Glucosamin-Therapie
Glucosaminsulfat – ein Aminmonosaccharid – ist ein essentieller (lebensnotwendiger) Baustein der Glykosaminoglykane (GAG) – Hauptbestandteile der Knorpelgrundsubstanz – der Hyaluronsäure und der Synovia („Gelenkschmiere“).
Untersuchungen haben gezeigt, dass Glucosaminsulfat – ein Vitalstoff* (Mikronährstoffe) – die Proteoglykan-Synthese und damit auch Viskosität der Synovia, das heißt, die Fließeigenschaften der Gelenkflüssigkeit, steigern konnte.
Ziel einer Glucosamin-Therapie
- Verbesserung der Gelenkfunktion und Schmerzreduktion bei Arthrose, insbesondere Gonarthrose und Coxarthrose.
- Hemmung der knorpelabbauenden Enzyme, die ansonsten Proteoglykane und Kollagen abbauen, um den weiteren Abbau von Knorpelsubstanz zu verlangsamen.
- Unterstützung des Wiederaufbaus von bereits geschädigtem Knorpel- und Sehnengewebe.
- Verlangsamung der Arthroseprogression und potenzielle Verhinderung von Strukturveränderungen in den betroffenen Gelenken.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
- Arthrose
- Coxarthrose (Arthrose des Hüftgelenkes; Hüftarthrose)
- Gonarthrose (Arthrose des Kniegelenkes; Kniearthrose)
Kontraindikationen (Gegenanzeigen)
- Allergie oder Überempfindlichkeit gegenüber Glucosamin oder Bestandteilen des Präparats.
- Diabetes mellitus oder Glukoseintoleranz wegen potenzieller Beeinflussung des Blutzuckerspiegels.
- Anwendung von Antikoagulantien (Blutgerinnungshemmern), aufgrund potenzieller Wechselwirkungen, die zu erhöhter Blutungsneigung führen können.
Wirkung einer Glucosamin-Therapie
- Steigerung der Synthese von Proteoglykanen und damit der Viskosität der Synovialflüssigkeit, was die Gelenkfunktion unterstützt.
- Regulation des Gleichgewichts von Knorpelaufbau und -abbau.
- Antiphlogistische Wirkung, die Entzündungen reduziert, ohne die Prostaglandin-Synthese zu beeinflussen.
Des Weiteren konnte nachgewiesen werden, dass Glucosaminsulfat die für den Knorpelabbau verantwortlichen proteolytischen Enzyme und Zytokine hemmt. Es führt zu einer Regulation des Gleichgewichts von Knorpelauf- und -abbau und hemmt den Untergang des Knorpelgewebes. Zudem besitzt Glucosaminsulfat eine antiphlogistische (entzündungshemmende) Wirkung, ohne dabei die Prostaglandin-Synthese zu beeinflussen.
Das Glucosaminsulfat-Molekül ist etwa 250-mal kleiner als das des Chondroitinsulfats – dieses erklärt die gute Resorption von Glucosaminsulfat mit 97 % im Verdauungstrakt.
*Zu den Vitalstoffen (Makro- und Mikronährstoffe) gehören unter anderem Vitamine, Mineralstoffe, Spurenelemente, lebensnotwendige Aminosäuren, lebensnotwendige Fettsäuren etc.
Glucosaminsulfat wird wie Chondroitinsulfat zu den Chondroprotektiva gezählt, welche bei degenerativen Gelenkerkrankungen eingesetzt werden. Sie gehören ebenfalls zu den SYSADOA (engl. Symptomatic Slow Acting Drugs in Osteoarthritis) und sind charakterisiert durch eine fehlende direkte analgetische Wirkung (schmerzstillende Wirkung).
In mehr als 30 klinischen Studien – kontrolliert, doppelblind, randomisiert – mit circa 8.000 Patienten mit Gonarthrose (Kniegelenksarthrose) konnte die klinische Relevanz von Glucosaminsulfat bestätigt werden. Glucosaminsulfat weist zum einen abschwellende und schmerzlindernde Eigenschaften bei Gelenkproblemen auf. Zum anderen kann diese Substanz bereits geschädigtes Knorpel- und Sehnengewebe wiederherstellen und somit zu einer Funktionsverbesserung der betroffenen Gelenke führen [2, 8, 10, 13]. Der GAIT-Studie zur Folge konnten nach 24-wöchiger Einnahme von Glucosamin (1.500 mg/Tag) die Gelenkschmerzen der Gonarthrosepatienten um 65,7 % gesenkt werden [3].
