Renale Osteopathie – Einleitung

Renale Osteopathie ist eine systemische Knochenerkrankung, die infolge einer chronischen Niereninsuffizienz (Nierenschwäche) auftritt. Diese Erkrankung führt zu einer gestörten Knochenmineralisation und kann sich in verschiedenen Formen manifestieren, darunter Osteomalazie (Knochenerweichung) und Osteitis fibrosa (bindegewebige Knochenentzündung).

Synonyme und ICD-10: Azotämische Osteodystrophie; Nanosomia renalis; Nephrogener Infantilismus; Nierenrachitis; Rachitis renalis; Renale Osteodystrophie; Renale Osteodystrophie mit Osteopathie; Renale Rachitis; Renaler Infantilismus; Renaler Kleinwuchs; Renaler Minderwuchs; Renaler Zwergwuchs; Tubulusschaden mit Phosphatverlust; Tubuläre Störung mit Phosphatverlust; ICD-10-GM M90.8-*: Osteopathie bei sonstigen andernorts klassifizierten Krankheiten

Anatomie und Funktionen

Die renale Osteopathie betrifft die Knochen des gesamten Skeletts. Die Hauptbeteiligten sind:

  • Knochen: Die primäre Struktur, die betroffen ist, mit Veränderungen in der Knochendichte und -qualität.
  • Nebenschilddrüsen: Regulieren den Calcium- und Phosphathaushalt im Blut, deren Dysregulation zur renalen Osteopathie führt.
  • Nieren: Verantwortlich für die Produktion von aktivem Vitamin D und die Regulation des Phosphatstoffwechsels, was entscheidend für die Knochenmineralisation ist.

Charakteristische Laborbefunde

  • Erhöhtes Parathormon (PTH): Hinweis auf sekundären Hyperparathyreoidismus.
  • Erniedrigtes Calcium: Hypocalcämie (Calciummangel im Blut).
  • Erhöhtes Phosphat: Hyperphosphatämie aufgrund reduzierter renaler Ausscheidung (Nierenausscheidung).
  • Erniedrigtes aktives Vitamin D (Calcitriol): Beeinträchtigte Umwandlung in der Niere.

Formen der Erkrankung

Renale Osteopathie kann in verschiedenen Formen auftreten, abhängig von der zugrunde liegenden Pathophysiologie:

  • Sekundärer Hyperparathyreoidismus: Erhöhte Parathormonproduktion als Reaktion auf Hypocalcämie (Calciumsmangel) und Hyperphosphatämie (Phosphatsüberschuss), führend zu Osteitis fibrosa.
  • Adynamische Knochenerkrankung: Geringe Knochenumbauaktivität, oft infolge einer übermäßigen Calcium- und Vitamin D-Therapie.
  • Osteomalazie: Unzureichende Mineralisierung des Knochens, oft durch Vitamin-D-Mangel bedingt.
  • Osteopathie nach Nierentransplantation: Knochenveränderungen, die nach erfolgreicher Nierentransplantation auftreten können, meist infolge anhaltender Störungen im Mineralstoffwechsel.

Ursachen

Die primäre Ursache der renalen Osteopathie ist eine chronische Niereninsuffizienz, die zu einem Ungleichgewicht im Calcium- und Phosphatstoffwechsel führt:

  • Chronische Niereninsuffizienz: Führt zu einer verminderten Ausscheidung von Phosphat und einer reduzierten Umwandlung von Vitamin D in seine aktive Form.
  • Sekundärer Hyperparathyreoidismus: Reaktion auf Hypocalcämie und Hyperphosphatämie, führt zu Knochenresorption.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Männer und Frauen sind etwa gleich häufig betroffen.

Häufigkeitsgipfel:
Tritt vorwiegend bei Patienten mit fortgeschrittener chronischer Niereninsuffizienz auf, meistens ab dem 50. Lebensjahr.

Prävalenz:
Bei Patienten mit fortgeschrittener chronischer Niereninsuffizienz liegt die Prävalenz der renalen Osteopathie nahe 100 %.

Inzidenz:
Nahezu alle Patienten mit chronischer Dialyse entwickeln im Verlauf eine Form der renalen Osteopathie.

Verlauf und Prognose

Verlauf

  • Ohne adäquate Behandlung kommt es zu einer fortschreitenden Verschlechterung der Knochenqualität, was zu Frakturen, Skelettdeformitäten und Schmerzen führt.
  • Frühzeitige Diagnose und Behandlung können den Verlauf verlangsamen und die Lebensqualität verbessern.

Prognose

  • Die Prognose hängt stark von der Behandlung der zugrunde liegenden Niereninsuffizienz und der frühzeitigen Therapie des gestörten Mineralstoffwechsels ab.
  • Bei Dialysepatienten ist die Frakturrate, insbesondere von Hüftfrakturen, signifikant erhöht.
  • Eine erfolgreiche Nierentransplantation kann die Progression der renalen Osteopathie stoppen, jedoch bestehen oft Residualsymptome (Symptome, die auch nach Ausheilung einer Krankheit bestehen bleiben).