Riesenzellarteriitis – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Riesenzellarteriitis (RZA) ist eine systemische segmentale Entzündung der großen und mittleren Arterien, deren Ursache bislang nicht vollständig geklärt ist. Es wird vermutet, dass diverse Umweltfaktoren als Trigger fungieren, die bei genetisch prädisponierten Personen eine überschießende Immunreaktion auslösen.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

Initialer Pathomechanismus:

  • Entzündung der Adventitia: Der Entzündungsprozess beginnt in der Adventitia (äußere Bindegewebsschicht der Blutgefäße), meist bei großen Arterien wie der Arteria temporalis (Schläfenarterie) oder anderen großen Gefäßen.
  • Granulomatöse Entzündung: Histologisch zeigt sich eine granulomatöse Entzündung (knötchenförmige Entzündung) in der Gefäßwand. Es kommt zur Ansammlung von Makrophagen (Fresszellen) und Riesenzellen (mehrkernige Zellen), die eine zentrale Rolle bei der Zerstörung der Gefäßwand spielen.

Genetische Disposition:

  • Eine genetische Prädisposition spielt ebenfalls eine Rolle, insbesondere HLA-assoziierte Gene, die das Risiko für Autoimmunerkrankungen erhöhen könnten.

Molekulare und zelluläre Veränderungen

  • Zytokinvermittelte Immunreaktionen: Es kommt zur Freisetzung von proinflammatorischen Zytokinen (entzündungsfördernde Botenstoffe) wie Interleukin-6 (IL-6) und Tumornekrosefaktor-alpha (TNF-α). Diese Zytokine verstärken den Entzündungsprozess, führen zur Infiltration der Gefäßwand durch Immunzellen und zur Schädigung des Gefäßendothels.
  • Riesenzellen: Die Bildung von Riesenzellen (mehrkernige Riesenfresszellen) führt zur Zerstörung der elastischen Lamina (elastische Schicht der Gefäßwand) und verstärkt den Schaden an der Arterienwand.

Entwicklung struktureller Veränderungen

  • Gefäßstenose: Die fortschreitende Entzündung führt zu einer Verengung (Stenose) der betroffenen Gefäße, was den Blutfluss behindert und zu Mangeldurchblutung in den betroffenen Bereichen führt.
  • Gefäßobliteration: In schweren Fällen kommt es zur Gefäßobliteration (vollständiger Verschluss des Gefäßes), was zu einer Ischämie (Minderdurchblutung) der betroffenen Gewebe und Organe führt.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

Veränderungen in der Gewebsarchitektur

  • Verdickung der Gefäßwand: Durch den chronischen Entzündungsprozess verdickt sich die Gefäßwand, was die Blutversorgung weiter beeinträchtigt.
  • Granulombildung: Die Ansammlung von Entzündungszellen führt zur Bildung von Granulomen (knötchenartige Entzündungsherde) in der Gefäßwand, die die Funktion der Arterien weiter einschränken.

Beteiligung des umgebenden Gewebes

  • Ischämische Schäden: Durch die gestörte Blutversorgung können Gewebe in den betroffenen Versorgungsgebieten Schaden nehmen. Besonders gefährdet sind das Gehirn, die Augen und die Kopfhaut, was zu Sehverlust und anderen neurologischen Symptomen führen kann.

Klinische Manifestation

Leitsymptome

  • Kopfschmerzen: Typischerweise treten starke, lokal begrenzte Kopfschmerzen auf, vor allem im Bereich der Schläfen.
  • Sehprobleme: Die Riesenzellarteriitis kann zu Sehstörungen führen, einschließlich Amaurosis fugax (vorübergehende Erblindung), und in schweren Fällen zu einem permanenten Sehverlust.

Fortgeschrittene Symptome

  • Claudicatio masticatoria: Schmerzen beim Kauen aufgrund der Mangeldurchblutung der Kiefermuskulatur.
  • Allgemeine Entzündungssymptome: Fieber, Abgeschlagenheit und Gewichtsverlust sind häufige Begleiterscheinungen.

Progression und Organbeteiligung

Lokale Gewebeveränderungen

  • Gefäßkomplikationen: Durch die entzündlichen Gefäßveränderungen kann es zu schweren Komplikationen wie einem Schlaganfall oder einer Aneurysmenbildung (Gefäßerweiterung) kommen.
  • Augenbeteiligung: Eine der gefürchtetsten Komplikationen ist die anterior ischämische Optikusneuropathie (Schädigung des Sehnervs durch Minderdurchblutung), die zu irreversibler Erblindung führen kann.

Systemische Auswirkungen bei chronischen Verläufen

  • Chronische Entzündung: Eine unbehandelte Riesenzellarteriitis kann zu anhaltender Entzündung und weiteren vaskulären Komplikationen führen, die nicht nur die Augen, sondern auch das Herz und die Lunge betreffen können.

Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden

Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften

  • Verlust der Gefäßelastizität: Die Entzündung und die Zerstörung der elastischen Schichten der Gefäße führen zu einer dauerhaften Versteifung der Arterienwände, was die normale Durchblutung weiter beeinträchtigt.

Schmerzentstehung

  • Entzündlicher Schmerz: Der Schmerz entsteht vor allem durch die entzündliche Reizung der Gefäße und des umliegenden Gewebes.

Regenerative und kompensatorische Prozesse

Versuche der Geweberegeneration

  • Unzureichende Regeneration: Trotz entzündungshemmender Behandlung bleibt der Regenerationsprozess der geschädigten Gefäße oft unvollständig, was zu bleibenden Schäden und Funktionsverlust führen kann.

Kompensatorische Anpassungsmechanismen

  • Erhöhte Gefäßbildung: Der Körper versucht, den Blutfluss durch die Neubildung kleinerer Gefäße (Kollateralen) aufrechtzuerhalten, was jedoch oft nicht ausreicht, um die Durchblutungsstörung vollständig zu kompensieren.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Riesenzellarteriitis ist eine systemische Autoimmunerkrankung, die eine chronische Entzündung der großen und mittleren Arterien verursacht. Die Krankheit führt zu schwerwiegenden Gefäßveränderungen, die zu Ischämien in verschiedenen Geweben, insbesondere Augen und Gehirn, führen können. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um das Risiko schwerer Komplikationen, wie Sehverlust und Schlaganfall, zu minimieren.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Prädisposition: insbesondere HLA-assoziierte Gene, die das Risiko für Autoimmunerkrankungen erhöhen könnten