Kreuzbandriss (Kreuzbandruptur) – Körperliche Untersuchung

Eine umfassende klinische Untersuchung ist die Grundlage für die Auswahl der weiteren diagnostischen Schritte:

Allgemeine körperliche Untersuchung – inklusive Blutdruck, Puls, Körpergewicht, Körpergröße; des Weiteren:

  • Inspektion (Betrachtung)
    • Haut (Normal: intakt; Schürfungen/Wunden, Rötungen, Hämatome (Blutergüsse), Narben) und Schleimhäute
    • Gangbild in Bezug auf Kniestreckung, Schonhinken, Beinachsen etc. [Gangunsicherheit durch die Instabilität (Weggleiten bzw. Wegknicken des Kniegelenks – schon bei geringfügiger, normaler Belastung, genannt: Giving-way-Phänomen)]
    • Körper- bzw. Gelenkhaltung (aufrecht, gebeugt, Schonhaltung)
    • Fehlhaltungen (Deformitäten, Kontrakturen, Verkürzungen)
    • Muskelatrophien (Seitenvergleich!, ggf. Umfangmessungen)
    • Gelenk (Schürfungen/Wunden, Schwellung (Tumor), Rötung (Rubor), Überwärmung (Calor); Verletzungshinweise wie Hämatombildung, arthrotische Gelenksverklumpung, Beinachsenbeurteilung)
  • Palpation (Abtasten): Untersuchung auf Druckdolenz einzelner Strukturen: [Schmerz im medialen Gelenkspalt: Verdacht auf Meniskusläsion; Krepitation (hör- und fühlbare Knistergeräusche): Retropatellararthrose (Kniescheibenarthrose); Insertionstendinopathie (Schmerzzustände durch Reizungen im Bereich der Insertion, d. h. am Übergang zwischen Sehnen und Knochen) des Pes anserinus; Erguss: Patella saltans (Schnappphänomen); Poplitealzyste: Bakerzyste; Temperatur: Überwärmung (Calor), d.h. Entzündungs- bzw. Infektzeichen]
  • Messung der Gelenkbeweglichkeit und des Bewegungsumfangs des Gelenkes
    (gemäß der Neutral-Null-Methode: Die Bewegungsfreiheit wird als maximale Auslenkung des Gelenkes aus der Neutralstellung in Winkelgraden angegeben, wobei die Neutralstellung mit 0° bezeichnet wird. Ausgangslage ist die „Neutrale Position“: Der Mensch steht aufrecht, dabei sind die Arme nach unten hängend entspannt, die Daumen nach vorn gerichtet und die Füße stehen parallel. Die anliegenden Winkel werden als Null-Stellung definiert. Standard ist, dass zuerst der Wert vom Körper weg angegeben wird.)
    Durch Vergleichsmessungen mit dem kontralateralen Gelenk (Seitenvergleich) können bereits geringe Seitendifferenzen aufgedeckt werden.
  • Funktionsprüfungen zur differentialdianostischen Abklärung:
    • Prüfung der Gelenksbeweglichkeit in der sagittalen Ebene (von vorne nach hinten verlaufend):
      [Streckdefizit durch Arthrose, eingeklemmten Meniskus (Korbhenkelruptur), Beugehemmung durch Erguss, Arthrose, Kapselschrumpfung]
    • Meniskusdiagnostik: [Druckdolenz der Menisken im medialen oder lateralen Gelenkspalt (Hinweis auf Meniskusläsion)]
    • Beurteilung der Bandstrukturen:
      • vermehrte mediale und laterale Aufklappbarkeit des Gelenks in Streckstellung durch Seitenbandruptur
      • Lachman-Test zur Feststellung einer vorderen Kreuzbandruptur
        Durchführung: Es werden stets beide Knie untersucht: Der Unterschenkel wird um ca. 20-30 Grad gegenüber dem Oberschenkel gebeugt und passiv nach vorne bewegt.
        Positiv: wenn bei Vorbewegen des Unterschenkels kein harter Anschlag zu spüren ist; das vordere Kreuzband (VKB) ist mit großer Sicherheit gerissen.
        Negativ: bei Verspüren eines harten Anschlags; eine Ruptur des vorderen Kreuzbandes ist unwahrscheinlich.
      • Schubladentest (Durchführung: Herunterhängenlassen des Unterschenkels, beispielsweise von der Untersuchungsliege)
        • vordere Schubladentest: Unterschenkel wird gegen den Oberschenkel ventral ("bauchseits") verschoben; der Test ist positiv, wenn der Unterschenkel gegen den Oberschenkel ventral um mehr als 0,5 cm verschieblich ist (= positive vordere Schublade), d. h. das vordere Kreuzband ist geschädigt
        • hintere Schubladentest: Unterschenkel gegen den Oberschenkel dorsal ("rückenseits") verschoben;
          der Test ist positiv, wenn der Unterschenkel gegen den Oberschenkel dorsal um mehr als 0,5 cm verschieblich ist (= positive hintere Schublade), d. h. das hintere Kreuzband (HKB) ist geschädigt

In eckigen Klammern [ ] wird auf mögliche pathologische (krankhafte) körperliche Befunde hingewiesen.