Sarkoidose – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Sarkoidose ist eine systemische granulomatöse Erkrankung mit unbekannter Ursache. Es wird angenommen, dass die Entstehung der Erkrankung multifaktoriell ist, wobei sowohl Umweltfaktoren als auch genetische Prädisposition eine Rolle spielen. Die Krankheit führt zu einer abnormen Immunreaktion, die sich in der Bildung von epitheloidzelligen Granulomen ( gutartige, körnchenförmige Gewebeneubildungen) in verschiedenen Organen manifestiert.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

Initialer Pathomechanismus:

  • Überreaktion des Immunsystems: Die Sarkoidose ist charakterisiert durch eine übermäßige Aktivierung des Immunsystems, insbesondere der T-Helfer-Zellen (CD4-positive T-Zellen), die eine zentrale Rolle bei der Immunantwort spielen. Diese Zellen setzen proinflammatorische Zytokine (entzündungsfördernde Botenstoffe) frei, die eine Entzündungsreaktion auslösen.
  • Genetische Prädisposition: Studien deuten darauf hin, dass genetische Faktoren die Anfälligkeit für Sarkoidose beeinflussen können. Bestimmte genetische Marker, wie HLA-Genotypen, sind mit einem erhöhten Risiko für die Erkrankung verbunden.

Molekulare und zelluläre Veränderungen:

  • Zytokinfreisetzung: Die überaktive Immunantwort führt zur Freisetzung proinflammatorischer Zytokine wie Interferon-γ (IFN-γ) und Tumor-Nekrose-Faktor-alpha (TNF-α). Diese Zytokine fördern die Aktivierung von Makrophagen (Fresszellen) und die Bildung von Granulomen.
  • Granulombildung: Aktivierte Makrophagen differenzieren sich in Epitheloidzellen und bilden zusammen mit Langhans-Riesenzellen die charakteristischen Granulome der Sarkoidose. Diese Granulome sind eine Abwehrmaßnahme des Körpers, um vermeintliche Fremdstoffe oder Antigene zu isolieren.

Entwicklung struktureller Veränderungen:

  • Granulome in Organen: Die gebildeten Granulome können in fast allen Organen vorkommen, häufig in der Lunge, den Lymphknoten und der Haut. Die Granulome können, wenn sie nicht abgebaut werden, zu einer chronischen Entzündung und Fibrosierung (Narbenbildung) der betroffenen Gewebe führen.
  • Einschlusskörper: In den Granulomen finden sich oft Schaumann-Körper (kalkhaltige Strukturen) und Asteroid-Körper (sternförmige Einschlüsse), die für die Sarkoidose charakteristisch, aber nicht spezifisch sind.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

Veränderungen in der Gewebsarchitektur:

  • Fibrosierung: Chronisch aktive Granulome führen zu einer fortschreitenden Fibrosierung, insbesondere in der Lunge. Dies kann eine Lungenfibrose verursachen, die die Lungenfunktion erheblich beeinträchtigt.
  • Organschäden: Die chronische Entzündungsreaktion und die Bildung von Granulomen können langfristig zur Schädigung und Funktionsbeeinträchtigung der betroffenen Organe führen.

Beteiligung des umgebenden Gewebes:

  • Lungenbeteiligung: Die Lungen sind am häufigsten von Sarkoidose betroffen. Es kommt zu einer granulomatösen Entzündung der Alveolen und Interstitien, was die Sauerstoffaufnahme einschränkt und zu Dyspnoe (Atemnot) führt.
  • Lymphknoten: Häufig sind auch die hilären Lymphknoten betroffen, was zu einer beidseitigen Lymphadenopathie (Schwellung der Lymphknoten) führt.

Klinische Manifestation

Leitsymptome:

  • Husten und Atemnot: Die Lungenbeteiligung führt häufig zu trockenem Husten, Atemnot und einem allgemeinen Schweregefühl in der Brust.
  • Lymphadenopathie: Geschwollene Lymphknoten, insbesondere in der Lunge, sind häufig ein frühes Anzeichen der Erkrankung.

