Sarkopenie – Einleitung

Sarkopenie, umgangssprachlich als Muskelschwund bezeichnet, beschreibt einen altersassoziierten übermäßigen Verlust von Muskelmasse, Muskelkraft und damit einhergehendem Funktionsabbau. Die Erkrankung betrifft vorwiegend ältere Menschen und geht mit einem erhöhten Risiko für Stürze, Frakturen und vorzeitigen Tod einher.

Synonyme und ICD-10: Altersbedingter Muskelschwund; Muskelabbau im Alter; Myoatrophie; ICD-10-GM M62.50: Muskelschwund und -atrophie, anderenorts nicht klassifiziert: Mehrere Lokalisationen

2010 stand in einem vorgestellten Konsensus-Statement der "European Working Group on Sarcopenia in Older People" (EWGSOP) die geringe Muskelmasse im Vordergrund [1]. Künftig soll gemäß Konsensus-Statement von 2018 die Muskelschwäche und nicht mehr die -masse im Vordergrund stehen. Sarkopenie wird nun als "progrediente und generalisierte Skelettmuskelerkrankung“ definiert. Diese geht einher mit einem erhöhten Risiko für negative Folgen wie Sturzneigung/Stürze, Frakturen (Knochenbrüche), körperliche Einschränkungen (u. a. allgemeine Schwäche; Fragilität etc.) und vorzeitigen Tod [2].

Charakteristische Laborbefunde

Bei der Sarkopenie selbst gibt es keine spezifischen Laborparameter, die diagnostisch wegweisend sind. Allerdings können folgende Parameter im Zusammenhang mit der Sarkopenie auffällig sein:

  • Vitamin-D-Mangel: Häufig assoziiert mit Muskelschwäche und Sturzgefahr.
  • Erniedrigtes Albumin: Kann auf Mangelernährung hindeuten, die zur Sarkopenie beiträgt.
  • Erhöhte Entzündungsmarker (CRP, IL-6): Chronische Entzündungen können die Muskelmasse negativ beeinflussen.

Formen der Erkrankung

  • Primäre (altersbedingte) Sarkopenie: Tritt als Teil des natürlichen Alterungsprozesses auf.
  • Sekundäre Sarkopenie: Kann durch verschiedene Erkrankungen oder Bedingungen wie Mangelernährung, Immobilität, chronische Erkrankungen (z. B. Herzinsuffizienz (Herzschwäche), COPD) oder Krebs verursacht werden.
  • Sarkopene Adipositas: Kombination aus niedrigem Muskelanteil und erhöhter Fettmasse, häufig bei älteren Menschen mit Übergewicht.

Ursachen

  • Alter: Der natürliche Alterungsprozess führt zu einem physiologischen Abbau der Muskelmasse ab dem 50. Lebensjahr.
  • Bewegungsmangel: Immobilität oder Bettlägerigkeit fördern den Muskelabbau.
  • Ernährungsdefizite: Insbesondere Protein- und Vitamin-D-Mangel spielen eine Rolle.
  • Chronische Erkrankungen: Krankheiten wie chronische Niereninsuffizienz (dauerhafte Nierenschwäche), Herzinsuffizienz (Herzschwäche) und Krebs sind Risikofaktoren.
  • Glucocorticoidtherapie: Langzeitbehandlung mit Corticosteroiden kann den Muskelabbau verstärken.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind gleich häufig betroffen.

Häufigkeitsgipfel
: Die Erkrankung tritt vorwiegend ab dem 70. Lebensjahr auf.

Prävalenz 
(Krankheitshäufigkeit)

  • Bei den 60- bis 70-Jährigen liegt die Prävalenz bei 5-13 %,
  • bei den über 80-Jährigen bei 50-60 %.
  • In der Altersgruppe 60-95 Jahre beträgt die Prävalenz für Männer bis zu 48 % und für Frauen bis zu 30 % in Deutschland.
  • Unter Tumorpatienten mit soliden Tumoren wird die Prävalenz zwischen 14 % und 78,7 % geschätzt [3].

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Der Muskelabbau führt zu funktionellen Einschränkungen, die das Risiko für Stürze und Frakturen erheblich erhöhen. In frühen Stadien kann Sarkopenie durch gezielte Maßnahmen, wie Krafttraining und eine proteinreiche Ernährung, verlangsamt oder sogar reversibel sein.

Prognose

  • Verbesserung durch Intervention: Eine gezielte Ernährungsumstellung (Protein, Vitamin D) und regelmäßiges körperliches Training können die Prognose deutlich verbessern.
  • Erhöhte Mortalität: Unbehandelte Sarkopenie geht mit einer erhöhten Sterblichkeit einher, insbesondere bei älteren Menschen und onkologischen Patienten.
  • Komorbiditäten: Osteoporose (Osteosarkopenie) ist eine häufige Begleiterkrankung, die das Frakturrisiko zusätzlich erhöht.

Literatur

  1. Cruz-Jentoft AJ et al.: Sarcopenia: European consensus on definition and diagnosis Report of the European Working Group on Sarcopenia in Older People. Age Ageing. 2010 Jul; 39(4): 412-423. Published online 2010 Apr 13. doi: 10.1093/ageing/afq034
  2. Cruz-Jentoft AJ et al.: Sarcopenia: revised European consensus on definition and diagnosis. Age and Ageing, afy169, Published: 12 October 2018 https://doi.org/10.1093/ageing/afy169
  3. Morishita : Prevalence of Sarcopenia in cancer patients: review and future directions. Int J Phys Med Rehabil 2016;4:342
  4. Arends J, Bachmann P, Baracos V, Barthelemy N, Bertz H, Bozzetti F et al (2017) ESPEN guidelines on nutrition in cancer patients. Clin Nutr 36(1):11-48. https://​doi.​org/​10.​1016/​j.​clnu.​2016.​07.​015