Kreuzbandriss (Kreuzbandruptur) – Operative Therapie
Die Notwendigkeit einer Behandlung muss individuell abgewogen werden, insbesondere in Bezug auf Alter, sportliche Belastung, Symptomatik und Begleiterkrankungen. Studien zeigen, dass die Ergebnisse der konservativen Therapie selbst bei sportlich aktiven Patienten kaum schlechter als nach chirurgischer Rekonstruktion sind [1, 3].
Ruptur des vorderen Kreuzbandes (VKB)
Die operative VKB-Rekonstruktion gilt dennoch als therapeutischer Goldstandard zur Wiederherstellung der Stabilität und Verbesserung der Kniefunktion. Patienten mit hohen funktionellen Anforderungen profitieren tendenziell stärker von einer Rekonstruktion als von einer rein konservativen Therapie [1].
Indikationen für eine operative Therapie:
- Instabilität des Kniegelenks – Anatomische Faktoren wie Tibiareklination (Rückwärtsbiegung des Schienbeins) und Femurmorphologie (Form des Oberschenkelknochens) beeinflussen die Stabilität nach einer Verletzung.
- Komplexe Bandrupturen – Kombinationsverletzungen von Meniskus, Kollateralbändern oder Knorpel.
- Knöcherne Beteiligung – Avulsionsfrakturen des Schienbeins oder Femurs.
Erklärung: Knochenbruch, bei dem ein Knochenfragment durch den starken Zug an einer im Knochen verankerten Sehne aus dem Knochen herausgerissen wird. - Leistungs- und Wettkampfsportler – Insbesondere Sportarten mit schnellen Richtungswechseln und Sprüngen.
Zeitliche Bedeutung der Rekonstruktion:
Die Zeit zwischen der Diagnosestellung und der Operation beeinflusst das Arthroserisiko:
- Nach 6 Monaten: Arthroserate 11,7 %
- Nach 18 Monaten: Arthroserate 21,6 %
- Nach 36 Monaten: Arthroserate 45,3 % [2]
Operationsverfahren:
- Intraligamentäre Naht / transossäre Refixation (bei frischer Ruptur mit knöchernem Ausriss)
- Kreuzbandplastik (arthroskopische VKB-Rekonstruktion) bei chronischer Ruptur oder Instabilität
- Ersatz des alten Bandes durch autologes (körpereigenes) Transplantat
- Standardtransplantate:
- Sehne des Musculus semitendinosus (Oberschenkelrückseite)
- Ein Teil der Patellarsehne (zwischen Kniescheibe und Schienbein)
- Alternativtransplantate:
- Sehne des Musculus gracilis (Oberschenkelrückseite)
- Ein Teil der Quadrizepssehne (Oberschenkelvorderseite)
- In Ausnahmefällen: Allograft (Spendersehne)
Postoperative Nachsorge:
- Knieorthese für 6 Wochen
- Teilbelastung mit Unterarmstützen für ca. 2 Wochen
- Langsame Steigerung der Belastung – Schutz vor erneuter Ruptur
- Beginn mit Sport frühestens nach 6-9 Monaten
- Muskelfunktionstests zur Bestimmung des individuellen Wiedereinstiegs [1]
Ergebnisse und Prognose:
- Ein Drittel der Betroffenen erzielt gute Ergebnisse mit Muskeltraining.
- Ein Drittel muss sich in seinen Aktivitäten einschränken.
- Ein Drittel entwickelt langfristige Komplikationen wie Arthrose oder Instabilität [3].
Ruptur des hinteren Kreuzbandes (HKB)
Nicht jede hintere Kreuzbandruptur muss operiert werden. Frische HKB-Rupturen können in vielen Fällen konservativ behandelt werden, insbesondere wenn keine Begleitverletzungen oder schwere Instabilitäten vorliegen [1].
