Morbus Perthes – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Morbus Perthes, auch bekannt als juvenile idiopathische Hüftkopfnekrose, ist eine Erkrankung des Hüftgelenks, die in der Kindheit auftritt und durch eine Störung der Blutversorgung des Hüftkopfes verursacht wird. Diese gestörte Durchblutung führt zu einer Nekrose (Gewebsuntergang) der Hüftkopfepiphyse (Knochenende des Hüftgelenks) und einer verzögerten Ossifikation (Verknöcherung). Die genauen Mechanismen, die zu dieser Erkrankung führen, sind bislang nicht vollständig geklärt, es wird jedoch von mehreren pathogenetischen Faktoren ausgegangen.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

Initialer Pathomechanismus:

  • Subkritische Gefäßversorgung: Eine verminderte Blutversorgung der Epiphyse führt zu ischämischen (durchblutungsbedingten) Schäden im Bereich des Hüftkopfes, was letztlich zu einer Nekrose führt.
  • Konstitution und Skelettretardierung: Kinder mit Morbus Perthes weisen oft eine konstitutionelle Verzögerung des Knochenwachstums auf, was möglicherweise mit einer allgemeinen Verzögerung des Skelettwachstums und einer veränderten Durchblutung des Hüftkopfes zusammenhängt.

Molekulare und zelluläre Veränderungen:

  • Mehrzeitige Knocheninfarkte: Wiederholte Episoden von Gefäßverschlüssen führen zu mehreren kleinen Knocheninfarkten, was die Heilung und Regeneration des Knochengewebes beeinträchtigt.
  • Störung der Knochenregeneration: Die mangelnde Blutversorgung führt zu einer gestörten Knochenbildung, insbesondere im Bereich der Epiphyse, wo es zu einer unvollständigen oder fehlerhaften Verknöcherung kommt.

Entwicklung struktureller Veränderungen:

  • Lokale Gewebsnekrose: Die Nekrose im Hüftkopf verursacht den Abbau von Knochengewebe und führt zu einer Schwächung der strukturellen Integrität des Hüftkopfes.
  • Verzögerte Ossifikation: Durch den gestörten Knochenstoffwechsel wird der Prozess der Ossifikation des Hüftkopfes verzögert, was zur Bildung von deformiertem und minderwertigem Knochengewebe führt.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

Veränderungen in der Gewebsarchitektur:

  • Kollaps des Hüftkopfes: Mit der Zeit kann es zum Kollaps und zur Verformung des Hüftkopfes kommen, da der nekrotische Knochen nicht ausreichend stabil ist, um mechanischen Belastungen standzuhalten.
  • Verkürzung des Femurhalses: Eine Folge der Störung im Knochenwachstum kann die Verkürzung und Verdickung des Femurhalses sein, was die normale Funktion des Hüftgelenks beeinträchtigt.

Beteiligung des umgebenden Gewebes:

  • Verformung des Hüftgelenks: Durch die Verformung des Hüftkopfes kann es zu einer Fehlstellung des Hüftgelenks kommen, was zu einer Einschränkung der Beweglichkeit und zu Schmerzen führt.
  • Überbelastung der Gelenkkapsel und Bänder: Die Instabilität und Verformung des Hüftgelenks führt zu einer Überbelastung der umgebenden Weichteile, was zu Schmerzen und eingeschränkter Funktion führt.

Klinische Manifestation

Leitsymptome:

  • Schmerzen im Hüftgelenk: Die Kinder klagen häufig über Schmerzen in der Hüfte, die insbesondere bei Bewegung oder Belastung verstärkt werden.
  • Hinken: Aufgrund der Deformation des Hüftkopfes und der Schmerzen entwickeln die Kinder einen typischen hinkenden Gang.

Fortgeschrittene Symptome:

  • Bewegungseinschränkungen: Im weiteren Verlauf kommt es zu einer zunehmenden Einschränkung der Beweglichkeit im Hüftgelenk, insbesondere bei der Innenrotation und Abduktion.
  • Beinlängendifferenz: Aufgrund der Wachstumsstörung des betroffenen Beines kann sich eine Beinlängendifferenz entwickeln, was zu weiteren funktionellen Einschränkungen führt.

Progression und Organbeteiligung

Lokale Gewebeveränderungen:

  • Deformation des Hüftkopfes: Im Verlauf der Erkrankung kommt es zu einer zunehmenden Verformung des Hüftkopfes, was das Risiko für eine spätere Hüftarthrose erhöht.

Systemische Auswirkungen bei chronischen Verläufen:

  • Sekundäre Arthrose: Durch die Deformation des Hüftkopfes und die ungleichmäßige Belastung des Gelenks entwickelt sich häufig eine sekundäre Arthrose, die zu weiteren funktionellen Einschränkungen führt.

Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden

Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften:

  • Instabilität des Hüftgelenks: Die strukturelle Schwächung des Hüftkopfes führt zu einer Instabilität des Hüftgelenks, was die Bewegungsfreiheit und Stabilität der betroffenen Kinder einschränkt.

Schmerzentstehung:

  • Mechanischer Schmerz: Der Schmerz entsteht durch die Verformung des Gelenks und die vermehrte Belastung der Weichteile um das Hüftgelenk.

Regenerative und kompensatorische Prozesse

Versuche der Geweberegeneration:

  • Kompensatorische Knochenbildung: Der Körper versucht, den Knochenschaden durch vermehrte Knochenbildung zu kompensieren, was jedoch häufig zu minderwertigem Knochengewebe führt.

Kompensatorische Anpassungsmechanismen:

  • Vermehrte Belastung der gesunden Seite: Kinder mit Morbus Perthes neigen dazu, die gesunde Hüfte überzubelasten, was das Risiko für spätere Schäden auf der Gegenseite erhöht.

Zusammenfassung

Morbus Perthes ist eine Erkrankung des Hüftgelenks, die durch eine gestörte Blutversorgung der Hüftkopfepiphyse verursacht wird. Die Nekrose des Knochengewebes und die verzögerte Ossifikation führen zu einer strukturellen Schwächung des Hüftkopfes, was zu Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und Deformitäten führt. Die genaue Ursache der Erkrankung ist bisher nicht vollständig geklärt, jedoch scheinen Faktoren wie eine verminderte Gefäßversorgung, Skelettretardierung und repetitive Mikrotraumata eine Rolle zu spielen.

Ätiologie (Ursachen) 

Die genaue Ätiologie des Morbus Perthes ist bisher nicht vollständig geklärt. Es gibt jedoch verschiedene Hypothesen und Faktoren, die eine Rolle bei der Krankheitsentstehung spielen könnten. Einige der wichtigsten möglichen Ursachen und Risikofaktoren umfassen:

  • Gestörte Blutversorgung (Ischämie):
    • Eine verminderte oder unterbrochene Blutversorgung der Hüftkopfepiphyse gilt als der zentrale Mechanismus der Erkrankung. Diese Ischämie führt zur Nekrose (Gewebetod) des Hüftkopfes. Der Grund für die gestörte Durchblutung ist nicht genau bekannt, es wird jedoch vermutet, dass Gefäßverengungen oder -verschlüsse aufgrund von Mikrotraumata oder anatomischen Anomalien eine Rolle spielen könnten.
  • Genetische Prädisposition:
    • Es wird vermutet, dass genetische Faktoren die Anfälligkeit für Morbus Perthes erhöhen könnten. Es gibt Hinweise darauf, dass bei einigen Betroffenen eine familiäre Häufung der Erkrankung vorkommt, was auf eine mögliche genetische Veranlagung hinweist.
  • Skelettretardierung (verzögertes Knochenwachstum):
    • Kinder mit Morbus Perthes zeigen häufig eine verzögerte Skelettentwicklung im Vergleich zu gesunden Gleichaltrigen. Diese Skelettretardierung könnte mit einer verminderten Knochendichte oder einer eingeschränkten Knochenstoffwechselaktivität einhergehen und die Entwicklung der Erkrankung begünstigen.
  • Gerinnungsstörungen:
    • Es wird vermutet, dass Kinder mit Morbus Perthes eine erhöhte Neigung zu Blutgerinnseln (Thrombosen) im Bereich der Hüftgefäße haben könnten, was zu einer Unterbrechung der Blutversorgung und zur Entstehung der Knochennekrose führt.
  • Repetitive Mikrotraumata:
    • Wiederholte kleine Verletzungen oder Mikrotraumata im Bereich des Hüftgelenks könnten die Gefäßversorgung beeinträchtigen und zur Entstehung der Erkrankung beitragen. Dies ist insbesondere bei körperlich aktiven Kindern von Bedeutung.
  • Vitamin-D-Mangel:
    • Einige Studien deuten darauf hin, dass ein Vitamin-D-Mangel und eine damit verbundene Störung des Knochenstoffwechsels eine Rolle bei der Pathogenese des Morbus Perthes spielen könnten, da Vitamin D für die Knochengesundheit und die Regeneration von Bedeutung ist.
  • Externe Faktoren (Umwelt, Ernährung):
    • Exogene Faktoren wie Ernährungsdefizite oder Umweltfaktoren könnten das Risiko für Morbus Perthes erhöhen, wobei hierzu noch keine klaren wissenschaftlichen Beweise vorliegen.

Diese Faktoren sind jedoch nicht vollständig bewiesen, und es wird angenommen, dass Morbus Perthes multifaktoriell bedingt ist, das heißt, verschiedene genetische und Umweltfaktoren zusammenwirken, um die Krankheit zu verursachen.