Kreuzbandriss (Kreuzbandruptur) – Ursachen

Pathogenese (Krankheitsentstehung)

Eine Kreuzbandruptur (Riss des vorderen oder hinteren Kreuzbandes) ist eine häufige Verletzung, die in der Regel durch Sportunfälle (wie Fußball oder Skifahren) oder Verkehrsunfälle auftritt. Sie zählt zu den häufigsten Kniegelenksverletzungen und betrifft vor allem das vordere Kreuzband (VKB), während die Ruptur des hinteren Kreuzbandes (HKB) seltener ist.

Primäre pathophysiologische Mechanismen

  • Initialer Pathomechanismus:
    • Vordere Kreuzbandruptur (VKB):
      • Häufig durch plötzliche Richtungswechsel, abruptes Abstoppen oder Landen nach einem Sprung ausgelöst. Typische Sportarten, bei denen diese Mechanismen auftreten, sind Fußball, Basketball und Skifahren.
      • Es kommt zu einer übermäßigen Verdrehung des Knies nach innen oder außen, die das Kreuzband über seine Belastungsgrenze hinaus dehnt und reißt.
    • Hintere Kreuzbandruptur (HKB):
      • Typisch ist die "Dashboard-Injury", bei der der Unterschenkel bei einem Verkehrsunfall gegen das Armaturenbrett prallt. Dabei wird der Unterschenkel gewaltsam nach hinten gedrückt, was das hintere Kreuzband zerreißt.
      • Weitere Ursachen können direkte Schläge oder Stürze auf das gebeugte Knie sein.
  • Molekulare und zelluläre Veränderungen:
    • Verletzung des Bandgewebes: Bei einem Kreuzbandriss kommt es zu einem vollständigen oder teilweisen Abriss der kollagenen Fasern im Bandgewebe.
    • Entzündungsreaktion: Nach der Ruptur werden proinflammatorische Zytokine freigesetzt, die eine akute Entzündung im Kniegelenk hervorrufen.
  • Entwicklung struktureller Veränderungen:
    • Instabilität des Kniegelenks: Der Kreuzbandriss führt zu einer Instabilität des Kniegelenks, da das betroffene Kreuzband seine Funktion, das Knie zu stabilisieren, verliert.
    • Sekundäre Schädigungen: Die Instabilität kann zu zusätzlichen Verletzungen der Menisken, Knorpel und anderer Bänder im Knie führen.

Sekundäre pathophysiologische Veränderungen

  • Veränderungen in der Gewebsarchitektur:
    • Gelenkergüsse: Durch die Verletzung tritt Blut und Gelenkflüssigkeit in den Gelenkspalt aus, was zur Bildung eines blutigen Gelenkergusses (Hämarthros) führt.
    • Degeneration des Knorpels: Langfristig kann die Instabilität des Kniegelenks zu einer vorzeitigen Abnutzung des Gelenkknorpels und der Entwicklung einer Arthrose führen.
  • Beteiligung des umgebenden Gewebes:
    • Meniskus- und Knorpelschäden: Die unkontrollierte Bewegung des Knies nach einer Kreuzbandverletzung kann zu Meniskusrissen und Knorpelschäden führen.
    • Muskuläre Auswirkungen: Eine reflektorische Muskelhemmung tritt auf, die zu Muskelschwäche und Atrophie der Oberschenkelmuskulatur führen kann.

Klinische Manifestation

  • Leitsymptome:
    • Akuter Schmerz: Nach der Verletzung tritt ein plötzlicher, starker Schmerz im Knie auf, oft begleitet von einem hörbaren "Knacken" oder "Reißen".
    • Schwellung: Innerhalb weniger Stunden entwickelt sich eine Schwellung im Kniegelenk aufgrund des Hämarthros.
    • Instabilitätsgefühl: Betroffene berichten von einem Gefühl der Instabilität oder dem "Wegknicken" des Knies.
  • Fortgeschrittene Symptome:
    • Bewegungseinschränkungen: Die Schwellung und der Schmerz führen zu einer erheblichen Einschränkung der Beweglichkeit des Kniegelenks.
    • Chronische Instabilität: Ohne adäquate Behandlung kann das Kniegelenk dauerhaft instabil bleiben, was das Risiko für weitere Verletzungen und langfristige Schäden erhöht.