Konservative Therapie:
- PTS-Schiene (posterior tibial support – hintere Schienbein-Unterstützung)
- Positioniert den Unterschenkel nach vorn, um das Zusammenwachsen der Bandanteile zu erleichtern.
- Tragezeit: 6 Wochen, Tag und Nacht.
Wenn jedoch eine ausgeprägte Instabilität oder Begleitverletzungen bestehen, ist eine operative Therapie indiziert.
Indikationen für eine operative Therapie:
- Chronische Instabilität des Kniegelenks
- Komplexe Bandrupturen (z. B. mit Seitenbandverletzungen)
- Knöcherne Beteiligung (Avulsionsfraktur des hinteren Kreuzbandansatzes)
Operationsverfahren:
- Intraligamentäre Naht / transossäre Refixation bei frischer Ruptur mit knöchernem Ausriss
- PCL-Ersatzplastik (arthroskopische Rekonstruktion des hinteren Kreuzbandes)
- Standardtransplantate:
- Sehne des Musculus semitendinosus
- Ein Teil der Patellarsehne
- Alternativtransplantate:
- Sehne des Musculus gracilis
- Ein Teil der Quadrizepssehne
- In Ausnahmefällen: Spendertransplantate (Allografts)
- Standardtransplantate:
Postoperative Nachsorge:
- Ruhigstellung des Kniegelenks für 6 Wochen mit beweglicher Schiene
- Teilbelastung mit Unterarmstützen für ca. 2 Wochen
- Langsame Mobilisierung und Muskelaufbau
Vergleich der Operationsmethoden
Verfahren | Indikation | Vorteile | Nachteile |
---|---|---|---|
VKB-Rekonstruktion | Instabilität, komplexe Rupturen, Leistungssport | Wiederherstellung der Gelenkstabilität, verbesserte Kniefunktion | Lange Rehabilitationszeit (6-9 Monate bis zur Sportfähigkeit) |
HKB-Rekonstruktion | Chronische Instabilität, knöcherne Beteiligung | Verbesserte Stabilität bei posteriorem Schubladenphänomen | Hoher operativer Aufwand, oft gute Ergebnisse mit konservativer Therapie |
Konservative Therapie (PTS-Schiene) | Frische HKB-Ruptur ohne Instabilität | Keine OP-Risiken, schnelle Rückkehr zur Aktivität | Risiko für persistierende Instabilität, längere Heilungszeit |
Fazit
Die Entscheidung zwischen operativer und konservativer Therapie einer Kreuzbandruptur hängt maßgeblich von der individuellen Belastung, Begleitverletzungen und Gelenkstabilität ab. Während die VKB-Rekonstruktion für Sportler und bei komplexen Verletzungen oft die beste Wahl ist, zeigen Studien vergleichbare Ergebnisse bei konservativer Therapie.
Beim HKB-Riss kann die PTS-Schienen-Therapie eine effektive Option sein, während chronische Instabilitäten oder komplexe Verletzungen eine PCL-Rekonstruktion erfordern. Die postoperative Nachsorge und der gezielte Muskelaufbau sind entscheidend für die Rückkehr zur vollen Funktion.
Literatur
- Grindem H et al.: Nonsurgical or Surgical Treatment of ACL Injuries: Knee Function, Sports Participation, and Knee Reinjury. J Bone Joint Surg Am. 2014 Aug 6;96(15):1233-1241.
- Cinque ME et al.: High Rates of Osteoarthritis Develop After Anterior Cruciate Ligament Surgery: An Analysis of 4108 Patients. Am J Sports Med 2017, online 6. Oktober
- Blom AW et al.: Common elective orthopaedic procedures and their clinical effectiveness: umbrella review of level 1 evidence. BMJ 2021;374:n1511; http://dx.doi.org/10.1136/bmj.n1511
Leitlinien
- S1-Leitlinie: Vordere Kreuzbandruptur. (AWMF-Registernummer: 012 - 005), September 2018 Langfassung