Oberarmbruch (Humerusfraktur) – Operative Therapie
In circa 20 % der Fälle ist eine operative Therapie erforderlich (s. a. unter weitere Hinweise).
1. Ordnung, je nach genauer Form der Fraktur
- Osteosynthese ‒ operatives Verfahren zur Behandlung von Frakturen (Knochenbrüchen) und anderen Knochenverletzungen (z. B. Epiphysiolysen) zur schnellen Wiederherstellung der vollen Funktionsfähigkeit. Dieses erfolgt durch Implantate (mittels Einbringen von Kraftträgern wie Schrauben oder Platten).
- Geschlossene Reposition (Zurückbringen in eine (annähernde) Normallage oder Normalstellung) und eine aszendierende, meist unilaterale (einseitige) Nagelung – Standardverfahren bei einer proximalen Humerusfraktur (Knochenbruch des körperstammnahen Anteils des Oberarmknochens)
- Gelenkprothese – je nach Verletzungsschwere
Die Osteosynthese ist indiziert bei folgenden Zuständen:
- Achsabweichung > 45°
- Dislokation > 5 mm
- Luxationsfraktur
- Offene Fraktur
- Trümmerfrakturen ‒ ggf. muss eine Schultergelenkendoprothese implantiert werden
- Bei Begleitverletzungen
Weitere Hinweise
- Plattenosteosynthese versus intramedullärer Nagelung: Plattenosteosynthese war mit einer schnelleren funktionellen Heilung, insbesondere der Schulter, sowie weniger implantatbezogenen Komplikationen und Schmerzen sowie weniger erneuten Operationen verbunden als die Nagelung [4].
- Eine längerfristige Ruhigstellung sollte wegen der Gefahr der Schultersteife vermieden werden! Als kurzfristige Ruhigstellung gilt ein Zeitraum von ein bis 2 Wochen mit anschließender Physiotherapie.
- In einer Studie (Durchschnittsalter ca. 66 Jahre) konnte nachgewiesen werden, dass die operative Versorgung einer dislozierten proximalen Humerusfraktur (Knochenbruch des Oberarmknochen) keine besseren Ergebnisse erzielt als eine konservative Behandlung [1].
Proximalen Humerusfrakturen treten bevorzugt in der älteren Population auf. Frauen sind ca. zwei- bis dreimal häufiger betroffen als Männer. - Bei älteren Patienten heilen dislozierte Oberarmkopffrakturen unter einer konservativen Behandlung genauso gut wie nach einer operativen Versorgung mit einer Philos-Platte [2].
Hinweis: Oberarmkopffrakturen sind die dritthäufigsten Frakturen bei Patienten über 60 Jahren. - Eine proximale Humerusfraktur (Oberarmkopffraktur): Ein Cochrane Review fasst die Evidenz aus 47 Studien mit mehr als 3.000 Patienten zu verschiedenen Therapieansätzen für unterschiedliche Typen von proximalen Humerusfrakturen zusammen [3]:
- für stärker dislozierte klassische Oberarmkopffrakturen zeigt die Evidenz keinen Vorteil einer Operation gegenüber einer konservativen Behandlung
- eine einmal operierte Oberarmkopffraktur führt mit höherer Wahrscheinlichkeit zu Folgeoperationen.
- Patienten mit einer geschlossenen Humerusschaftfraktur haben nach einer Orthesenversorgung ein langfristig vergleichbares Fünf-Jahres-Ergebnis nach einer operativen Osteosynthese [5].
Literatur
- Rangan A et al.: Surgical vs Nonsurgical Treatment of Adults With Displaced Fractures of the Proximal Humerus. The PROFHER Randomized Clinical Trial. JAMA. 2015;313(10):1037-1047. doi:10.1001/jama.2015.1629.
- Launonen AP et al.: Operative versus non-operative treatment for 2-part proximal humerus fracture: A multicenter randomized controlled trial PLOS Medicine Published: July 18, 2019 https://doi.org/10.1371/journal.pmed.1002855
- Handoll HHG, Elliott J, Thillemann TM, Aluko P, Brorson S: Interventions for treating proximal humeral fractures in adults. Cochrane Database of Systematic Reviews 2022, Issue 6. Art. No.: CD000434. doi: 10.1002/14651858.CD000434.pub5.
- Hartog D et al.: Functional and Clinical Outcomes After Plate Osteosynthesis Versus Intramedullary Nailing of a Humeral Shaft Fracture The Results of the HUMMER Multicenter, Prospective Cohort Study The Journal of Bone and Joint Surgery 105(14):p 1101-1111, July 19, 2023. doi: 10.2106/JBJS.22.00647
- Rämö L et al.: Five-Year Follow-Up of Surgery vs Functional Bracing for Closed Displaced Humeral Shaft Fractures JAMA. Published online March 4, 2024. doi:10.1001/jama.2024.2671