Morbus Perthes – Operative Therapie

Morbus Perthes ist eine idiopathische (ohne erkennbare Ursache auftretende) avaskuläre Nekrose (Absterben von Knochengewebe durch Durchblutungsstörung) des kindlichen Hüftkopfes, die im Regelfall konservativ (nicht operativ) behandelt wird. Die operative Therapie wird insbesondere bei älteren Kindern oder fortgeschrittenen Stadien der Erkrankung in Erwägung gezogen. Ziel der chirurgischen Intervention ist die Verbesserung der Containment-Situation (Wiederherstellung der bestmöglichen Hüftkopfüberdachung), um eine möglichst zentrale Stellung des Hüftkopfes in der Pfanne (Hüftgelenkspfanne) zu gewährleisten.

Indikationen (Anwendungsgebiete)

  • Fortgeschrittene Catterall-Gruppe (III oder IV) mit hoher Deformierungsgefahr (Risiko für Fehlbildungen)
  • Alter > 6 Jahre bei Diagnosestellung mit schlechter Prognose für spontane Heilung (selbstständige Heilung ohne Eingriff)
  • Fehlende Verbesserung unter konservativer Therapie (nicht-operative Maßnahmen zeigen keinen Erfolg)
  • Hüftkopfasymmetrie mit Subluxation (Teilausrenkung des Hüftkopfes aus der Pfanne)
  • Persistierende Schmerzen und Bewegungseinschränkungen (anhaltende Beschwerden und eingeschränkte Gelenkbeweglichkeit)

Kontraindikationen (Gegenanzeigen)

  • Sehr junges Alter (< 5 Jahre) mit hoher Spontanheilungsrate (sehr gute Chancen auf selbstständige Heilung)
  • Fehlende Compliance (Mitwirkung des Patienten) für postoperative Nachsorge
  • Schwere Begleiterkrankungen, die eine Operation ausschließen (z. B. schwere Herzerkrankungen)

Operationsverfahren

Femurseitige (Oberschenkelknochen betreffende) Verfahren:

  • Intertrochantäre Umstellungsosteotomie (Synonyme: Korrekturosteotomie, varisierende Umstellungsosteotomie)
    • Durchtrennung des Oberschenkelknochens zur Verbesserung der biomechanischen Achse (Gelenkstellung) und Positionierung des Hüftkopfes unter das Pfannendach
    • Indikation: bei lateralisierter (seitlich verlagerter) Hüftkopfposition
  • Trochanterversetzung
    • Anpassung der Biomechanik (Bewegungsmechanik) durch Verlagerung des Trochanter major (großer Rollhügel des Oberschenkelknochens)

Beckenseitige Verfahren:

  • Os innominatum-Osteotomie (Durchtrennung des Beckenknochens)
    • Anpassung der Pfannenneigung (Neigung der Hüftpfanne) zur besseren Überdachung des Hüftkopfes
  • Pfannenschwenk-Osteotomie
    • Veränderung der Pfannenstellung zur Verbesserung der Containment-Situation (bessere Zentrierung des Hüftkopfes in der Gelenkpfanne)
  • Triple-Osteotomie
    • Durchtrennung aller drei Beckenknochen zur optimalen Zentrierung des Hüftkopfes, vor allem ab dem 8. Lebensjahr

Postoperative Nachsorge

  • Entlastung der operierten Extremität (Beinentlastung durch Gehhilfen) für 6–12 Wochen
  • Physiotherapie zur Beweglichkeitserhaltung (gezielte Übungen zur Wiederherstellung der Gelenkbeweglichkeit)
  • Röntgenkontrollen zur Verlaufsbeurteilung (regelmäßige Röntgenaufnahmen zur Überprüfung der Heilung)
  • Anpassung der Alltagsaktivitäten zur Vermeidung von Fehlbelastungen (angepasste Bewegungen zur Entlastung des Hüftgelenks)

Mögliche Komplikationen

  • Wundheilungsstörungen (verzögerte Heilung der Operationswunde)
  • Pseudarthrose (fehlende knöcherne Durchbauung nach Osteotomie, unvollständige Knochenheilung)
  • Gelenkfehlstellung oder Beinlängendifferenz (Fehlstellung oder unterschiedliche Beinlängen nach OP)
  • Arthroseentwicklung im späteren Leben (Gelenkverschleiß im Alter als Spätfolge)

Vergleich der Operationsmethoden

Verfahren Indikation Vorteile Nachteile
Intertrochantäre Umstellungsosteotomie Lateralisierte Hüftkopfposition (seitlich verlagerter Hüftkopf) Verbesserte Zentrierung des Hüftkopfes Risiko für Beinlängendifferenzen (ungleiche Beinlänge)
Trochanterversetzung Fehlstellung des Trochanters (Fehlstellung des Oberschenkelknochens) Optimierung der Biomechanik Erfordert komplexe Nachbehandlung
Os innominatum-Osteotomie Unzureichende Pfannenüberdachung (unzureichender Halt des Hüftkopfes in der Pfanne) Erhalt der Gelenkkongruenz (gute Passform von Hüftkopf und Pfanne) Langwierige Heilung
Pfannenschwenk-Osteotomie Subluxation des Hüftkopfes (Teilweise Ausrenkung) Direkte Verbesserung der Pfannengeometrie Eingriff erfordert hohe chirurgische Erfahrung
Triple-Osteotomie Kinder > 8 Jahre mit reduzierter Beckselastizität (verminderte Beweglichkeit des Beckens) Umfangreiche Korrekturmöglichkeit Höheres Risiko für postoperative Komplikationen

Fazit

Die operative Therapie des Morbus Perthes verfolgt das Ziel, die Hüftkopfzirkulation (Durchblutung) zu stabilisieren und die Gelenkkongruenz (gute Passform zwischen Hüftkopf und Pfanne) zu verbessern. Die Auswahl des chirurgischen Verfahrens richtet sich nach dem Krankheitsstadium, dem Alter des Patienten und der Hüftkopfdeformität. Eine sorgfältige postoperative Betreuung ist entscheidend für ein optimales funktionelles Ergebnis.