Rheumatoide Arthritis – Einleitung

Die rheumatoide Arthritis (RA) ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, die primär die Gelenke befällt und sich meist in Form einer Synovialitis (Gelenkinnenhautentzündung) manifestiert. Sie führt zu einer Polyarthritis, d. h. der gleichzeitigen Entzündung von fünf oder mehr Gelenken. Seltener können auch andere Organe wie Augen, Haut und innere Organe betroffen sein.

Synonyme und ICD-10: Arthritis; Chronische Polyarthritis; Polyarthritis chronica progressiva; Polyarthritis rheumatica; Primär chronische Polyarthritis (PcP); Primär-chronische Polyarthritis; Rheumatoid arthritis; pcP; ICD-10-GM M05.-: Seropositive chronische Polyarthritis; ICD-10-GM M06.-: Sonstige chronische Polyarthritis

Charakteristische Laborbefunde 

  • Rheumafaktor (RF): Positiver Nachweis in etwa 70-80 % der Fälle. Der Rheumafaktor ist ein Autoantikörper, der gegen das Fc-Fragment von IgG gerichtet ist.
  • Anti-CCP-Antikörper (ACPA): Positiver Nachweis von Antikörpern gegen cyclische citrullinierte Peptide, hochspezifisch für rheumatoide Arthritis, häufig in frühen Stadien nachweisbar.
  • C-reaktives Protein (CRP): Erhöhte Werte als Hinweis auf eine systemische Entzündungsreaktion.
  • Blutsenkungsgeschwindigkeit (BSG): Beschleunigte Blutsenkungsgeschwindigkeit, was auf eine aktive Entzündung hindeutet.
  • Anämie: Häufig normochrome, normozytäre Anämie (Blutarmut) als Zeichen einer chronischen Erkrankung.
  • Thrombozytose: Erhöhte Thrombozytenzahl (Blutplättchen), die mit der Entzündungsaktivität korreliert.
  • Leukozytose: Erhöhte Leukozytenzahl (weiße Blutkörperchen) in akuten Entzündungsphasen möglich.
  • Komplementfaktoren: Erniedrigung von Komplementfaktoren (C3, C4) kann in bestimmten Fällen vorkommen, ist jedoch nicht spezifisch.
  • Synovialflüssigkeit: Bei Gelenkpunktion nachweisbare Entzündungszeichen, wie trübe, gelbliche Flüssigkeit mit erhöhtem Zellgehalt, insbesondere Neutrophilen.

Diese Laborbefunde helfen bei der Diagnose und Überwachung der rheumatoiden Arthritis, sind jedoch nicht allein für die Diagnosestellung ausreichend. Eine klinische Korrelation ist stets erforderlich.

Formen der rheumatoiden Arthritis

  • Altersform der rheumatoiden Arthritis (LORA) (rheumatoide Arthritis im Alter):
    • Beginnt erst nach dem 60. Lebensjahr.
  • Juvenile rheumatoide Arthritis (chronische Autoimmunerkrankung im Kindes- und Jugendalter):
    • Chronische Autoimmunerkrankung unbekannter Ursache, die im Kindes- und Jugendalter auftritt; gehört zu den häufigsten chronischen Erkrankungen im Kindesalter.
  • Still-Syndrom (systemische Form der juvenilen rheumatoiden Arthritis):
    • Bei Kindern vorkommende systemische Form der juvenilen rheumatischen Arthritis mit Hepatosplenomegalie (Leber- und Milzvergrößerung), Fieber (≥ 39 °C, über 14 Tage), generalisierte Lymphadenopathie (Lymphknotenvergrößerung), Karditis (Herzentzündung), flüchtigem Exanthem (Hautausschlag), Anämie (Blutarmut). Die Prognose dieser Erkrankung ist ungünstig.
    • Das adulte Still-Syndrom (AOSD) (Erwachsenen-Still-Syndrom): zeigt rezidivierendes (wiederkehrendes) Fieber, Exanthem (Hautausschlag), Arthralgien (Gelenkschmerzen) und Arthritiden (Gelenkentzündungen), betrifft vorwiegend Knie, Sprung- und Handgelenke.
  • Caplan-Syndrom (rheumatoide Arthritis mit Lungenmanifestation):
    • Lungenmanifestation der seropositiven chronischen Polyarthritis mit Mischstaubsilikose und rheumatoider Arthritis.
  • Felty-Syndrom (schwere Form der rheumatoiden Arthritis):
    • Schwere Verlaufsform, fast immer Rheumafaktor-positiv, meist bei Männern zwischen 20 und 40 Jahren; geht mit Hepatosplenomegalie (Leber- und Milzvergrößerung), Leukozytopenie (Verminderung der weißen Blutkörperchen) und Thrombozytopenie (Verminderung der Blutplättchen) einher.
  • Rheumatoide Arthritis mit sekundärem Sjögren-Syndrom (trockenes Auge und trockener Mund):
    • Etwa 20-30 % der Patienten entwickeln Xerostomie (Mundtrockenheit) und Xerophthalmie (Augentrockenheit).