Fortgeschrittene Symptome:

  • Fibrose: Langfristige Entzündungsprozesse können zu Lungenfibrose und schwerwiegenden Einschränkungen der Lungenfunktion führen.
  • Multisystembeteiligung: Die Sarkoidose kann nahezu jedes Organ betreffen, darunter die Haut (mit Lupus pernio), das Herz (mit Arrhythmien), die Augen (mit Uveitis) und das Nervensystem (mit neurologischen Ausfällen).

Progression und Organbeteiligung

Lokale Gewebeveränderungen:

  • Chronische Granulome: Die Granulome können entweder spontan zurückgehen oder sich zu chronischen, fibrosierenden Läsionen entwickeln, die das Gewebe dauerhaft schädigen.
  • Gefäßbeteiligung: In einigen Fällen kann es zur Beteiligung großer Gefäße kommen, was zu Vaskulitis (Gefäßentzündung) führt.

Systemische Auswirkungen bei chronischen Verläufen:

  • Chronische Entzündungen: Eine langfristige systemische Entzündung kann zur Erschöpfung, Gewichtsverlust und anderen allgemeinen Symptomen führen, die die Lebensqualität stark beeinträchtigen.

Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden

Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften:

  • Lungenfunktionseinschränkung: Die Fibrosierung der Lunge führt zu einer eingeschränkten Sauerstoffdiffusion und kann schwere Atembeschwerden verursachen.
  • Organfunktionsverlust: Bei chronischen Verläufen können betroffene Organe, wie das Herz oder die Nieren, ihre Funktion zunehmend einbüßen.

Schmerzentstehung:

  • Mechanischer Schmerz: In der Lunge kann die Schädigung des Gewebes zu einem anhaltenden Schweregefühl und Schmerzen beim Atmen führen.

Regenerative und kompensatorische Prozesse

Versuche der Geweberegeneration:

  • Spontane Rückbildung: In einigen Fällen können sich die Granulome spontan zurückbilden, was zu einer vollständigen Remission führt.
  • Unzureichende Regeneration: In chronischen Fällen führt die anhaltende Entzündungsreaktion zu einer unvollständigen Gewebereparatur und dauerhaften Schäden.

Kompensatorische Anpassungsmechanismen:

  • Erhöhte Immunaktivität: Das Immunsystem versucht, die Entzündung durch Aktivierung zusätzlicher Immunzellen zu kontrollieren, was jedoch oft zu einer weiteren Verstärkung der Symptome führt.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Sarkoidose ist eine systemische Erkrankung mit unklarer Ätiologie, die durch eine abnorme Immunantwort und die Bildung von Granulomen gekennzeichnet ist. Diese Granulome können in verschiedenen Organen auftreten und zu dauerhaften Funktionsstörungen führen. Während einige Patienten eine spontane Rückbildung der Erkrankung erfahren, kann es in schweren Fällen zu chronischen Organschäden kommen.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung durch Eltern, Großeltern (in Einzelfällen besteht eine familiäre Häufung)
    • Genetisches Risiko abhängig von Genpolymorphismen:
      • Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
        • Gene: ANXA11
        • SNP: rs1049550 im Gen ANXA11
          • Allel-Konstellation: CC (1,6-fach)
          • Allel-Konstellation: TT (0,62-fach)
      • Gehäuftes Vorkommen von HLA-DQB1
      • Genmutation von BTNL2 (Chromosom 6)
      • Genmutation CARD 15-Gen (Chromosom 16q12-q21) – Prädisposition für Early Onset Sarcoidosis
  • Berufe – Krankenpflegepersonal ist vermehrt betroffen.

Medikamente

  • Antikörper gegen Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α) 
  • Interferon-γ
  • Immuntherapien (z. B. bei Hepatitis C) können eine Sarkoidose auslösen bzw. verstärkten; des Weiteren Behandlungen mit Immuncheckpoint-Inhibitoren und einer dauerhaften Immunglobulinsubstitution

Umweltbelastung – Intoxikationen (Vergiftungen)

  • Chronische Berylliumexposition