Progression und Organbeteiligung

  • Lokale Gewebeveränderungen:
    • Chronische Instabilität: Ohne rechtzeitige operative oder physiotherapeutische Behandlung kann das Knie dauerhaft instabil bleiben, was zu wiederholten Verletzungen und Langzeitschäden führt.
    • Arthroseentwicklung: Langfristig kann die unkontrollierte Belastung des Kniegelenks zu einer Arthrose führen.
  • Systemische Auswirkungen bei chronischen Verläufen:
    • Sekundäre Beschwerden: Chronische Schmerzen, muskuläre Dysbalancen und Bewegungseinschränkungen können das Gangbild und die Funktionalität des gesamten Bewegungsapparats beeinträchtigen.

Funktionelle Auswirkungen und strukturelle Schäden

  • Beeinträchtigung der mechanischen Eigenschaften:
    • Verlust der Kniegelenksstabilität: Das Knie verliert seine Fähigkeit, Bewegungen zu stabilisieren, was die funktionelle Belastbarkeit des Beines erheblich einschränkt.
  • Schmerzentstehung:
    • Mechanischer Schmerz: Schmerzen entstehen sowohl durch die Instabilität als auch durch die damit verbundenen Sekundärverletzungen (z. B. Meniskusriss).
    • Entzündlicher Schmerz: Der entzündliche Prozess nach der Verletzung führt zu zusätzlichen Schmerzen und Schwellungen im Knie.

Regenerative und kompensatorische Prozesse

  • Versuche der Geweberegeneration:
    • Der Körper versucht, die beschädigten Kollagenfasern zu reparieren, jedoch ist eine vollständige Heilung ohne operative Stabilisierung selten erfolgreich.
  • Kompensatorische Anpassungsmechanismen:
    • Muskuläre Anpassung durch Stärkung der umliegenden Muskulatur kann zur Stabilisierung des Knies beitragen, jedoch bleibt die mechanische Instabilität oft bestehen.
  • Limitierende Faktoren für Regeneration und Heilung:
    • Die mangelnde Durchblutung des Kreuzbandes erschwert eine vollständige Selbstheilung. Daher ist eine operative Rekonstruktion oft erforderlich, um die ursprüngliche Stabilität des Gelenks wiederherzustellen.

Zusammenfassung und klinische Relevanz

Eine Kreuzbandruptur entsteht meist durch Sportverletzungen oder Verkehrsunfälle. Während die Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB) häufig durch plötzliche Drehbewegungen des Knies verursacht wird, tritt die Ruptur des hinteren Kreuzbandes (HKB) eher bei direkten Traumen wie der "Dashboard-Injury" auf. Die Folge ist eine Instabilität des Kniegelenks, die unbehandelt zu Langzeitfolgen wie Meniskusverletzungen und Arthrose führen kann. Eine rechtzeitige Diagnose und Behandlung, häufig in Form einer Operation, sind essenziell, um eine dauerhafte Schädigung des Kniegelenks zu verhindern und die vollständige Funktionalität wiederherzustellen.

Ätiologie (Ursachen)

Verhaltensbedingte Ursachen

  • Körperliche Aktivität
    • Kniebelastende Sportarten – Fußball, Handball, Basketball, Hockey oder Skifahren sind mit einem hohen Verletzungsrisiko verbunden.
    • Bewegungsmuster – Unsichere Landetechniken nach Sprüngen oder unkontrollierte Drehbewegungen erhöhen das Risiko.

Krankheitsbedingte Ursachen

Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)

  • Vordere Kreuzbandruptur ‒ Rotationstrauma (Verletzung durch Drehbewegung) am leicht gebeugten Knie
  • Hintere Kreuzbandruptur ‒ nach direktem Verschiebemechanismus des Schienbeins nach dorsal (hinten)