Lupus erythematodes – Ursachen
Pathogenese (Krankheitsentstehung)
Der systemische Lupus erythematodes (SLE) ist eine chronisch-entzündliche Autoimmunerkrankung, bei der das körpereigene Immunsystem gegen eigene Zellen und Gewebe vorgeht. Eine zentrale Rolle spielen dabei antigenspezifische T- und B-Lymphozyten, die pathologische Immunantworten auslösen. Diese Zellen führen zur Bildung von Autoantikörpern, die körpereigene Antigene binden und zur Schädigung unterschiedlicher Organsysteme führen.
Primäre pathophysiologische Mechanismen
- Initialer Pathomechanismus:
- Autoantikörperbildung: Die antigenspezifischen T- und B-Lymphozyten erkennen körpereigene Strukturen fälschlicherweise als fremd und initiieren eine Immunreaktion gegen diese. Dadurch werden Autoantikörper gebildet, die das körpereigene Gewebe angreifen.
- Immunkomplexbildung: Die Autoantikörper binden an körpereigene Antigene und bilden Immunkomplexe. Diese werden in verschiedenen Organen wie Nieren, Haut und Gelenken abgelagert und verursachen lokale Entzündungsreaktionen.
- Molekulare und zelluläre Veränderungen:
- T-Zell-Dysregulation: Eine abnorme Aktivität der T-Lymphozyten spielt eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von SLE, da sie die B-Zellen stimulieren, die Autoantikörper produzieren.
- Zytokinproduktion: Die Überproduktion proinflammatorischer Zytokine wie Interleukin-6 (IL-6) und Tumor-Nekrose-Faktor-alpha (TNF-α) verstärkt die entzündlichen Prozesse und trägt zur Gewebeschädigung bei.
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Mögliche mikrobiologische Trigger:
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Enterococcus gallinarum: Ein potenzieller Auslöser des systemischen Lupus erythematodes könnte das Darmbakterium Enterococcus gallinarum sein. Dieses bewegliche Bakterium wurde in der Leber nachgewiesen und scheint die Bildung von Proteinen zu fördern, die eine Autoimmunerkrankung wie den SLE anstoßen könnten. Diese Hypothese basiert auf Tiermodellen, und es gibt bislang keine Humanstudien, die diesen Zusammenhang bestätigen [1].
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Sekundäre pathophysiologische Veränderungen
- Veränderungen in der Gewebsarchitektur:
- Immunkomplexablagerungen: Die Immunkomplexe werden in verschiedenen Organen wie Nieren (glomeruläre Ablagerungen), Haut und Gelenken abgelagert, was zu lokalen Entzündungen und Gewebeschädigungen führt.
- Organentzündungen: Durch die kontinuierliche Entzündung entstehen strukturelle Veränderungen in betroffenen Organen, wie z. B. Nierenversagen (Lupus-Nephritis), Hautausschläge und Gelenkschmerzen.
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Beteiligung des umgebenden Gewebes:
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Multisystemerkrankung: SLE betrifft oft mehrere Organsysteme gleichzeitig. Es kommt zu Entzündungen der Haut, Gelenke, Nieren, des Herzens und des zentralen Nervensystems.
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Klinische Manifestation
- Leitsymptome:
- Schmetterlingserythem: Ein charakteristischer Hautausschlag, der sich über Nase und Wangenknochen erstreckt.
- Gelenkschmerzen: Typisch sind schmerzhafte Gelenkschwellungen (Arthritis), die keine Gelenkzerstörung hinterlassen.
- Nierenbeteiligung: Häufig tritt eine Lupus-Nephritis auf, die im schlimmsten Fall zu Nierenversagen führen kann.
- Fortgeschrittene Symptome:
- ZNS-Beteiligung: Krampfanfälle, Psychosen und andere neurologische Symptome können auftreten.
- Kardiovaskuläre Symptome: Entzündungen des Herzmuskels und der Herzklappen (Perikarditis (Herzbeutelentzündung), Myokarditis (Herzmuskelentzündung)) können auftreten.
Zusammenfassung und klinische Relevanz
Lupus erythematodes ist eine Autoimmunerkrankung, die durch abnorme Immunantworten antigenspezifischer T- und B-Lymphozyten charakterisiert ist. Diese führen zur Bildung von Autoantikörpern und zur Ablagerung von Immunkomplexen in verschiedenen Organen, was zu entzündlichen Schäden in der Haut, den Gelenken, den Nieren und anderen Organen führt. Mögliche mikrobiologische Auslöser wie Enterococcus gallinarum könnten eine Rolle in der Pathogenese spielen, jedoch sind weitere Studien erforderlich, um diese Zusammenhänge zu bestätigen [1].
