Schultersteife (Frozen Shoulder) – Einleitung
Die Frozen Shoulder, auch als Schultersteife oder adhäsive Kapsulitis bezeichnet, ist eine Erkrankung, die durch eine schmerzhafte Einschränkung der aktiven und passiven Beweglichkeit des Schultergelenks gekennzeichnet ist. Sie entsteht durch entzündliche und fibrotische Veränderungen der Gelenkkapsel, die zu einer Versteifung der Schulter führen. Man unterscheidet zwischen einer primären (idiopathischen) Form, deren Ursache unbekannt ist, und einer sekundären Form, die häufig nach Operationen, Traumata oder längerer Immobilisation auftritt.
Thesaurussynonyma und ICD-10: adhäsive Entzündung der Schultergelenkkapsel, Periarthritis humeroscapularis; Synonyme: Adhäsive Enthesiopathie der Schulterregion; adhäsive Entzündung der Schultergelenkkapsel; Adhäsive Perikapsulitis der Schulter; Adhäsive Schulterperitendinitis; adhäsive Schultertendinitis; Akute Periarthritis humeroscapularis; Bizepsrinnensyndrom; Chronische Periarthritis humeroscapularis; Duplay-Bursitis; Duplay-Krankheit; Duplay-Periarthritis; Duplay-Syndrom; Frozen shoulder; Kapselentzündung der Schulter; PAH [Periarthropathia humeroscapularis] ‒ s.a. Periarthropathia humeroscapularis oder s.a. Periarthritis humeroscapularis; Periarthritis der Schulter; Periarthritis humeroscapularis; Periarthropathia humeroscapularis; Periarthropathia humeroscapularis acuta; Periarthropathia humeroscapularis calcarea; Periarthropathia humeroscapularis mit Bewegungseinschränkung; Periarthropathia humeroscapularis mit einseitigem Kopfhochstand; Periarthropathia humeroscapularis mit Kalkablagerung; Periarthropathia humeroscapularis mit Teilsteife; Periarthropathia humeroscapularis simplex; Periarthrosis humeroscapularis; PHS [Periarthropathia humeroscapularis] ‒ s.a. Periarthropathia humeroscapularis oder s.a. Periarthrosis humeroscapularis oder s.a. Periarthritis humeroscapularis; PHS [Periarthropathia humeroscapularis]-Syndrom; Schulteradhäsion; Schultergelenkadhäsion; sekundäre Periarthritis humeroscapularis; Subacromialsyndrom; Subskapuläre Adhäsion; Tenosynovitis bei Schulteradhäsion; ICD-10-GM M75.0: Adhäsive Entzündung der Schultergelenkkapsel
Unter dem Begriff "Schultersteife" werden Erkrankungen zusammengefasst, deren Leitsymptom die eingeschränkte aktive und passive Beweglichkeit der Schulter ist.
Anatomie und Funktionen
Das Schultergelenk (Articulatio humeri) ist das beweglichste Gelenk des menschlichen Körpers, ermöglicht durch die komplexe Anatomie, die Knochen, Muskeln, Sehnen und Bänder umfasst. Die Gelenkkapsel umschließt das Gelenk vollständig und ermöglicht Stabilität und Bewegung. Bei einer Frozen Shoulder verdickt und kontrahiert sich die Gelenkkapsel, was zu Schmerzen und erheblichen Bewegungseinschränkungen führt.
Formen der Erkrankung
Primäre (idiopathische) Frozen Shoulder
- Ursache unbekannt
- Häufig spontaner Beginn ohne vorausgehende Verletzung oder Erkrankung
Sekundäre Frozen Shoulder
- Entwickelt sich nach Operationen, Traumata oder längerer Immobilisation
- Assoziiert mit systemischen Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Schilddrüsenerkrankungen
Ursachen
- Primäre Form: Unbekannte Ätiologie, möglicherweise autoimmune oder entzündliche Mechanismen beteiligt.
- Sekundäre Form: Häufig posttraumatisch oder postoperativ, oft nach Schulterverletzungen, Operationen oder längerer Immobilisation.
Epidemiologie
Geschlechterverhältnis: Frauen sind etwa doppelt so häufig betroffen wie Männer.
Häufigkeitsgipfel: Die Erkrankung tritt am häufigsten im 4. und 5. Lebensjahrzehnt auf.
Prävalenz (Krankheitshäufigkeit): Die Krankheitshäufigkeit liegt bei 2-5 % der Bevölkerung. In etwa 30 % der Fälle sind beide Schultern betroffen.
Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen): Häufiger bei Personen mit Diabetes mellitus oder Schilddrüsenerkrankungen.
Verlauf und Prognose
Verlauf
- Initialphase (Schmerzphase): Beginn mit schleichenden Schmerzen, die sich nachts und bei Bewegungen verstärken.
- Einfrierphase: Zunehmende Bewegungseinschränkung, Schmerzen lassen nach.
- Auftauphase: Allmähliche Besserung der Beweglichkeit, Schmerzen klingen ab.
Prognose
- Selbstlimitierender Verlauf: Bei 80-90 % der Patienten bessert sich die Erkrankung innerhalb von 1-4 Jahren von selbst [1].
- Langzeitfolgen: Bei 10-20 % der Patienten bleiben funktionelle Defizite bestehen, insbesondere bei verspäteter Diagnose und Therapie [1].
Therapieansätze
- Konservative Behandlung: Physiotherapie, manuelle Therapie und analgetische bzw. antiphlogistische Medikation sind die ersten Therapieansätze. Intraartikuläre Steroidinjektionen können zusätzlich helfen.
- Operative Therapie: In schweren Fällen oder bei therapierefraktären Verläufen kann eine arthroskopische Mobilisation oder Kapseldurchtrennung (ggf. kombiniert mit subakromialer Dekompression) notwendig sein.
Literatur
- Meyer C, Stein G, Kellinghaus J, Schneider TL: Management of Idiopathic Frozen Shoulder – Prospective Evaluation of Mobilisation under Anaesthesia and an Additional Subacromial Cortisone Injection. Z Orthop Unfall. 2015 Dec;153(6):613-7. doi: 10.1055/s-0035-1546238. Epub 2015 Sep 14.
- Rangan A et al.: Management of adults with primary frozen shoulder in secondary care (UK FROST): a multicentre, pragmatic, three-arm, superiority randomised clinical trial Lancet October 03, 2020 doi:https://doi.org/10.1016/S0140-6736(20)31965-6
Leitlinien
- S2e-Leitlinie: Schultersteife. (AWMF-Registernummer: 187-120), April 2022 Langfassung