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Frauen zu Männern beträgt 2-3 : 1.

Häufigkeitsgipfel: Altersgipfel im Kindesalter, zwischen dem 30. und 50. sowie nach dem 60. Lebensjahr. Das Maximum des Auftretens der rheumatoiden Arthritis liegt bei Frauen zwischen dem 55. und 64. Lebensjahr und bei Männern zwischen 65 und 75 Jahren. 

Die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) liegt bei ca. 0,5-1 % in den entwickelten Ländern. In Deutschland liegt die Prävalenz bei 1,2 %.
Mit steigendem Alter nimmt die Prävalenz zu. Ab einem Alter von > 55 Jahren liegt sie bei 2 %.

Die Inzidenz (Häufigkeit von Neuerkrankungen) beträgt für Frauen 34-83 Erkrankungen pro 100.000 Einwohner pro Jahr.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Der Beginn der Krankheit ist oft schleichend, kann aber auch plötzlich eintreten.
  • Es handelt sich um eine chronische Erkrankung, die in der Regel schubweise verläuft.
  • Ein Schub kann zwischen einigen Wochen und Monaten andauern.
  • Die Folgen der Erkrankung sind zum Teil schwere Bewegungseinschränkungen und Gelenkzerstörung.
  • Komplikationen wie Fieber, Gewichtsverlust, Müdigkeit und allgemeines Krankheitsgefühl können auftreten.
  • Bei schweren Verläufen können auch innere Organe wie Herz, Lunge oder Augen betroffen sein.

Prognose

  • Die Prognose der rheumatoiden Arthritis hängt stark vom Zeitpunkt des Erkrankungsbeginns, der Schwere der Krankheit und einer frühzeitigen Therapie ab.
  • Eine frühzeitige, remissionsorientierte Therapie sichert für 60-80 % der Patienten eine normale körperliche Funktion ohne Behinderung.
  • Ohne adäquate Therapie kann die Erkrankung zu schweren Bewegungseinschränkungen und dauerhafter Gelenkzerstörung führen.
  • Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung innerhalb der ersten 3 bis 6 Monate der Erkrankung sind entscheidend, da in diesem Zeitraum der immunologische Prozess am ehesten zu stoppen ist bzw. nachhaltig verändert werden kann.
  • Trotz Therapie kann es bei einigen Patienten zu einem progressiven Verlauf mit zunehmender Behinderung und Komplikationen wie kardiovaskulären Erkrankungen, Osteoporose und anderen Folgeerkrankungen kommen.

Komorbiditäten

  • Erhöhtes Risiko für arterielle Hypertonie (Bluthochdruck, jeder dritte Patient).
  • Degenerative Gelenkerkrankungen.
  • Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  • Osteoporose (Knochenschwund).
  • Atemwegserkrankungen.

Literatur

  1. Systematische Leitlinienrecherche und -bewertung sowie Extraktion relevanter Empfehlungen für ein DMP Rheumatoide Arthritis. IQWiG-Berichte – Nr. 373. Auftrag: Version: Stand: V14-02 1.1 16.03.2016

Leitlinien

  1. S3-Leitlinie: Management der frühen rheumatoiden Arthritis. (AWMF-Registernummer: 060-002), Dezember 2019 Kurzfassung Langfassung
  2. S2e-Leitlinie: Therapie der rheumatoiden Arthritis mit krankheitsmodifizierenden Medikamenten. (AWMF-Registernummer: 060-004), April 2018 Kurzfassung Langfassung
  3. S2e-Leitlinie: Diagnostik und Therapie des adulten Still-Syndroms (AOSD). (AWMF-Registernummer: 060-011), August 2022 Langfassung