Knieverletzungen – Einleitung

Unter dem Überbegriff "Luxation, Verstauchung (Distorsion) und Zerrung des Kniegelenks und von Bändern des Kniegelenks" werden verschiedene Verletzungen des Kniegelenks und der umgebenden Bandstrukturen zusammengefasst. Diese Verletzungen reichen von einfachen Zerrungen und Verstauchungen bis zu schweren Luxationen und Rupturen. Sie treten häufig bei sportlichen Aktivitäten auf, insbesondere bei Sportarten mit hoher Belastung und schnellen Richtungswechseln, wie Fußball, Handball oder Skifahren.

Synonyme und ICD-10: akuter Außenmeniskuskorbhenkelriss; akuter Innenmeniskuskorbhenkelriss; akuter Kniegelenkknorpelriss; akuter Korbhenkelriss; akuter Meniskusriss; Außenmeniskuskorbhenkelriss; Dislokation des oberen Tibiofibulargelenks; distale Femurdislokation; distale Oberschenkeldislokation; Distorsio genus; Distorsion der fibularen Seitenbänder des Knies; Distorsion der lateralen Seitenbänder des Knies; Distorsion der medialen Seitenbänder des Knies; Distorsion der Seitenbänder des Knies; Distorsion der tibialen Seitenbänder des Knies; Distorsion des hinteren Kreuzbandes; Distorsion des medialen kollateralen Kniegelenkbandes; Distorsion des oberen Tibiofibulargelenks; Distorsion des proximalen Endes der Tibia; Distorsion des proximalen Endes des Schienbeins; Distorsion des Semilunarknorpels des Knies; Distorsion des vorderen Kreuzbandes; Distorsion eines Ligamentum cruciatum genus; Frische Knieschädigung; frischer Korbhenkelriss; Frischer traumatischer Knorpelabriss im Knie; Innenbandruptur des Kniegelenks; Innenmeniskushinterhornlappenriss; Innenmeniskushinterhornquerriss; Innenmeniskushinterhornriss; Innenmeniskuskorbhenkelriss; Innenmeniskuskorbhenkelruptur; Innenmeniskusriss; Kniedislokation; Kniedistorsion a.n.k.; Kniegelenkdistorsion; Kniegelenkluxation; Kniescheibendislokation; Kniescheibendistorsion; Knorpelruptur des Knies; kompletter Riss des Außenbandes des Knies; kompletter Riss des fibularen Seitenbandes des Knies; kompletter Riss des hinteren Kreuzbandes; kompletter Riss des Innenbandes des Knies; kompletter Riss des tibialen Seitenbandes des Knies; kompletter Riss des vorderen Kreuzbandes; Korbhenkelriss; Korbhenkelriss des Meniskus des Knies; Korbhenkelriss des Semilunarknorpels; Kreuzbanddistorsion des Knies; Kreuzbandriss; Kreuzbandruptur; Kreuzbandruptur des Kniegelenks; Luxation der proximalen Tibia nach lateral; Luxation der proximalen Tibia nach medial; Luxation der proximalen Tibia nach posterior; Luxation des Articulatio tibiofibularis; Luxation des distalen Femurs nach posterior; Meniskusabriss; Meniskusdistorsion; Meniskusdistorsion mit frischem Riss; Meniskuseinriss; Meniskuslazeration; Meniskusriss; Meniskusruptur; Meniskusverletzung; Multiple Knieverletzungen a.n.k.; Muskelzerrung im Kniebereich; partieller Riss des Außenbandes des Knies; partieller Riss des fibularen Seitenbandes des Knies; partieller Riss des hinteren Kreuzbandes; partieller Riss des Innenbandes des Knies; partieller Riss des tibialen Seitenbandes des Knies; partieller Riss des vorderen Kreuzbandes; Patelladislokation; Patelladistorsion; Patellaluxation; Proximale Fibuladislokation; proximale Tibiadislokation; proximale tibiofibulare Kniedistorsion a.n.k.; proximale tibiofibulare Verstauchung; Proximale tibiofibulare Zerrung; proximale Unterschenkeldislokation; proximale Verstauchung des Tibiofibularbandes; proximale Verstauchung des Tibiofibulargelenks; proximale Zerrung des Tibiofibularbandes; proximale Zerrung des Tibiofibulargelenks; Riss des inneren Meniskus des Knies; Riss des seitlichen Meniskus des Knies; Riss des vorderen Kreuzbandes des Knies; Ruptur des vorderen Kreuzbandes des Kniegelenks; Seitenbandriss des Kniegelenks; Semilunarknorpeldistorsion mit frischem Riss; Semilunarknorpelriss; Semilunarknorpelruptur; Verletzung des Außenmeniskus mit Verletzung eines Kreuzbandes; Verletzung des Außenmeniskus mit Verletzung eines Seitenbandes; Verletzung des Innenmeniskus mit Verletzung eines Kreuzbandes; Verletzung des Innenmeniskus mit Verletzung eines Seitenbandes; Verletzung des Meniskus des Knies mit Bandverletzung; ICD-10-GM S83.-: Luxation, Verstauchung und Zerrung des Kniegelenks und von Bändern des Kniegelenks

Anatomie und Funktionen

Das Kniegelenk ist das größte und komplexeste Gelenk des menschlichen Körpers. Es besteht aus drei Knochen: dem Femur (Oberschenkelknochen), der Tibia (Schienbein) und der Patella (Kniescheibe). Die Stabilität des Gelenks wird durch eine Vielzahl von Bändern gewährleistet, darunter die Kreuzbänder (vorderes und hinteres), die Seitenbänder (mediales und laterales) sowie die Menisken, die als Stoßdämpfer zwischen Femur und Tibia fungieren.

