Schulterarthrose (Omarthrose) – Operative Therapie

Die operative Therapie der Omarthrose (Schulterarthrose) wird in Abhängigkeit von Schweregrad, funktionellen Einschränkungen und dem Zustand der Rotatorenmanschette individuell gewählt. Während arthroskopische Verfahren bei frühen Stadien zur Schmerzlinderung beitragen, sind endoprothetische Verfahren in fortgeschrittenen Fällen der Goldstandard. Alle hier aufgeführten Verfahren sind evidenzbasiert und basieren auf den aktuellen Leitlinien und wissenschaftlichen Erkenntnissen.

Indikationen (Anwendungsgebiete) für operative Maßnahmen

Arthroskopie des Schultergelenks (minimalinvasive Gelenkspiegelung)

  • Verfahren:
    • Débridement (Entfernung von geschädigtem Gewebe und Knorpel)
    • Partieller Oberflächenersatz bei umschriebenen Knorpeldefekten des Humeruskopfes (Kopf des Oberarmknochens) 
  • Indiziert bei:
    • Fokalen chondralen avaskulären Nekrosen (Stadien 3-4 nach Cruess)
    • Omarthrosen ohne wesentliche Glenoiddestruktion (Zerstörung der äußeren Gelenkpfanne des Schulterblattes)
  • Evidenz:
    • Studien zeigen kurzfristige Schmerzlinderung, jedoch begrenzte Langzeiteffekte

Cup-Prothese (endoprothetischer Ersatz des Humeruskopfes)

  • Indiziert bei:
    • Omarthrose mit isolierter Humeruskopfschädigung, aber intakter Glenoidpfanne
  • Vorteile:
    • Minimalinvasiver Ersatz mit Erhalt der Gelenkpfanne
  • Evidenz:
    • Gute Ergebnisse bei isolierten Humeruskopfdegenerationen, aber weniger geeignet bei Glenoidbeteiligung

Endoprothetischer Ersatz des Glenohumeralgelenks (Schultergelenkersatz – Goldstandard)

Hemiendoprothese (HEP, Oberarmkopfprothese)

  • Indiziert bei:
    • Omarthrose mit intakter Glenoidpfanne
  • Verfahren:
    • Ersatz der Gelenkfläche des Oberarmkopfes
  • Evidenz:
    • Erhöhtes Risiko für sekundäre Glenoidarthrose, daher kein Standardverfahren mehr

Totalendoprothese (TEP, Schultertotalendoprothese)

  • Indiziert bei:
    • Omarthrose mit beidseitiger Gelenkzerstörung (Humeruskopf und Glenoid)
  • Verfahren:
    • Ersatz der Gelenkfläche des Humeruskopfes und der Glenoidpfanne
  • Evidenz:
    • Goldstandard für Patienten mit erhaltener Rotatorenmanschette, langfristige Schmerzreduktion und Funktionsverbesserung

Schaftlose Schulterendoprothesen (Metaphysäre Schulterendoprothesen)

  • Indiziert bei:
    • Glenohumeralarthrose, Revisionseingriffe
  • Vorteile:
    • Erhalt der Anatomie, kürzere OP-Zeiten
  • Evidenz:
    • Geringerer Knochenverlust, gute funktionelle Ergebnisse

Inverse Schulterprothese (Delta-Prothese bei Defektarthropathie)

  • Indiziert bei:
    • Omarthrose mit irreparabler Rotatorenmanschettenschädigung
  • Verfahren:
    • Der Humeruskopf wird durch eine Pfanne ersetzt, das Glenoid erhält eine glenosphärische Prothese
  • Evidenz:
    • Gute Langzeitergebnisse bei Rotatorenmanschetten-Defektarthropathie

Arthrodese (operative Versteifung des Schultergelenks – nur in Ausnahmefällen)

  • Indiziert bei:
    • Schwersten Gelenkschäden, fehlgeschlagene Prothesen
  • Evidenz:
    • Sehr eingeschränkte Beweglichkeit, nur als Ultima Ratio

Vergleich der operativen Verfahren bei Omarthrose

Verfahren Indikation Vorteile Nachteile Evidenz
Arthroskopie (Débridement, Oberflächenersatz) Frühstadien mit fokalen Knorpelschäden Minimalinvasiv, Gelenkerhalt Keine langfristige Wirkung bei fortgeschrittener Arthrose Kurzfristige Schmerzlinderung, begrenzte Langzeitwirkung
Cup-Prothese Isolierte Humeruskopfzerstörung Erhalt der Glenoidpfanne Nicht geeignet bei Glenoidarthrose Gute Ergebnisse bei fokaler Humeruskopfschädigung
Hemiendoprothese (HEP) Omarthrose mit intakter Glenoidpfanne Reduziert OP-Risiko Risiko für sekundäre Glenoidarthrose Keine Standardtherapie mehr
Totalendoprothese (TEP) Omarthrose mit beidseitiger Gelenkzerstörung Goldstandard, langfristige Schmerzreduktion Hohe OP-Komplexität Evidenzbasierte Standardtherapie
Schaftlose Schulterendoprothese Glenohumeralarthrose, Revisionseingriffe Weniger Knochenverlust, reduzierte OP-Zeit Langzeitergebnisse begrenzt Geringere Komplikationsrate, vergleichbare Funktion
Inverse Schulterprothese Arthrose mit irreparabler Rotatorenmanschette Wiederherstellung der Schulterfunktion Komplexer Eingriff, Muskelanpassung erforderlich Gute funktionelle Ergebnisse bei Rotatorenmanschettendefekten
Arthrodese Schwerste Gelenkschäden Stabilität Dauerhafte Bewegungseinschränkung Nur als Ultima Ratio empfohlen

Weitere Hinweise

  • Die elektive Endoprothese des Schultergelenks (Schulterendoprothese) weist für das Risiko einer Revisionsoperation geschlechts- und altersspezifische Unterschiede auf [1].
    • Frauen > 85 Jahren (eine von 37 musste sich nach einer Schulterprothese (Schulterersatz) erneut einem Eingriff unterziehen.)
    • Männer: 55-59 Jahre (jeder vierte musste sich einer Revisionsoperation unterziehen; Risiko war insb. während der ersten fünf Jahre erhöht)

Fazit

Die operative Therapie der Omarthrose (Schulterarthrose) basiert auf evidenzbasierten Kriterien. Während arthroskopische Verfahren bei frühen Stadien sinnvoll sind, bleibt die Totalendoprothese (TEP) der Goldstandard bei fortgeschrittener Omarthrose mit erhaltener Rotatorenmanschette. Schaftlose Prothesen bieten eine knochenschonende Alternative mit vergleichbaren Langzeitergebnissen. Die inverse Schulterprothese stellt eine effektive Lösung für Defektarthropathien dar. Arthrodesen werden nur in Ausnahmefällen durchgeführt.

Literatur

  1. Craig RS et al.: Serious adverse events and lifetime risk of reoperation after elective shoulder replacement: population based cohort study using hospital episode statistics for England. BMJ 2019;364 http://dx.doi.org/10.1136/bmj.l298