Knochenbruch (Fraktur) – Klassifikation

Eine gängige Klassifikation der Knochenfraktur ist die AO-Klassifikation (auch Müller-Klassifikation; AO – Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthesefragen). Das System dient der Beschreibung der Lokalisation sowie die Beschaffenheit von Frakturen. Zu diesem Zweck wird ein Code anhand der Klassifikation erstellt:

Frakturlokalisation – Nummerierung der Körperregion

  1. Humerus [Oberarmknochen]
  2. Radius (Speiche) und Ulna (Elle) [Unterarmknochen]
  3. Femur (Oberschenkelknochen) und Patella (Kniescheibe)
  4. Tibia (Schienbein) und Fibula (Wadenbein)
  5. Wirbelsäule
  6. Pelvis (Becken)
  7. Hand
  8. Fuß
  9. Schädel und Unterkiefer

Frakturlokalisation – Positionierung der Fraktur im Knochensegment

  1. proximal (lat. proximus = der Nächste;  "näher zur Körpermitte hin" oder "näher gelegen")
  2. diaphysär (das Mittelstück des Röhrenknochens (Diaphyse) betreffend)
  3. distal (lat. distare = sich entfernen; "weiter von der Körpermitte" oder "entfernt" gelegen); 0,4 % aller Frakturen und 3 % der Femurfrakturen
  4. malleolär (den Knöchel betreffend)

Bewertung der Fraktur – Komplexität

  1. einfache oder extraartikuläre (außerhalb des Gelenks) Fraktur
  2. Keilfraktur oder partielle Gelenkbeteiligung
  3. komplexe Fraktur oder vollständige Gelenkfraktur

 Genauere Beurteilung der Schwere der Verletzung

  1. leicht
  2. mittel
  3. schwer

Die AO-Klassifikation ermöglicht ebenfalls die Einteilung der Begleitverletzungen mit Beschreibung des Hautschadens (I), der Muskulatur und Sehnenverletzungen (MT), sowie der Nerven- und Gefäßverletzungen (NV).

Hautverletzung bei geschlossener Fraktur:

  • IC1: keine Hautverletzung
  • IC2: Kontusion (Quetschung; Prellung; Schädigung von Organen, Gewebebereichen oder Körperteilen durch direkte, stumpfe Gewalt von außen ohne sichtbare Verletzungen der Haut) ohne Hauteröffnung
  • IC3: umschriebenes Decollement (Trennung der Haut vom Subkutangewebe (Unterhautfettgewebe) und/oder den Muskelfaszien durch äußere Gewalteinwirkung)
  • IC4: ausgedehntes, geschlossenes Decollement
  • IC5: Nekrose (Gewebeschäden, die durch das Absterben von Zellen entstehen) durch tiefe Kontusion

Hautverletzung bei offener Fraktur:

  • IO1: Hautdurchspießung von innen nach außen
  • IO2: Hautdurchspießung von außen < 5 cm mit kontusionierten Rändern
  • IO3: Hautläsion > 5 cm, umschriebenes Decollement mit Randkontusion
  • IO4: Hautverlust, tiefe Kontusion, Schürfung
  • IO5: ausgedehntes Decollement

Muskel- und Sehnenverletzungen:

  • MT1: Keine Verletzung
  • MT2: umschriebene Muskelverletzung (auf eine Muskelgruppe beschränkt)
  • MT3: ausgedehnte Muskelbeteiligung (in 2 oder mehr Muskelgruppen)
  • MT4: Ausriss oder Verlust ganzer Muskelgruppen, Sehnendurchtrennungen
  • MT5: Logen- oder Crush-Syndrom (Logen-Syndrom: Synonym: Zustand, in welchem bei geschlossenem Haut- und Weichteilmantel ein erhöhter Gewebedruck zur Verminderung der Gewebeperfusion (Gewebedurchblutung) führt, woraus neuromuskuläre Störungen oder Gewebe- und Organschädigungen entstehen; durch den erhöhten Druck in den Muskellogen des Unterarms oder Unterschenkels (deshalb hier auch die Bezeichnung Logen-Syndrom) entstehen Schäden an den Nerven, Blutgefäßen und Muskeln; Crush-Syndrom: Muskelzerfall kann als Crush-Syndrom durch äußere Einflüsse als Folge einer Verletzung oder Quetschung großer Muskelanteile)

Neurovaskuläre Verletzungen (Nerv-Gefäß-Verletzungen):

  • NV1: keine Verletzung
  • NV2: isolierte Nervenläsion (Nervenverletzung)
  • NV3: umschriebene Gefäßverletzung
  • NV4: kombinierte neurovaskuläre Verletzung
  • NV5: Subtotal-, Totalamputation (Abtrennung eines Körperteil, unvollständig bzw. vollständig)