Schenkelhalsbruch (Schenkelhalsfraktur) – Operative Therapie

Die operative Therapie stellt die Therapie der ersten Wahl bei der Schenkelhalsfraktur dar:

  • Osteosynthese operatives Verfahren zur Behandlung von Frakturen (Knochenbrüchen) und anderen Knochenverletzungen (z. B. Epiphysiolysen) zur schnellen Wiederherstellung der vollen Funktionsfähigkeit. Dieses erfolgt durch Implantate (mittels Einbringen von Kraftträgern wie Schrauben oder Platten)
  • Hüftendoprothese (Hüft-TEP; Totale Endoprothese des Hüftgelenks) künstliches Hüftgelenk

Beachte: Die Prognose älterer Patienten mit Hüftfraktur verschlechtert sich mit der Wartezeit bis zur Operation. Gemäß einer Studie erhöhte sich das Risiko, innerhalb des nächsten Jahres zu sterben, pro zehn Stunden zusätzlicher Wartezeit um rund 5 % [3].

Der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat beschlossen, dass Krankenhäuser zukünftig verpflichtet sind, Patienten mit einer hüftgelenknahen Femurfraktur innerhalb von 24 Stunden zu operieren, sofern ihr Allgemeinzustand dies zulässt. 

Indikationen zur Osteosynthese

  • Prophylaktisch: nicht dislozierte (verschobene, verlagerte), stabile Frakturen
  • Jüngere und ältere Patienten im aktiven Lebensalter unabhängig vom Frakturtyp
  • In höherem Lebensalter sprechen für die Osteosynthese:
    • Gut erhaltene körperliche und geistige Leistungsfähigkeit
    • stabile Frakturen (impaktiert, Pauwels I, Garden I)
    • keine oder nur geringe Dislokation (Garden II, evtl. III)
    • gut reponierbare (einrenkbare) Fraktur
    • keine wesentliche Osteoporose (Knochenschwund)
    • großes Kopf-Hals-Fragment
    • großer Schenkelhalsdurchmesser
    • Fraktur nicht älter als 24 h
    • Ipsilaterale Parese (Lähmung auf der gleichen Seite)
  • Bei erheblich reduzierten Allgemeinzustand
    • Gebrechlichkeit
    • Bettlägerigkeit
    • Altersdemenz

Weitere Hinweise

  • Intrakapsuläre ("in der Kapsel“) Hüftfraktur bei Patienten im Alter von 60 Jahren oder älter: Zementierte Hemiarthroplastik (nur der proximale Femur/Oberschenkelknochen wird ersetzt) versus zementfreie Prothese: in einer randomisierten Studie erzielte eine zementierte Hemiarthroplastik eine bessere Lebensqualität als eine zementfreie Prothese [6].

Indikationen zur Endoprothese

  • Stark dislozierte Fraktur
  • Nicht befriedigend zu reponierende Fraktur
  • Ältere und mobilisierbare Patienten mit reduziertem Leistungsvermögen
  • Osteoporose
  • Pathologische Fraktur (Spontanfraktur; Knochenbruch, der „spontan“, d.h. ohne adäquates Trauma, sondern aufgrund einer erkrankungsbedingten Schwächung des Knochens auftritt)
  • Vorliegende Coxarthrose (Arthrose/Knochenverschleiß des Hüftgelenks)