In einer klinischen Langzeitstudie über 3 Jahre wurde zudem festgestellt, dass Glucosaminsulfat die Symptome der Gonarthrose – Steifigkeit, Schmerzen, Funktionsverlust – reduziert und Strukturveränderungen im Kniegelenk verhindert, wodurch die Progression der Gonarthrose verlangsamt wird [4, 6, 7, 9, 11, 12, 14, 17]. Hinsichtlich der Gelenkspaltsituation konnte in der mit Glucosaminsulfat supplementierten Gruppe keine Gelenkspaltverschmälerung gemessen werden.
Glucosaminsulfat qualifiziert sich schließlich als krankheitsmodifizierende Substanz und gehört zu der Gruppe der DMOAD (disease modifying osteoarthritis drugs) [4, 5, 6, 7, 8, 9, 12, 13, 14, 17].
Eine Placebo- und NSAR-kontrollierte Studie mit 329 Gonarthrosepatienten über 3 Monate Behandlungs- und zwei weitere Monate Nachbeobachtungsdauer zeigte darüber hinaus eine länger anhaltende Wirksamkeit beziehungsweise Schmerzlinderung und sehr gute Verträglichkeit von Glucosaminsulfat gegenüber üblicher Schmerzmittel – nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR), NSAID. Nach Beendigung der Therapie hält die Symptom-modifizierende Wirksamkeit von Glucosaminsulfat mindestens noch 2 Monate an. Im Gegensatz dazu lässt der Nutzen der NSARs nach Absetzen der Behandlung schnell nach [11, 12, 18].
In einem systematischen Review konnte gezeigt werden, dass bei Patienten mit oder mit einem Risiko für Arthrose, die Verwendung von Glucosamin und Chondroitinsulfat als konservative Maßnahme dazu dienen kann, die Gelenkknorpel zu schützen und das Fortschreiten einer Arthrose zu verzögern. Hyaluronsäure-Injektionen zeigten eine unterschiedliche Wirksamkeit, während NSAR sowie die Vitamine E und D keinen Effekt auf die Progression einer Arthrose zeigten [20].
In einer multizentrischen Interventionsstudie mit 606 Gonarthrosepatienten konnte nachgewiesen werden, dass die Wirkung von Glucosamin und Chondroitin für die Therapie der Gonarthrose, identische Effekte zeigte wie eine medikamentöse Behandlung mit dem selektiven COX-2-Hemmer Celecoxib. Beide Therapieformen senkten den Schmerzindex der Gonarthrosepatienten um circa 50 %. Die Abnahme von Gelenkschwellungen und Gelenkergüssen nahm ebenfalls in beiden Gruppen gleich stark ab [19].
Ein Nebeneffekt der Einnahme von Glucosamin ist ein leicht vermindertes Erkrankungs- und Sterberisiko für ein Herz-Kreislauf-Ereignis [21]:
- Die Hazard Ratio für ein Herz-Kreislauf-Ereignis betrug 0,85 (95-%-Konfidenzintervall 0,80 bis 0,90)
- Einen Herz-Kreislauf-Tod erlitten die Anwender von Glucosamin zu 12 % seltener (Hazard Ratio 0,78; 0,70 bis 0,87)
- Koronare Herzkrankheit trat 18 % (Hazard Ratio 0,82; 0,76 bis 0,88) und ein Schlaganfall 9 % (Hazard Ratio 0,91; 0,83 bis 1,00) seltener auf.
Mögliche Komplikationen
- Frühkomplikationen: Magen-Darm-Beschwerden wie Blähungen, Durchfall oder Magenschmerzen.
- Spätkomplikationen: Langfristige Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten, insbesondere Antikoagulanzien.
Fazit
Glucosamin ist eine natürliche Substanz, die erfolgreich in der Behandlung der Arthrose eingesetzt wird. Sie kann die typischen Symptome Ihrer Arthrose wie Steifigkeit, Schmerzen und Funktionsverlust positiv beeinflussen und dient somit Ihrem Wohlbefinden und Ihrer Vitalität.
Die obigen Vitalstoff-Empfehlungen (Mikronährstoffe) wurden mithilfe des EUSANA Expertensystems für Präventionsmedizin erstellt. Die Aussagen sind durch Evidence-Based-Medicine-Literatur, das bedeutet durch klinische Studien mit hohem Wirksamkeitsgrad, belegt.
Umfangreiche weitere Informationen zu Glucosaminsulfat finden Sie im DocMedicus Arzt- und Patienteninformationssystem im "Lexikon für Mikronährstoffmedizin". Dieses finden Sie in der Kategorie "Ernährungsmedizin" unter dem Thema "Grundlagen der Ernährungsmedizin".
Literatur
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- Aktuelle Literatur: siehe unter dem gleichnamigen Thema im Mikronährstofflexikon