Humpelndes Kind – Differentialdiagnosen
Angeborene Fehlbildungen, Deformitäten und Chromosomenanomalien (Q00-Q99)
- Hüftgelenksdysplasie (Fehlentwicklung der Hüftpfanne)
Endokrine, Ernährungs- und Stoffwechselkrankheiten (E00-E90)
- Rachitis – Störung des Knochenstoffwechsels beim Kind, die zu einer ausgeprägten Demineralisation des Knochen ("Knochenerweichung") und Skelettveränderungen durch Verzögerung des Knochenwachstums führt
Herzkreislaufsystem (I00-I99)
- Rheumatisches Fieber ‒ spezifische Reaktion, die nach einer Infektion mit Streptokokken der Serogruppe A auftritt und zu Arthritiden (Gelenkentzündungen), Entzündungen am Herzen wie Peri-/Myokarditis (Herzbeutel-/Herzmuskelentzündung) sowie zu ZNS-Beteiligung in Form der Chorea minor (neurologische Autoimmunerkrankung, die durch Hyperkinesien (ungewollte Bewegungen), Muskelhypotonie (Mangel an Muskelstärke und Muskelspannung) und Hyporeflexie (verminderte Auslösbarkeit eines Reflexes) gekennzeichnet ist) führt
Infektiöse und parasitäre Krankheiten (A00-B99)
- Akute Virusinfektion, nicht näher bezeichnet (mit Arthralgie/Gelenkschmerzen)
Mund, Ösophagus (Speiseröhre), Magen und Darm (K00-K67; K90-K93)
- Appendicitis (Blinddarmentzündung) oder andere Ursachen von Bauchschmerzen
Muskel-Skelett-System und Bindegewebe (M00-M99)
- Akute Osteomyelitis (Knochenmarkentzündung)
- Autoimmunerkrankungen – wie z. B. systemischer Lupus erythematodes (SLE) oder Dermatomyositis
- Eitrige Arthritis (Gelenkentzündung)
- Epiphysiolysis capitis femoris (Hüftkopflösung); betroffen sind vor allem Jungen in der Pubertät (ca. > 9. Lebensjahr); Verhältnis Jungen zu Mädchen beträgt etwa 3 : 1
- Coxitis fugax ("Hüftschnupfen") – nichtinfektiöse Entzündung des Hüftgelenkes mit Spontanheilung; zur Diagnostik: Röntgenbild: Strukturstörung des Hüftkopfes; Sonographie: Erguss; Entzündungsparameter (z. B. CRP): negativ
Die Krankheit ist selbstlimitierend; mittlere Symptomdauer ca. 5 Tage, bei protrahiertem Verlauf kann diese bis zu 14 Tage betragen. - Coxitis (Hüftgelenksentzündung), nicht näher bezeichnet; native Hüftgelenksinfektion oder periprothetische Infektion (PPI; s. u. "Operationen"); Risikofaktoren: Adipositas, Diabetes mellitus, maligne Erkrankungen (Krebserkrankungen), rheumatoide Arthritis, Revisionsarthroplastik und Immunsuppression (Unterdrückung der Abwehrkräfte); Symptomatik: lokale Entzündungszeichen (Schwellung, Rötung oder Überwärmung) (kann in jedem Alter auftreten; vorzugsweise jedoch bei Säuglingen oder Kleinkindern < 4 Jahre)
Häufigste Differentialdiagnosen bei Kleinkindern und Kindern (2 bis 10 Jahre) bei Coxitis sind die Coxitis fugax und die idiopathische Hüftkopfnekrose (Morbus Perthes) - Femurkopfnekrose (eigentlich falsch: Hüftkopfnekrose) – Erkrankung, die durch ein Absterben eines Teils des knöchernen Oberschenkelknochenkopfes gekennzeichnet ist. (ggf. medikamentös induziert)
- Hüftgelenkluxation ‒ Verrenkung des Hüftkopfes
- Juvenile idiopathische Arthritis (JIA, ältere Synonyme: juvenile rheumatoide Arthritis (JRA), juvenile chronische Arthritis), oligoartikuläre (gleichzeitige Entzündung von 2 bis 4 Gelenken)
- Morbus Perthes ‒ aseptische Knochennekrose (Nekrosen (Gewebetod) von Knochen, die in Abwesenheit einer Infektion ("aseptisch") aufgrund einer Minderversorgung mit Blut (Ischämie) entstehen) des Caput femoris (Hüftkopf; Oberschenkelkopf), die im Kindesalter auftritt; klinisches Bild: körperlichen Untersuchung zeigt eine schmerzhaft eingeschränkte Innenrotationsfähigkeit (Innenrotation: wenn eine Drehrichtung von vorne betrachtet nach innen weist) der Hüfte, eine reduzierte Abduktion (Bewegen eines Körperteils von der Körperachse weg) in Hüftstreckung und ein rechtsseitig positives Drehmann-Zeichen (liegt vor, wenn eine 90°-Beugung im Hüftgelenk nur bei Abduktion und Außenrotation des Beins möglich ist)
- Osteochondrosis dissecans – umschriebene aseptische Knochennekrose unterhalb des Gelenkknorpels, die mit der Abstoßung des betroffenen Knochenareals mit dem darüber liegenden Knorpel als freier Gelenkkörper (Gelenkmaus) enden kann.
