Polymyositis – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Die Polymyositis ist eine entzündliche Erkrankung der Skelettmuskulatur, die durch autoimmune Prozesse ausgelöst wird. Bei dieser Erkrankung greift das Immunsystem die Muskelzellen (Myozyten) an und führt zu deren Zerstörung. Die genauen Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt, aber genetische Prädispositionen sowie äußere Trigger wie Infektionen scheinen eine Rolle zu spielen.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

Initialer Pathomechanismus:

  • Autoimmunreaktion: Die Fehlfunktion des Immunsystems führt dazu, dass T-Lymphozyten die körpereigenen Myozyten als fremd erkennen und angreifen.
  • Genetische Disposition: Bestimmte HLA-Klasse-I-Allele (insbesondere HLA-DRB1) scheinen mit einem erhöhten Risiko für Polymyositis assoziiert zu sein.

Molekulare und zelluläre Veränderungen:

  • T-Zell-vermittelte Zytotoxizität: Zytotoxische CD8+-T-Zellen dringen in die Muskelzellen ein und zerstören sie. Dieser Prozess wird durch entzündungsfördernde Zytokine wie TNF-α und Interferon-γ verstärkt.
  • Entzündungsmediatoren: Proinflammatorische Zytokine (entzündungsfördernde Botenstoffe), darunter IL-1 und TNF-α, fördern die entzündliche Reaktion und den Muskelzellabbau.

Entwicklung struktureller Veränderungen:

  • Myozytenzerstörung: Der fortschreitende Zelltod der Myozyten führt zur Degeneration der Muskulatur und zur Atrophie (Gewebeschwund).
  • Fibrosierung: An den Stellen der zerstörten Muskelzellen bildet sich zunehmend Narbengewebe, das die Funktionsfähigkeit der Muskulatur einschränkt.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

Veränderungen in der Gewebsarchitektur:

  • Fibrose: Im fortgeschrittenen Stadium der Erkrankung ersetzt fibrotisches Gewebe die entzündlich zerstörten Muskelzellen, was zu einer Versteifung der Muskulatur führt.
  • Ödeme: Aufgrund der Entzündung können Schwellungen in den betroffenen Muskelbereichen auftreten.

Beteiligung des umgebenden Gewebes:

  • Sehnen und Bänder: Durch die muskuläre Schwäche kommt es häufig zu einer Überlastung der Sehnen und Bänder, was weitere Schmerzsyndrome verursacht.
  • Muskuläre Atrophie: Der Bewegungsmangel aufgrund der Muskelschwäche führt zur Atrophie der umgebenden Muskulatur.

Klinische Manifestation

Leitsymptome:

  • Symmetrische Muskelschwäche: Betroffene klagen über eine schleichende, symmetrische Muskelschwäche, besonders in der proximalen Muskulatur (Schultern, Hüften).
  • Muskelschmerzen: In vielen Fällen treten Muskelschmerzen auf, die sich bei Bewegung verstärken.

Fortgeschrittene Symptome:

  • Atrophie: Mit der fortschreitenden Erkrankung kommt es zu einer sichtbaren Atrophie der betroffenen Muskeln.
  • Schluckstörungen: Die Beteiligung der Rachenmuskulatur kann zu Schwierigkeiten beim Schlucken führen.

Progression und Organbeteiligung

Lokale Gewebeveränderungen:

  • Muskelzerstörung: Im Verlauf der Erkrankung werden immer mehr Muskelfasern zerstört, was zu einer signifikanten Einschränkung der Muskelfunktion führt.

Systemische Auswirkungen bei chronischen Verläufen:

  • Atemmuskulatur: In schweren Fällen kann die Atemmuskulatur betroffen sein, was zu Atemnot und einer verminderten Lungenfunktion führen kann.

Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden

Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften:

  • Verlust der Muskelkraft: Die muskuläre Kraft nimmt durch den fortschreitenden Zellabbau und die Fibrosierung stark ab.
  • Eingeschränkte Beweglichkeit: Die Zerstörung der Muskelzellen und die Bildung von Narbengewebe führen zu einer verminderten Beweglichkeit.

Schmerzentstehung:

  • Entzündlicher Schmerz: Durch die anhaltende Entzündung der Muskeln entsteht ein chronischer Schmerz, der häufig bei Bewegung verstärkt wird.

Regenerative und kompensatorische Prozesse

Versuche der Geweberegeneration:

  • Eingeschränkte Regeneration: Der Körper versucht, die zerstörten Muskelzellen durch neue Zellen zu ersetzen, was jedoch in der Regel ineffizient bleibt, da die Entzündungsprozesse diesen Prozess hemmen.

Kompensatorische Anpassungsmechanismen:

  • Muskuläre Hypertrophie: Nicht betroffene Muskelbereiche versuchen, durch Hypertrophie (Muskelvergrößerung) die Funktion der zerstörten Muskeln zu kompensieren.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Die Polymyositis ist eine chronisch-entzündliche Muskelerkrankung, die durch autoimmun vermittelte Zerstörung der Muskelzellen gekennzeichnet ist. Dies führt zu einer symmetrischen Muskelschwäche, besonders in den proximalen Bereichen, sowie zu fortschreitender Atrophie und Einschränkungen der Mobilität. Aufgrund der chronischen Entzündungsprozesse und der ineffizienten Regenerationsmechanismen kommt es langfristig zu erheblichen funktionellen Einschränkungen. Eine frühzeitige Diagnose und gezielte Immunsuppression sind entscheidend, um das Fortschreiten der Erkrankung zu verlangsamen und die Lebensqualität zu erhalten.

Ätiologie (Ursachen)

Biographische Ursachen

  • Genetische Belastung – gehäuftes Vorkommen der Haplotypen HLA-B8 und HLA-DR3

Bei bestehender Autoimmundispostion kommen folgende Provokationsfaktoren (Auslöser) in Betracht:

  • Muskelbelastung
  • Virusinfektionen (Coxsackie-, Picorna-Viren)
  • Medikamente (selten):
    • Allopurinol (Urostatikum/zur Behandlung von erhöhten Harnsäurewerten)
    • Antimalariamittel wie Chloroquin
    • D-Penicillamin (Antibiotikum)
    • Interferon alpha (antivirale und antitumorale Wirkungen)
    • Procainamid (Lokalanästhetikum)
    • Simvastatin (Statine; Lipidsenker)
    • ggf. weitere, siehe dazu unter Differentialdiagnosen/Medikamente