängt von der Größe des Kalkherdes und dem Stadium der Erkrankung ab. Die Tendinosis calcarea kann symptomlos verlaufen oder mit starken Schmerzen einhergehen, insbesondere wenn Kalkherde in das Gelenk oder in Schleimbeutel eindringen (Bursitis calcarea).
Prognose
- Der Verlauf ist sehr unterschiedlich, und eine genaue Prognose ist schwer zu treffen. Nicht-operative Maßnahmen wie Analgesie (Schmerzlinderung) in Verbindung mit der Beseitigung des Kalkdepots sind die primären Behandlungsstrategien. In einigen Fällen kann eine operative Therapie erforderlich sein. Eine spontane Heilung ist möglich, wobei das Kalkdepot natürlich resorbiert wird, was jedoch mehrere Jahre dauern kann.
Leitlinien
- S2e-Leitlinie: Rotatorenmanschette. (AWMF-Registernummer: 033 - 041), Januar 2017 Langfassung