- Osteomyelitis (Knochemarkentzündung), akute
- Skoliose ‒ seitwärts verbogene Wirbelsäule
- Transitorische Synovitis ‒ vorübergehende Gelenkinnenhautentzündung
Neubildungen – Tumorerkrankungen (C00-D48)
- Bösartige Neubildung im Bereich des Knochens
Psyche – Nervensystem (F00-F99; G00-G99)
- Duchenne-Muskeldystrophie ‒ genetisch bedingter Muskelschwund
- Infantile Zerebralparese ‒ neurologische Störung, deren ursächliche Schädigung des zentralen Nervensystems vor, während oder unmittelbar nach der Geburt auftritt
Symptome und abnorme klinische und Laborbefunde, die anderenorts nicht klassifiziert sind (R00-R99)
- Schmerzen, nicht näher bezeichnet
- Wachstumsschmerzen – ca. ein Drittel aller Kinder zwischen 2 und 12 Jahren leidet gelegentlich unter Wachstumsschmerzen; sie treten meist abends oder nachts (80 % der Fälle) auf; am nächsten Morgen kann sich das Kind uneingeschränkt schmerzfrei bewegen
- Symptome/Beschwerden:
- kurzzeitig brennende, ziehende oder klopfende Schmerzen in beiden Beinen oder Armen
- kann so schmerzhaft sein, dass die Kinder aus dem Schlaf gerissen werden
- Lokalisationen:
- Vorderseiten der Oberschenkel
- Kniekehlen
- Schienbeine oder Waden
- Schmerz tritt immer beidseitig auf, wechselt dabei ggf. zwischen beiden Extremitäten und kann unterschiedlich stark ausgeprägt sein
- Gelenke sind nicht betroffen
- Bei Wachstumsschmerzen handelt es sich um Ruheschmerzen, nicht um Belastungsschmerzen [Ausschlussdiagnose! Abzuklären sind u. a. rheumatische Erkrankungen, Knochentumoren, Knocheninfektionen oder unbemerkte Knochenverletzungen]
- Beschwerden sind selbstlimitierend
- Warnzeichen (red flags) für ein Malignom (bösartiger Tumor) [1]: B-Symptomatik (starker Nachtschweiß, unerklärliches, anhaltendes oder rezidivierendes (wiederkehrendes) Fieber (> 38 °C); ungewollter Gewichtsverlust (> 10 % Prozent des Körpergewichtes innerhalb von 6 Monaten)), Rückenschmerzen als Hauptlokalisation, tastbare Raumforderung, Blutungsneigung, nicht-artikulärer Knochenschmerz (Knochenschmerz, der kein Gelenk betrifft); Auffälligkeiten im Blutbild und -ausstrich, Laktatdehydrogenase (LDH) ↑
- Körperliche Untersuchung: keine abnormen Untersuchungsergebnisse
- Labordiagnostik:
- Kleines Blutbild
- Differentialblutbild
- BSG (Blutsenkungsgeschwindigkeit)
- ggf. auch Bestimmung der Transaminasen, alkalische Phosphatase (AP), LDH, Kreatinin
- Medizingerätediagnostik:
- Röntgen in zwei Ebenen
- Magnetresonanztomographie (MRT) der betroffenen Region
- Symptome/Beschwerden:
Verletzungen, Vergiftungen und andere Folgen äußerer Ursachen (S00-T98)
- Verletzungen (ggf. auch Fremdkörper im Fuß)
Weiteres
- Beinlängendifferenz
- Fremdkörper, nicht näher bezeichnet
Literatur
- Cabral DA, Tucker LB: Malignancies in children who initially present with rheumatic complaints. J Pediatr 1999;134(1):53-57 doi: https://doi.org/10.1016/S0022-3476(99)70372-0