  • Kreuzbänder: Stabilisieren das Knie bei Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen sowie bei Drehbewegungen.
  • Seitenbänder: Stabilisieren das Knie bei seitlichen Bewegungen.
  • Menisken: Passen die inkongruente Gelenkfläche an und verteilen die Belastung gleichmäßig.

Formen der Kniegelenkverletzungen

Nach ICD-10

  • Luxation der Patella/Patellaluxation ("herausgesprungene Kniescheibe") (ICD-10-GM S83.0)  diese kann weiter unterschieden werden in:
    • akute traumatische Patellaluxation
    • akute habituelle Patella(sub)luxation
    • rezidivierende Patella(sub)luxation
    • kongenitale Patellaluxation – Luxation, die durch eine genetisch bedingte Fehlbildung bedingt ist
  • Luxation des Kniegelenks (ICD-10-GM S83.1)  in der Regel bei Sport- oder Verkehrsunfällen (hochenergetische Traumata)
  • Akuter Meniskusriss (ICD-10-GM S83.2)  vor allem hervorgerufen durch Drehbewegungen bei fixiertem Unterschenkel oder aber degenerativ
  • Akuter Riss des Kniegelenkknorpels (ICD-10-GM S83.3)
  • Verstauchung und Zerrung des Kniegelenks mit Beteiligung des (fibularen) (tibialen)Seitenbandes (ICD-10-GM S83.4)  partiell oder komplett
  • Verstauchung und Zerrung des Kniegelenks mit Beteiligung des (vorderen) (hinteren) Kreuzbandes (ICD-10-GM S83.5)  partiell oder komplett
  • Verstauchung und Zerrung sonstiger und nicht näher bezeichneter Teile des Knies (ICD-10-GM S83.6)
  • Verletzung mehrerer Strukturen des Knies (ICD-10-GM S83.7)  Kombination von Meniskus- mit Bänderverletzungen

Ursachen

Die häufigsten Ursachen für Kniegelenksverletzungen sind:

  • Sportverletzungen: Sportarten mit Gegnerkontakt (z. B. Fußball, Handball) oder hohen Drehbelastungen (z.B. Skifahren).
  • Traumatische Ursachen: Verkehrsunfälle oder Stürze, die zu hochenergetischen Verletzungen führen.
  • Degenerative Veränderungen: Langfristige Belastungen und altersbedingte Abnutzung können die Stabilität der Bänder und Menisken beeinträchtigen und das Verletzungsrisiko erhöhen.

Differentialdiagnosen

Bei der Abklärung von Kniegelenksverletzungen sollten folgende Differentialdiagnosen in Betracht gezogen werden:

  • Gonarthrose (Kniegelenkarthrose): Chronische Gelenkdegeneration, die ebenfalls Schmerzen und Bewegungseinschränkungen verursacht.
  • Bursitis (Schleimbeutelentzündung): Entzündung der Schleimbeutel im Kniebereich, die zu Schwellungen und Schmerzen führt.
  • Rheumatoide Arthritis: Entzündliche Erkrankung, die zu chronischen Knieschmerzen und Schwellungen führen kann.
  • Patellofemorales Schmerzsyndrom: Schmerzen im Bereich der Kniescheibe ohne strukturelle Schädigung.

Epidemiologie

Geschlechterverhältnis: Variiert je nach Verletzungsart. Zum Beispiel treten Patellaluxationen häufiger bei Frauen auf.

Häufigkeitsgipfel
: Knieverletzungen treten mit zunehmendem Alter häufiger auf, insbesondere ab dem 40. Lebensjahr. Laterale Patellaluxationen sind häufig in der zweiten Lebensdekade.

Prävalenz
(Krankheitshäufigkeit): Kniegelenkverletzungen machen etwa 30 % aller Sportverletzungen aus. Meniskusverletzungen gehören zu den häufigsten Verletzungen im Sport (25-40 % der Knieverletzungen).

Inzidenz
(Häufigkeit von Neuerkrankungen): Die Inzidenz für eine vordere Kreuzbandruptur beträgt ca. 0,5-1 Erkrankung pro 1.000 Einwohner pro Jahr (in Deutschland). Laterale Patelladislokationen (Verschiebungen der Kniescheibe) machen ca. 2-3 % aller Knieverletzungen aus.

Verlauf und Prognose

  • Verlauf
    • Knieverletzungen können ohne adäquate Behandlung zu chronischer Instabilität und vorzeitiger Arthrose führen. Die Nachbehandlung, einschließlich Physiotherapie, ist entscheidend für die Wiederherstellung der Funktion.

Prognose

  • Die Prognose ist abhängig von der Art und dem Ausmaß der Verletzung. Meniskusverletzungen haben in der Regel eine gute Prognose, wobei langfristig Gelenkdegenerationen auftreten können. Bandverletzungen ermöglichen oft eine vollständige funktionelle Wiederherstellung, doch eine frühzeitige Arthroseentwicklung ist möglich. Knorpelverletzungen haben eine schlechtere Prognose und können zu anhaltenden Gelenkbeschwerden führen.

Beachte: Bei ca. 80 % der schweren Knieverletzungen ging 1-3 Wochen zuvor eine Bagatellverletzung voraus.

Leitlinien

  1. S1-Leitlinie: Patellaluxation. (AWMF-Registernummer: 012 - 024), Juni 2014 Langfassung