Rheumatoide Arthritis – Strahlentherapie

Die Radiosynoviorthese (RSO) ist ein nuklearmedizinisches Verfahren, das zur lokalen Behandlung der chronischen Synovialitis (Gelenkinnenhautentzündung) bei rheumatoider Arthritis (RA) und anderen entzündlichen sowie degenerativen Gelenkerkrankungen eingesetzt wird. Die Therapie zielt auf eine Reduktion der synovialen Entzündung und Verhinderung der fortschreitenden Gelenkdestruktion durch die selektive Applikation von Beta-Strahlern in den Gelenkraum.

Wirkmechanismus

Die RSO basiert auf der intraartikulären Injektion von Radionukliden, die Beta-Strahlung emittieren. Diese führen zu einer lokalen Verkleinerung der hypertrophen Synovialis und einer entzündungshemmenden Wirkung durch folgende Mechanismen:

  • Zytotoxische Wirkung: Direkte Strahlenwirkung auf hyperproliferierende Synovialzellen mit induzierter Apoptose.
  • Reduktion der Hyperämie: Verringerung der lokalen Durchblutung durch Strahlenschäden an pathologisch veränderten Kapillaren.
  • Bindegewebige Umwandlung: Eine fibrotische Transformation der Synovialis mit Reduktion der inflammatorischen Zellinfiltration.

Der Therapieeffekt setzt innerhalb von 2-4 Wochen ein, mit einer maximalen Wirkung nach 3-6 Monaten.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

Die RSO wird bevorzugt bei Patienten mit persistierender Synovialitis angewendet, wenn eine konservative oder medikamentöse Therapie (z. B. Disease-Modifying Antirheumatic Drugs, DMARDs) nicht ausreicht oder kontraindiziert ist.

  • Frühe bis mittelschwere rheumatoide Arthritis mit therapieresistenter Synovialitis einzelner Gelenke.
  • Arthritische Gelenkbeteiligung bei Psoriasis-Arthritis (PsA).
  • Chronische aktivierte Arthrose mit rezidivierender Ergussbildung.
  • Posttraumatische oder postinfektiöse Synovialitis (Gelenkinnenhautentzündung nach einer Infektion), sofern keine Infektion mehr vorliegt.
  • Hämophilie-assoziierte Arthropathien.

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

Die RSO darf nicht angewendet werden bei:

  • Akuter bakterieller Gelenkinfektion (septische Arthritis)
  • Schwangerschaft und Stillzeit
  • Offenen Epiphysenfugen bei Kindern und Jugendlichen
  • Massive Gelenkdestruktionen oder Ankylose (Gelenksteife)
  • Vorangegangene Strahlentherapie in der Gelenkregion

Durchführung der RSO

  1. Prämedikation: Falls erforderlich, können Analgetika oder leichte Sedativa verabreicht werden.
  2. Aseptische Gelenkpunktion: Unter sterilen Bedingungen erfolgt die intraartikuläre Injektion des radioaktiven Isotops, meist unter bildgebender Kontrolle (Sonographie oder Röntgendurchleuchtung).
  3. Applikation der Radionuklide:
    • Yttrium-90 (Große Gelenke, z. B. Knie)
    • Rhenium-186 (Mittlere Gelenke, z. B. Ellenbogen, Sprunggelenk)
    • Erbium-169 (Kleine Gelenke, z. B. Finger, Zehen)
  4. Zusätzliche Injektion von Corticosteroiden zur weiteren Entzündungshemmung möglich.
  5. Ruhigstellung des Gelenks für 48 Stunden zur Optimierung der lokalen Radionuklidverteilung und Minimierung des Lymphabflusses.

Erfolgsraten und Prognose

  • Erfolgsquote: 60-80 % je nach Gelenk und zugrunde liegender Erkrankung.
  • Bessere Ergebnisse bei frühzeitiger Intervention; Spätstadien zeigen eine geringere Ansprechrate.
  • Therapiedauer: Einmalige RSO führt oft zu lang anhaltender Wirkung, Wiederholungen nach 6–12 Monaten möglich.

Mögliche Komplikationen

  • Vorübergehende Schmerzverstärkung ("Reaktives Strahlensyndrom") in den ersten Tagen.
  • Arthrogenes Infektionsrisiko (sehr selten bei aseptischer Technik)
  • Hautverfärbungen oder subkutane Nekrosen (Zerstörung von Gewebe)bei extravasaler Injektion.
  • Fehlende Wirkung bei fortgeschrittener Gelenkdestruktion.

Fazit

Die Radiosynoviorthese ist eine effektive, minimal-invasive Therapieoption für Patienten mit persistierender Synovialitis bei rheumatoider Arthritis, die nicht ausreichend auf eine systemische Therapie ansprechen. Ihre antientzündliche und synovialreduzierende Wirkung kann zur Schmerzlinderung und Verbesserung der Gelenkfunktion beitragen. Sie sollte frühzeitig im Krankheitsverlauf in Betracht gezogen werden, um bestmögliche Ergebnisse zu erzielen.