Ätiologie (Ursachen)
Biographische Ursachen
- Genetische Belastung
- Beim juvenilen systemischen Lupus erythematodes findet sich in ca. 15 % der Fälle ein Indexfall (erste dokumentierte Fall von einer Krankheit) und in 40 % eine familiäre Belastung für Autoimmunerkrankungen
- Gene/SNPs (Einzelnukleotid-Polymorphismus; engl.: single nucleotide polymorphism):
- Gene: HLA-DQ1, IRF5, STAT4
- SNP: rs7574865 im Gen STAT4
- Allel-Konstellation: GT (1,55-fach)
- Allel-Konstellation: TT (2,4-fach)
- SNP: rs2187668 im Gen HLA-DQ1
- Allel-Konstellation: AG (2,3-fach)
- Allel-Konstellation: AA (2,3-fach)
- SNP: rs2004640 im Gen IRF5
- Allel-Konstellation: GT (1,4-fach)
- Allel-Konstellation: TT (1,4-fach)
- Allel-Konstellation: GG (0,9-fach)
- SNP: rs13192841 in einer intergenischen Region
- Allel-Konstellation: AG (0,7-fach)
- Allel-Konstellation: AA (0,5-fach)
- Gene: HLA-DQ1, IRF5, STAT4
- Genetische Faktoren, nicht näher bezeichnet (Systemischer Lupus erythematodes)
Folgende Triggerfaktoren (mögliche Auslöser) sind bekannt:
Verhaltensbedingte Triggerfaktoren
- Ernährung
- Mikronährstoffmangel (Vitalstoffe) – siehe Prävention mit Mikronährstoffen
- Genussmittelkonsum
- Tabak (Rauchen)
Krankheitsbedingte Triggerfaktoren
Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)
- Virale Infektionen, nicht näher bezeichnet
Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)
- Paraneoplastisch ‒ der subakut kutane Lupus erythematodes kann im Rahmen einer Krebserkrankung auftreten, v.a. Magenkarzinom, Leberkarzinom, Mammakarzinom (Brustkrebs), Prostatakarzinom (Vorsteherdrüsenkrebs), Uteruskarzinom (Gebärmutterkrebs), Hodgkin-Lymphom, Plattenepithelkarzinom (Hautkrebs, an Kopf und Hals)
Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett (O00-O99)
- Eine Verschlechterung der Befundsituation in der Schwangerschaft ist möglich.
Weitere Ursachen
- Irritative Stimuli
- UV-Licht ‒ Sonnenexposition, künstliche Lichtquellen (Solarium)
Medikamente, bei denen eine Assoziation mit Lupus erythematodes nachgesagt wird:
- ACE-Hemmer (Antihypertensivum) ‒ Captopril, Enalapril, Lisinopril, Cilazapril
- Antiöstrogene wie Anatrozol oder Tamoxifen
- Betablocker (Antihypertensivum) ‒ Acebutol, Oxprenolol, Practolol
- Biopharmazeutika (Synonyme: Biopharmaka, Biologicals, Biologika oder Biologics) ‒ Etanercept, Efalizumab, Adalimumab, Infliximab
- Bupropion (Nikotinentwöhnungsmittel)
- Calciumkanalblocker (Antihypertensivum) ‒ Diltiazem, Verapamil, Nifedipin, Nitrendipin
- Carbamazepin (Antiepileptikum)
- Chinidin
- Chloropromazin (Neuroleptikum)
- Docetaxel (Chemotherapeutikum)
- D-Penicillamin
- Fluorouracil (Chemotherapeutikum)
- Griseofulvin (Mykotikum)
- Hepatitis B-Impfung ‒ soll einen kutanen Lupus erythematodes auslösen können
- HMG-CoA-Reduktasehemmer (Statine) ‒ Simvastatin, Pravastatin
- Hydantoin (Antiepileptikum) ‒ heute nicht mehr gebräuchlich
- Hydralazin (Antihypertensivum)
- Hydrochlorothiazid (HCT)
- Interferon
- Isoniazid (Tuberkulostatikum)
- Lebendimpfstoffe sollten bei kutanem Lupus erythematodes mit immunsuppressiver Therapie nicht eingesetzt werden
- Leflunomid (Immunsuppressivum)
- Leuprorelin ‒ Hormonpräparat, welches vor allem beim Prostatakarzinom eingesetzt wird
- Naproxen (Analgetikum)
- Östrogene
- Penicillamin
- Phenytoin (Antiepileptikum)
- Piroxicam (nichtsteroidales Antirheumatikum, NSAID)
- Procainamid (Lokalanästhetikum)
- Protonenpumpenhemmer ‒ Lansoprazol, Pantoprazol, Omeprazol
- Reserpin (Antihypertensivum)
- Rifampicin (Tuberkulostatikum)
- Spironolacton (kaliumsparendes Diuretikum)
- Sulfasalazin
- Terbinafin (Antimykotikum) → subakuter kutaner Lupus erythematodes (SCLE)
- Ticlopidinhydrochlorid (ADP-antagonisierender Plättchenfunktionshemmer)
Köbner-Phänomen
Beim Köbner-Phänomen kommt es durch eine unspezifische Hautreizung zur Auslösung der Hauterscheinungen, die schon durch eine Hauterkrankung an einer anderen Körperstelle bestehen.
Durch die folgenden Hautreizungen kann das Köbner-Phänomen ausgelöst werden:
- Argon-Laser-Behandlung
- DNCB (Dinitrochlorbenzol)-Sensibilisierung
- Durchführung der Elektromyograhie ‒ Registrierung der elektrischen Aktivität der Muskulatur kann beim Lupus erythematodes profundus zur Auslösung des Köbner-Phänomens führen
- Kratzen
- Kryotherapie (Kältebehandlung)
- Moxibustion ‒ Methode aus der traditionellen chinesischen Medizin
- Nickelkontaktdermatitis
- Operative Eingriffe
- Pockenimpfung
- Radiatio (Strahlentherapie)
- Tätowierung
- UVA-Emission eines Photokopierers
- Verbrennungen
- Wunden, Bissverletzungen
Literatur
- Vieira SM et al.: Translocation of a gut pathobiont drives autoimmunity in mice and humans. Science 09 Mar 2018: Vol. 359, Issue 6380, pp. 1156-1161 doi: 10.1126/science.aar7201