Schenkelhalsbruch (Schenkelhalsfraktur) – Einleitung

Die Schenkelhalsfraktur bezeichnet einen Bruch des Oberschenkelknochens (Femur) am proximalen (körpernahen) Ende zwischen dem Hüftkopf (Caput femoris) und dem Trochanter major (großer Rollbügel). Es handelt sich um eine häufige Fraktur, insbesondere bei älteren Patienten, und ist oft die Folge einer osteoporotischen Knochenschwäche. Man unterscheidet mediale (nahe der Hüftgelenkpfanne) von lateralen (nahe dem Trochanter major) Schenkelhalsfrakturen.

Thesaurussynonyma und ICD-10: Femurhalsfraktur; Femurkopffraktur; Fraktur der oberen Femurepiphyse; Fraktur des Caput femoris; Fraktur des Femurepiphysenkopfes; Hüftfraktur; Hüftkopfbruch; Hüftkopffraktur; Laterale Schenkelhalsfraktur; mediale Schenkelhalsfraktur; Oberschenkelhalsfraktur; offene Hüftfraktur; Offener transzervikaler Schenkelhalsbruch; offene transzervikale Schenkelhalsfraktur; Pipkin-Fraktur; Schenkelhalsbruch; Schenkelhalsfraktur; Schenkelhalsfraktur im Femurkopf; Subkapitale Schenkelhalsfraktur; transzervikale Femurfraktur; transzervikaler Schenkelhalsbruch; transzervikale Schenkelhalsfraktur; zervikotrochantäre Schenkelhalsfraktur; ICD-10-GM S72.0: Schenkelhalsfraktur

Anatomie und Funktionen

Der Oberschenkelhals (Collum femoris) verbindet den Schaft des Oberschenkelknochens (Femur) mit dem Hüftkopf (Caput femoris), der in die Hüftgelenkpfanne (Acetabulum) passt. Dieser Bereich ist anatomisch und funktionell bedeutend, da er das Körpergewicht vom Rumpf auf die unteren Extremitäten überträgt und eine zentrale Rolle in der Stabilität und Beweglichkeit des Hüftgelenks spielt.

Formen der Erkrankung

  • Mediale Schenkelhalsfraktur: Bruch im Bereich des Hüftkopfes und des Collum femoris, oft mit Beteiligung der Blutversorgung des Hüftkopfes, was das Risiko einer Hüftkopfnekrose erhöht.
  • Laterale Schenkelhalsfraktur: Bruch näher am Trochanter major, meist weniger kritisch bezüglich der Blutversorgung des Hüftkopfes, aber oft instabiler und schwieriger zu fixieren.

Ursachen

  • Osteoporose: Hauptursache bei älteren Patienten, da die verminderte Knochendichte das Risiko von Frakturen bei Stürzen erhöht.
  • Trauma: Häufig durch Stürze aus geringer Höhe, insbesondere bei älteren Menschen, oder durch Hochrasanztraumata (z. B. Verkehrsunfälle) bei jüngeren Patienten.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen sind deutlich häufiger betroffen als Männer (ca. 4:1), vor allem aufgrund der höheren Prävalenz von Osteoporose bei Frauen.

Häufigkeitsgipfel
: Das Risiko für eine Schenkelhalsfraktur steigt mit dem Alter, besonders ab dem 70. Lebensjahr. Der höchste Häufigkeitsgipfel liegt bei Frauen im postmenopausalen Alter.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): In den Industrieländern ist die Schenkelhalsfraktur eine der häufigsten Frakturen im höheren Lebensalter.

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Etwa 150-200 Fälle pro 100.000 Einwohner pro Jahr in der Altersgruppe über 65 Jahre [1].

Saisonale Häufung der Erkrankung
: Es gibt Hinweise auf eine erhöhte Inzidenz im Winter, was auf vermehrte Sturzunfälle durch Glatteis und Schnee zurückzuführen ist.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Akutphase: Sofortige Schmerzen in der Hüftregion nach dem Trauma, verbunden mit einer Bewegungsunfähigkeit des betroffenen Beins. Oft verkürzte und außenrotierte Stellung des Beins (von vorn betrachtet: Drehbewegung nach außen)
  • Postoperative Phase: Bei frühzeitiger Operation (innerhalb von 24 Stunden) bessere funktionelle Ergebnisse und niedrigere Mortalitätsrate [2].
  • Langzeitverlauf: Risiko für bleibende Einschränkungen in der Mobilität, Abhängigkeit von Gehhilfen und Bedarf an Langzeitpflege.

Prognose

  • Mortalität: Die Mortalitätsrate liegt bei etwa 20-30 % im ersten Jahr nach der Fraktur (Knochenbruch), insbesondere bei älteren, multimorbiden Patienten [3].
  • Rehabilitation: Intensive physiotherapeutische Rehabilitation ist notwendig, um die bestmögliche Wiederherstellung der Mobilität zu erreichen. Trotzdem bleibt ein erheblicher Teil der Patienten dauerhaft in ihrer Bewegungsfähigkeit eingeschränkt.
  • Komplikationen: Erhöhtes Risiko für postoperative Komplikationen wie Thrombosen, Pneumonien (Lungenentzündung) und Dekubitus (Wundlegen), besonders bei verzögerter Mobilisierung. Eine Multivarianzanalyse konnte zeigen, dass zahlreiche Faktoren die Mortalität signifikant erhöhen [4]: 
    • Herzinsuffizienz (Herzschwäche) (+54 %),
    • COPD (+45 %),
    • Chronische Nierenerkrankung (+29 %),
    • Zerebrovaskuläre Erkrankung (+18 %),
    • Rauchen (+14 %) und
    • Diabetes mellitus (+5 %).

Literatur

  1. Sobolev B et al.: Risk of second hip fracture persists for years after initial trauma. Bone. 2015 Feb 12;75C:72-76. doi: 10.1016/j.bone.2015.02.003.
  2. Maheshwari K et al.: Early Surgery Confers One-Year Mortality Benefit in Hip-Fracture Patients. Journal of Orthopaedic Trauma: Post Acceptance: October 14, 2017 doi: 10.1097/BOT.0000000000001043
  3. Hongisto MT et al.: Delay to Surgery of Less Than 12 Hours Is Associated With Improved Short- and Long-Term Survival in Moderate- to High-Risk Hip Fracture Patients. Ger Orthop Surg 2019; https://doi.org/10.1177/2151459319853142
  4. Walter N et al.: Factors associated with mortality after proximal femoral fracture. J Orthopaedics Traumatol 2023; https://doi.org/10.1186/s10195-023-00715-5

Leitlinien

  1. S2e-Leitlinie: Schenkelhalsfraktur des Erwachsenen. (AWMF-Registernummer: 012-001), Oktober 2015 Langfassung