Schultersteife (Frozen Shoulder) – Operative Therapie

Die operative Behandlung der Schultersteife (Frozen Shoulder, schmerzhafte Schulterversteifung) ist indiziert, wenn trotz intensiver krankengymnastischer Therapie keine Besserung der Symptomatik eintritt oder sich eine zunehmende Verschlechterung zeigt.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Persistierende Bewegungseinschränkung trotz mindestens sechsmonatiger konservativer Therapie
  • Zunehmende Schmerzsymptomatik trotz adäquater konservativer Maßnahmen
  • Fehlende Verbesserung oder Verschlechterung der Beweglichkeit über einen längeren Zeitraum

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Schwere systemische Erkrankungen, die eine Operation nicht erlauben
  • Nicht ausreichend durchgeführte konservative Therapie, insbesondere fehlende intensive Physiotherapie
  • Aktive Infektionen im Operationsgebiet

Operationsverfahren

  • Arthroskopische Arthrolyse (minimalinvasive Gelenkkapselspaltung) – Minimalinvasive zirkuläre Eröffnung der Schultergelenkkapsel zur Lösung von Verklebungen und Adhäsionen (Verwachsungen)
  • Arthroskopische subacromiale Dekompression (ASD, Erweiterung des Raums unter dem Schulterdach) – Erweiterung des subacromialen Raums zur Verbesserung des Gleitmechanismus der Rotatorenmanschette (Muskel-Sehnen-Kappe der Schulter)
  • Entfernung von Kalzifikationen (Kalkablagerungen in den Sehnen), falls Kalkablagerungen im Bereich der Sehnen vorliegen

Postoperative Nachsorge

  • Frühfunktionelle Mobilisierung – Direkt nach der Operation sollte eine gezielte Physiotherapie beginnen
  • Vermeidung der Ruhigstellung – Eine schlingenfreie Rehabilitation kann die postoperative Beweglichkeit verbessern und Schmerzen reduzieren [1]
  • Individuelles Rehabilitationsprogramm, angepasst an den Heilungsverlauf

Mögliche Komplikationen

  • Persistierende Bewegungseinschränkung trotz operativer Maßnahme
  • Postoperative Schmerzen und Schwellung des Schultergelenks
  • Kapselinsuffizienz (Funktionsverlust der Gelenkkapsel) oder Instabilität bei übermäßiger Mobilisation
  • Infektionen oder Blutergüsse (Hämatome) im Operationsgebiet

Vergleich der Operationsmethoden

Methode Technik Vorteile Nachteile
Arthroskopische Arthrolyse (minimalinvasive Gelenkkapselspaltung) Endoskopische Kapsellösung Minimalinvasiv, schnelle Erholung, geringe Narbenbildung Mögliche Rezidive (Wiederauftreten), erfordert intensive Nachsorge
Arthroskopische subacromiale Dekompression (ASD, Erweiterung des Raums unter dem Schulterdach) Erweiterung des subacromialen Raums Verbesserung der Rotatorenmanschettenbeweglichkeit, Schmerzlinderung Nicht bei allen Patienten notwendig, Risiko einer iatrogenen (durch die Behandlung verursachten) Instabilität
Kalkdepotentfernung (Entfernung von Kalkablagerungen in den Sehnen) Entfernung von Kalzifikationen Beseitigung der Schmerzquelle, schnelle Funktionserholung Mögliche postoperative Sehnenschwäche


Weitere Hinweise

  • Die Kapsel-Release-Operation bei Frozen Shoulder bei idiopathischer Schultersteife ist der alleinigen Physiotherapie offenbar nicht maßgeblich überlegen. Dabei ist zudem zu berücksichtigen, dass es hauptsächlich in der Release-Gruppe gravierende Komplikationen gab. Eine randomisierte Studie konnte folgende Vor- und Nachteile feststellen [3]:
    • Kapsel-Release-Operation: etwas effektiver und weniger Folgebehandlungen, aber höhere Komplikationsrisiken
    • Physiotherapiegruppe: häufiger waren weitere Maßnahmen erforderlich.
  • Die Ergebnisse eines Umbrella-Reviews (Überprüfung systematischer Überprüfungen oder Metaanalysen) ergab für die arthroskopische Reparatur der Rotatorenmanschette nach akut aufgetretenem Riss keinen klinisch relevanten Nutzen des Eingriffs hinsichtlich Schmerzen, Funktion und Lebensqualität im Vergleich mit einer nichtoperativen Versorgung [4].

Fazit

Die operative Therapie der Schultersteife (Frozen Shoulder, schmerzhafte Schulterversteifung), insbesondere die arthroskopische Arthrolyse (minimalinvasive Gelenkkapselspaltung), stellt eine wirksame Behandlungsoption dar, wenn konservative Maßnahmen versagen. Eine frühzeitige postoperative Mobilisierung kann die Heilung und Funktionswiederherstellung verbessern. Langfristig zeigen sich für operierte Patienten mit kleiner bis mittelgroßer Rotatorenmanschettenruptur (Einriss der Muskel-Sehnen-Kappe der Schulter) signifikant bessere funktionelle Ergebnisse als für Patienten, die ausschließlich physiotherapeutisch behandelt wurden [2].

Literatur

  1. Tirefort J et al.: Postoperative Mobilization After Superior Rotator Cuff Repair: Sling Versus No Sling: A Randomized Prospective Study. J Bone Joint Surg Am. 2019 Mar 20;101(6):494-503. doi: 10.2106/JBJS.18.00773.
  2. Moosmayer S et al.: At a 10-Year Follow-up, Tendon Repair Is Superior to Physiotherapy in the Treatment of Small and Medium-Sized Rotator Cuff Tears. J Bone Joint Surg Am 2019; 101: 1050-60
  3. Rangan A et al.: Management of adults with primary frozen shoulder in secondary care (UK FROST): a multicentre, pragmatic, three-arm, superiority randomised clinical trial. Lancet October 03, 2020 doi:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)31965-6 
  4. Blom AW et al.: Common elective orthopaedic procedures and their clinical effectiveness: umbrella review of level 1 evidence. BMJ 2021;374:n1511; http://dx.doi.org/10.1136/bmj.n1511

Leitlinien

  1. S2e-Leitlinie: Schultersteife. (AWMF-Registernummer: 187-120), April 2022 Langfassung