Weitere Hinweise

  • Die Auswertung von Daten der NSQIP-Datenbank des American College of Surgeons ergab, dass unabhängig vom Operationsverfahren bei Schenkelhalsfraktur einen Monat postoperativ ("nach der Operation") in 2,2 % der Fälle (= 592 Patienten) ein kardiales Ereignis (Myokardinfarkt/Herzinfarkt oder Herzstillstand) auftrat. Risikofaktoren dafür waren:
    • Lebensalter (> 65 Jahre)
    • vorbestehende Herzerkrankung (Angina pectoris ()"Brustenge"; plötzlich auftretender Schmerz in der Herzgegend, Herzinsuffizienz (Herzschwäche), Myokardinfarkt (Herzinfarkt) und/oder PTCA oder Stent)
    • Chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD)
    • Dyspnoe (Atemnot)
    • Blutgerinnungsstörungen
    • Diabetes mellitus
    • Hypertonie (Bluthochdruck)
    • Periphere arterielle Gefäßerkrankung (pAVK)
    • Wundinfektionen
    • zerebrovaskuläre ("die Blutgefäße des Gehirns betreffend") Schäden
    • häufiger Erhalt von Bluttransfusionen
    Nach Berücksichtigung mehrerer Einflussgrößen (Alter, Geschlecht, Hautfarbe, ASA-Score) zeigte sich ein deutlicher Zusammenhang mit einer postoperativen Herzkomplikation für folgende Erkrankungen:
    • dialysepflichtiges Nierenversagen (Odds Ratio, OR = 2,22) [präoperative Labordiagnostik: Kalium; Vorstellung beim Nephrologen]
    • pAVK (OR = 2,11)
    • Apoplex/Schlaganfall (OR = 1,83), COPD (OR = 1,69)
    • vorbestehende Herzerkrankung (OR = 1,55) [prä- und operative Labordiagnostik: Troponin, NT-proBNP (N-terminales pro brain natriuretic peptide); ggf. Vorstellung beim Kardiologen]
  • Hüftfraktur
    • Patientenalter > 65 Jahre: Operation versus konservative Versorgung: 30-Tages-Mortalität war für die nicht operativ versorgten Patienten um den Faktor 3,95 höher als für die operierte Gruppe; nach einem Jahr um 3,84-fach höher [2].
    • Patienten in Pflegeeinrichtungen mit einer Hüftfraktur und fortgeschrittener Demenz: Mortalitätsrate (Sterberate) bei chirurgisch versorgten Patienten bei einem Follow-up von zwei Jahren war 12 % geringer [4].
  • Dislozierte Schenkelhalsfraktur: Implantation einer Totalendoprothese versus einer Hemiprothese (die nur den Hüftkopf, nicht aber das Acetabulum (Hüftgelenk- oder Beckenpfanne) ersetzt; primärer Endpunkt der Studie war eine zweite Hüftoperation innerhalb der ersten 24 Monate:
    • Totalendoprothese (= Ersatz von Gelenkkopf und Gelenkpfanne): bei 57 von 718 Patienten (7,9 %) 
    • Hemiprothese: 60 von 723 Patienten (8,3 %) 
    Der Unterschied war nicht signifikant; bei der Totalendoprothese war im zweiten Jahr die Zahl der Revisionen geringer als nach Implantation einer Hemiendoprothese, was möglicherweise ein Hinweis auf eine geringere langfristige Haltbarkeit sein kann [5].

Literatur

  1. Sathiyakumar V et al.: Risk factors for adverse cardiac events in hip fracture patients: an analysis of NSQIP data. Int Orthop 2015; online 21. Juli; doi: 10.1007/s00264-015-2832-5
  2. Van de Ree CLP et al.: Hip Fractures in Elderly People: Surgery or No Surgery? A Systematic Review and Meta-Analysis. Geriatric Orthop Surg 2017; online 7. Juli; doi: 10.1177/2151458517713821
  3. Maheshwari K et al.: Early Surgery Confers One-Year Mortality Benefit in Hip-Fracture Patients. Journal of Orthopaedic Trauma: Post Acceptance: October 14, 2017 doi: 10.1097/BOT.0000000000001043
  4. Berry SD et al.:Association of Clinical Outcomes With Surgical Repair of Hip Fracture vs Nonsurgical Management in Nursing Home Residents With Advanced Dementia. JAMA Intern Med 2018; online 7. Mai. doi: http://dx.doi.org/10.1001/jamainternmed.2018.0743
  5. Bhandari M et al.: Total Hip Arthroplasty or Hemiarthroplasty for Hip Fracture New Eng J Med.September 26, 2019 doi: 10.1056/NEJMoa1906190
  6. Fernandez MA et al.: Cemented or Uncemented Hemiarthroplasty for Intracapsular Hip Fracture N Engl J Med 2022; 386:521-530 doi: 10.1056/NEJMoa2108337

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Evidenz- und konsensbasierte Indikationskriterien zur Hüfttotalendoprothese bei Coxarthrose (EKIT-Hüfte). (AWMF-Registernummer: 027 - 042), März 2021 Kurzfassung Langfassung