Schlüsselbeinbruch (Klavikulafraktur) – Operative Therapie
Die Klavikularfraktur (Schlüsselbeinbruch) wird nach ihrer genauen Frakturform (Knochenbruchform) und Dislokation (Verschiebung der Knochenfragmente) klassifiziert. In bestimmten Fällen ist eine operative Versorgung mittels Osteosynthese erforderlich.
Indikationen (Anwendungsgebiete)
Die Osteosynthese ist indiziert bei:
- Dislokation (Verschiebung oder Verdrehung der Knochenfragmente) um mehr als eine Schaftbreite.
- Mittleres Drittel der Klavikula (häufigste Frakturform) – Das Osteosyntheseverfahren wird abhängig von der Frakturklassifikation gewählt.
- Drohende Durchspießung (Gefahr einer Perforation der Haut durch die Frakturenden).
- Gefäß- oder Nervenverletzung (direkte oder indirekte Schädigung von Strukturen im Bereich der Klavikula).
- Gelenknahe Fraktur (Bruch in der Nähe des Sternoklavikulargelenks oder des Akromioklavikulargelenks).
- Luxationsfraktur (Kombination aus Fraktur und Luxation eines benachbarten Gelenks).
- Offene Fraktur (Bruch mit Durchtrennung der Haut, etwa 2 % der Fälle).
- Refraktur (erneuter Bruch des Schlüsselbeins nach unzureichender Heilung).
Absolute Operationsindikationen
In folgenden Fällen ist eine sofortige operative Versorgung erforderlich:
- Offene Frakturen (offene Knochenbrüche)
- Begleitende Gefäß- oder Nervenverletzung
- Drohende Durchspießung („ante perforationem“)
Operationsverfahren
- Plattenosteosynthese – Anwendung von winkelstabilen oder herkömmlichen Platten zur Fixation der Fraktur.
- Intramedulläre Stabilisierung – Einbringen eines elastischen oder starren Nagels zur Fixierung der Frakturfragmente.
Postoperative Nachsorge
- Physiotherapie – Frühzeitige Mobilisation zur Vermeidung von Bewegungseinschränkungen.
- Schmerztherapie – Analgetika zur Reduktion postoperativer Schmerzen.
- Röntgenkontrollen – Regelmäßige Kontrolle der Frakturheilung.
Mögliche Komplikationen
- Infektionen und Wundheilungsstörungen – Insbesondere bei offenen Frakturen oder ausgedehnten Weichteilverletzungen.
- Gefäßverletzungen – Durch die anatomische Nähe zur Arteria subclavia (Schlüsselbeinarterie) möglich.
- Iatrogener Pneumothorax – Arztbedingte Verletzung der Pleura mit Luftansammlung neben der Lunge.
Vergleich der Operationsmethoden
Methode | Technik | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
Plattenosteosynthese | Offene Reposition und Fixation mit winkelstabiler oder herkömmlicher Platte | Hohe Stabilität, ermöglicht frühzeitige Belastung, gute anatomische Rekonstruktion | Größerer Hautschnitt, Risiko für Implantatlockerung, spätere Metallentfernung erforderlich |
Intramedulläre Stabilisierung | Minimalinvasive Einführung eines elastischen oder starren Nagels in den Markraum | Kleinere Inzision, weniger Weichteilschädigung, weniger Irritation durch Implantat | Geringere Stabilität bei komplexen Frakturen, Nagelwanderung möglich |
Weitere Hinweise
- Junge Patienten (> 18 Jahre) mit Fraktur im mittleren Drittel der Clavicula (70 bis 80 % der Fälle), die chirurgisch durch eine offene Reposition mit Osteosynthese durch Platten und Schrauben behandelt wurden, kehrten früher wieder an ihren Arbeitsplatz zurück als die Gruppe derer, die konservativ mit einer Armschlinge (6 Wochen tragen, davon 3 Wochen lang permanent) behandelt wurden [1].
- Bei Klavikulaschaftfrakturen des mittleren Drittels ist ein alternatives Therapieverfahren zur Plattenosteosynthese bei Frakturen des Typ A und B die elastisch stabile intramedulläre Nagelung (ESIN) mit „titanium elastic nail“ (TEN) [2].
Mögliche Komplikationen sind: Schmerzen über dem medialen Ende (in ca. 1 % war eine Nachkürzung erforderlich). Bei 5 % konnte ein Telescoping beobachtet werden, in 2 % eine (nicht intraoperativ aufgetretene) laterale Perforation [3].
Fazit
Die operative Versorgung einer Klavikularfraktur ist insbesondere bei stark dislozierten, offenen oder mit Gefäß- und Nervenverletzungen einhergehenden Frakturen indiziert. Die Wahl des Operationsverfahrens hängt von der Frakturform, der Patientencharakteristik und dem individuellen Risikoprofil ab.
- Die Plattenosteosynthese bietet eine höhere Stabilität und ist besonders bei komplexen oder instabilen Frakturen geeignet.
- Die intramedulläre Stabilisierung ist weniger invasiv, jedoch für bestimmte Frakturformen weniger stabil.
Die postoperative Nachsorge und frühzeitige Mobilisation sind entscheidend, um Bewegungseinschränkungen und Komplikationen zu vermeiden. Eine individuelle Therapieplanung unter Berücksichtigung des Patientenprofils ist essenziell für den bestmöglichen Behandlungserfolg.
Literatur
- Melean PA et al.: Surgical treatment of displaced middle-third clavicular fractures: a prospective, randomized trial in a working compensation population. J Shoulder Elbow Surg 2015; online 22. Januar; doi: 10.1016/j.jse.2014.11.041
- Classification OTACfCa (1996) Fracture and dislocation compendium. Orthopaedic Trauma Association Committee for Coding and Classification. J Orthop Trauma 10(Suppl 1):1-154
- Faymonville C, Libutzki PV, Hackl M, Müller LP: Elastisch-stabile intramedulläre Nagelung bei Klavikulaschaftfrakturen. Springer-Verlag Berlin Heidelberg (2014) DOI: 10.1007/s11678-014-0284-y